ALBVVG

Kleine Nachjustierungen bei erweiterten Austauschregeln

Berlin - 20.06.2023, 17:30 Uhr

Wo gibt es noch benötigte Arzneimittel? Eine Apotheke, die nur von einem vollversorgenden Großhandel versorgt wird, soll auch nur bei einem nachfragen müssen. (Foto: ABDA)

Wo gibt es noch benötigte Arzneimittel? Eine Apotheke, die nur von einem vollversorgenden Großhandel versorgt wird, soll auch nur bei einem nachfragen müssen. (Foto: ABDA)


Die Regierungsfraktionen haben nochmals eifrig am Engpassgesetz gefeilt – ein wenig auch an den künftig gesetzlich verstetigten Austauschregeln im Fall von Engpässen. So weit, wie die ABDA es sich gewünscht hätte, sind sie allerdings nicht gegangen. 

Auch künftig sollen Apotheken flexibel agieren können, wenn Arzneimittel nicht lieferfähig sind. Im Entwurf für das Arzneimittellieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) ist vorgesehen, dass die einst in der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung verankerten Regelungen, die in erster Linie Kontakte während der Pandemie reduzieren sollten, jedenfalls in groben Zügen in einem neuen Absatz 2a des § 129 SGB V verstetigt werden. Unter anderem wurden die großzügigeren Austauschregeln für „verordnete“ Arzneimittel an deren „Nichtverfügbarkeit“ geknüpft. Eine Nichtverfügbarkeit liegt dabei vor, wenn sie trotz zwei unterschiedlicher Verfügbarkeitsanfragen beim pharmazeutischen Großhandel nicht „innerhalb einer angemessenen Zeit“ beschafft werden können.

Laut einem Änderungsantrag der Ampelfraktionen zum ALBVVG, der morgen vom Gesundheitsausschuss des Bundestages beschlossen werden soll, soll nun nicht mehr die Rede vom „verordneten“ Arzneimittel sein, das nicht verfügbar und damit auszutauschen ist, sondern vom „nach Maßgabe des Rahmenvertrags (…) abzugebenden“ Arzneimittel. Zur Begründung wird ausgeführt, dass das verordnete Arzneimittel lediglich den Ausgangspunkt für die Auswahlregelung zur Bestimmung des abzugebenden Arzneimittels darstelle. Entscheidend sei aber die Nichtverfügbarkeit des Arzneimittels, das unter Berücksichtigung des Rahmenvertrages von der Apotheke abgegeben werde. Damit wird eine Anregung der ABDA umgesetzt.

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Zudem soll jetzt auch die Möglichkeit berücksichtigt werden, dass eine Apotheke nur von einer vollversorgenden Arzneimittelgroßhandlung beliefert wird. Dann soll eine Verfügbarkeitsanfrage reichen. Nicht aufgegriffen wurden dagegen die Forderungen der ABDA, Apotheken in dieser Norm auch die Eigenherstellung, den Austausch der Darreichungsform und gegebenenfalls auch den Aut-simile-Austausch zu ermöglichen.

Ein Retaxschutz ist nun ebenfalls vorgesehen: Wenn die geforderten Verfügbarkeitsanfragen ganz oder teilweise fehlen, ist eine Retaxation für das abgegebene Arzneimittel ausgeschlossen. Allerdings besteht in diesen Fällen kein Anspruch auf die Vergütung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 der Arzneimittelpreisverordnung, also das Fix- und prozentuale Honorar. 

Eine Erleichterung gibt es auch für Apotheken, die parenterale Zubereitungen herstellen. Die einst in der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung vorgesehene Regelung, dass für die verwendeten Fertigarzneimittel die tatsächlichen Einkaufspreise abgerechnet werden können, wenn sie nicht zum Hilfstaxenpreis verfügbar sind (gedeckelt durch Listenpreis), soll durch eine Ergänzung in § 129 Abs. 5c SGB V wieder aufleben. 

Großhandels-Fixzuschlag steigt von 70 auf 73 Cent

Keinen Änderungsantrag gibt es mit Blick auf den 50-Cent-Zuschlag für den Austausch nach den neuen Vorgaben des § 129 Abs. 2a SGB V. Dabei soll es bleiben. Dagegen soll der entsprechende Zuschlag für den Großhandel entfallen. Stattdessen soll dessen Festzuschlag von 70 Cent auf 73 Cent angehoben werden. Ein Cent davon soll fürs Engpassmanagement sein. In der Begründung wird darauf verwiesen, dass Abrechnung und Auszahlung eines Zuschlags im Fall einer Nichtverfügbarkeit deutlich komplexer wäre. „Zur Vermeidung eines aufwendigen Verteilungsmechanismus mit entsprechenden Verwaltungskosten erfolgt nunmehr eine pauschale Erhöhung des Festzuschlags für den Großhandel, die betragsmäßig dem Vorschlag aus dem Regierungsentwurf entspricht“. Der weitere Teil der Erhöhung der Großhandelsvergütung resultiere aus der neu hinzugekommenen Verpflichtung, Kinderarzneimitteln künftig für einen vierwöchigen Bedarf zu bevorraten. Die hiermit verbundenen Mehraufwendungen für Beschaffung und Lagerung sollen kompensiert werden.

Mit einem weiteren Änderungsantrag soll überdies ermöglicht werden, dass im Falle eines vom Bundesgesundheitsministerium festgestellten Versorgungsmangels die betroffenen Arzneimittel zwischen öffentlichen und Krankenhausapotheken weitergegeben werden dürfen – im Einzelfall und nach behördlicher Gestattung.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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