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Wettbewerbszentrale ./. haemato Pharm
Welche Skonti sind unzulässig?
Ein Skonto, den ein direktvertreibendes Pharmaunternehmen Apotheken für eine vorfristige Zahlung anbietet, ist unzulässig, wenn damit der Großhandels-Mindestpreis (ApU plus Festzuschlag von 70 Cent zzgl. Umsatzsteuer) unterschritten wird. Das hat jetzt das Oberlandesgericht Brandenburg entschieden – und die Revision zugelassen.
Welche Rabatte und Skonti dürften Pharmagroßhändler und Pharmaunternehmen, die ihre Arzneimittel im Direktvertrieb anbieten, Apotheken gewähren? Der Gesetzgeber wollte diese Frage eigentlich klar regeln – dennoch beschäftigt sie die Rechtsprechung in unterschiedlichen Varianten bereits seit Jahren. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2017 führte sogar dazu, dass der Gesetzgeber die entsprechenden Vorgaben der Arzneimittelpreisverordnung nachjustierte musste.
Seit Mai 2019 stellt § 2 der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) klar: Großhändler müssen bei der Arzneimittelabgabe an Apotheken einen Festzuschlag von 70 Cent sowie die Umsatzsteuer auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers (ApU) erheben. Zusätzlich dürfen sie auf den ApU „höchstens einen Zuschlag von 3,15 Prozent, höchstens jedoch 37,80 Euro“ erheben. Nur im Rahmen des prozentualen Zuschlags dürfen Rabatte gewährt werden.
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Auch echte Skonti haben ihre Grenzen
Umstritten blieb jedoch, wie es um handelsübliche Skonti, speziell Preisnachlässe, die für eine vorfristige oder fristgerechte Zahlung gewährt werden, bestellt ist. Sind diese auch erlaubt, wenn damit der Mindestpreis von ApU plus 70 Cent plus Umsatzsteuer unterschritten wird? Nachdem die Wettbewerbszentrale hierauf in ihrem gegen den Großhändler AEP geführten Verfahren vom Bundesgerichtshof keine Antwort bekommen hatte, zog sie erneut vor Gericht. Diesmal gegen den Parallel- und Reimporteur Haemato Pharm, der importierte Arzneimittel im Direktvertrieb in die Apotheken bringt und damit ebenfalls die Vorgaben für die Großhandelspreisspannen einhalten muss.
In einer Preisliste für die Apotheken bot der Importeur das Diabetes-Präparat Abasaglar wie folgt an:
Die Wettbewerbszentrale sah in diesem Angebot einen Verstoß gegen § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV und damit wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche begründet. Der Mindestpreis liege bei 47,20 Euro (ApU von 46,50 Euro plus 0,70 Euro Festzuschlag) – und dieser werde bei einer Skontogewährung in Höhe von 3 Prozent (45,78 Euro) unterschritten. Auch ein Rabatt von 3,04 Prozent auf den Apothekeneinkaufspreis von 48,66 Euro falle unter diesen Mindestbetrag und sei damit unzulässig. Beides dürfe das Unternehmen nicht anbieten.
Unter 47,20 Euro geht es nicht
Das Landgericht Cottbus gab der Wettbewerbszentrale im Oktober 2021 in beiden Punkten recht. Haemato Pharm legte daraufhin Berufung beim Brandenburgischen Oberlandesgericht ein. Und dieses hat das Cottbuser Urteil jetzt abgeändert. Das Oberlandesgericht gab dem Rechtsmittel statt, soweit es um den Rabatt von 3,04 Prozent ging. Denn das Unternehmen habe den Apotheken das Arzneimittel tatsächlich nur für 47,20 Euro angeboten – und nicht für 47,18 Euro (48,66 Euro minus 3,04 Prozent). Nur dieser Preis („Preis öff. Apotheke“) sei aus der Tabelle ersichtlich. Die angegebenen 3,04 Prozent sind damit fehlerhaft. Als solche könne diese Angabe zwar irreführend sein, aber dieser Frage ging das Gericht nicht weiter nach, weil sich die Wettbewerbszentrale nur auf den Vorstoß gegen die Preisbindungsvorschriften berufen hatte.
Was nun den 3-prozentigen Skonto für eine Zahlung innerhalb von 14 statt 30 Tagen, betrifft, so gab auch das Oberlandesgericht der Wettbewerbszentrale recht. Es verurteilte Haemato Pharm „es zu unterlassen, geschäftlich handelnd bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Fertigarzneimitteln an Apotheken Preise zu bewerben, anzukündigen und/oder zu gewähren, die durch die Gewährung von Skonti unter Berücksichtigung der gesetzlichen Umsatzsteuer zu Bruttopreisen führen, die unter dem Wert liegen, der sich aus dem einheitlichen Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers für dieses Arzneimittel zuzüglich eines Festzuschlags von 0,70 Euro sowie der Umsatzsteuer ergibt“.
Auslegung nach dem Wortlaut
Das Gericht vertritt die Auffassung, dass eine Skontierung auf den Mindestpreis gegen die einschlägigen Preisvorgaben verstößt. Das ergebe sich im Grundsatz bereits aus dem Wortlaut § 2 Abs. 1 AMPreisV. Anders als in der vorherigen Fassung steht dort jetzt ausdrücklich: Bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln „sind auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ein Festzuschlag von 70 Cent sowie die Umsatzsteuer zu erheben“. Durch die Formulierung im Imperativ, dass auf einen bestimmten Preis ein Festzuschlag „zu erheben“ ist, komme zum Ausdruck, dass ein preislicher Spielraum nicht bestehe.
Haemato Pharm hatte argumentiert, dass dieses Gebot der Skontogewährung trotzdem nicht entgegenstehe. Denn infolge ihrer Handelsüblichkeit hätte der Verordnungsgeber Skonti ausdrücklich verbieten müssen, wenn er dies gewollt hätte. Doch dieser Auffassung schließt sich das Berufungsgericht nicht an. Dass Zugaben und Rabatte seit der Aufhebung der Zugabeverordnung und des Rabattgesetzes im Jahr 2001 grundsätzlich erlaubt sind, gelte nur in den Grenzen der allgemeinen Rechtsvorschriften. Und eine solche stelle § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV dar.
Die Richter befassen sich in ihrem Urteil sodann auch mit der Historie der Preisvorschrift. Doch angesichts der Widersprüchlichkeiten, die es im Gesetzgebungsverfahren in puncto Skonti gab, ist aus ihrer Sicht eine solche „genetische Auslegung“ der Norm unergiebig.
Auslegung nach Sinn und Zweck
Mehr gibt dagegen die Auslegung nach dem Sinn und Zweck der Norm her. Auch danach komme eine Unterschreitung der Preisuntergrenze durch die Einräumung eines Skontos nicht in Betracht.
Aus der Begründung zur letzten Änderung des § 2 AMPreisV ergebe sich, „dass diese Regelung insbesondere der Gewährleistung eines funktionsfähigen Großhandels dient, die ihrerseits die Belieferung der Apotheken in der Fläche und damit das vorgenannte Ziel der Versorgung der Bevölkerung sicherstellen soll.“
Festzuschlag ist kein Entgelt
Dies zeige, so die Richter, dass „nach der Intention des Verordnungsgebers der Festzuschlag einen aus Anlass des Verkaufs eines verschreibungspflichtigen Medikaments an die Apotheke zu zahlenden Beitrag für die besondere Funktion des Arzneimittelgroßhandels darstellt, weniger ein Entgelt für das Arzneimittel“. Dem stehe nicht entgegen, dass der Festzuschlag unmittelbar von dem verkaufenden Unternehmen eingenommen werde und bei ihm verbleibe. Vielmehr sei dies „mit Blick auf das Ziel einer ausreichenden finanziellen Ausstattung des jeweiligen Großhändlers gerade folgerichtig“. Kurzum: „Stellt der Festzuschlag mithin kein Entgelt für das abgegebene Arzneimittel dar, kommt ein Skonto auf diesen Preisbestandteil nicht in Betracht.“
Das Gericht befasst sich zwar mit der Frage „echter Skonti“, die quasi als Vergütung für eine vorfristige Zahlung zu werten sind. Auch wenn die Skonti der Beklagten so qualifiziert werden könnten, scheide eine solche Skontierung auf den Festzuschlag aus, wenn man diesen nicht als Teil des Entgelts begreift, sondern als einen Beitrag zur Existenzsicherung des Großhandels. Stellte man ihn zur Disposition der Parteien, „würde er seiner Funktion als Finanzierungsbeitrag zur Sicherung der im öffentlichen Interesse der allgemeinen Gesundheitsversorgung liegenden Existenz und Funktionsfähigkeit des Großhandels beraubt“, heißt es im Urteil. Und ist der Festzuschlag nicht skontierfähig, so gelte dies auch für den aus ApU und Festzuschlag zusammengesetzten Mindestpreis.
Revision zugelassen
Das letzte Wort ist damit vermutlich noch immer nicht gesprochen. Das Oberlandesgericht hat die Revision „wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache sowie zur Fortbildung des Rechts“ zugelassen. Der streitentscheidenden Frage, ob der in § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV bestimmte Mindestbetrag durch die Gewährung eines Skontos für eine Zahlung vor Fälligkeit unterschritten werden darf, komme „im Hinblick auf ihr tatsächliches und wirtschaftliches Gewicht für den Geschäftsverkehr zwischen Apothekengroßhandel und Apotheken grundsätzliche Bedeutung zu.“ Zudem gebe es in der juristischen Literatur unterschiedliche Rechtsauffassungen hierzu.
Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 6. Juni 2023, Az.: 6 U 86/21
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