Gesundheitsausschuss billigt Änderungsanträge zum ALBVVG

Ullmann: „Nicht am Ende unseres Einsatzes für die Apotheken“

Berlin - 21.06.2023, 17:50 Uhr

Am 23. Juni soll der Deutsche Bundestag das ALBVVG verabschieden. (Foto: IMAGO / Future Image)

Am 23. Juni soll der Deutsche Bundestag das ALBVVG verabschieden. (Foto: IMAGO / Future Image)


Am kommenden Freitag wird das Bundestagsplenum das ALBVVG in einer geänderten Fassung verabschieden. Einige der Nachbesserungen sind ganz im Sinne der Apotheken – darüber freut sich auch der FDP-Abgeordnete Andrew Ullmann. Dass Nullretaxationen künftig unter anderem ausgeschlossen sind, wenn ein Rabattvertrag nicht bedient wurde, schmeckt allerdings den Krankenkassen gar nicht.

Der Bundestag wird am kommenden Freitag, 23. Juni, um 14.40 Uhr in zweiter und dritter Lesung über den Gesetzentwurf zur Bekämpfung von Arzneimittel-Lieferengpässen (ALBVVG) abstimmen – und zwar in der Fassung, wie ihn bereits heute der Gesundheitsausschuss gebilligt hat. 31 Änderungsanträgen zum Regierungsentwurf haben die Gesundheitsexpert:innen grünes Licht gegeben, darunter zehn fachfremden.

Beispielsweise werden rechtliche Rahmenbedingungen für Modellvorhaben zum sogenannten Drug-Checking in den Ländern geschaffen. Aber auch die in der Corona-Pandemie eingeführte Sonderregelung zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit nach telefonischer Anamnese soll künftig möglich bleiben. Weiterhin wurden gewisse Bevorratungspflichten für Großhandel (Vier-Wochen-Vorrat für Kinderarzneimittel) und Hersteller (sechs Monate für patentfreie Rabattarzneimittel) erhöht. Ebenso müssen Apotheken nun in ihren Warenlagern sicherstellen, dass bei Engpässen oder Mehrbdarfen auch die Versorgung mit Onkologika gesichert bleibt (bislang nannte das ALBVVG nur Antibiotika). Herstellende Apotheken haben zudem bestimmte Arzneimittel für anwendungsfertige Zytostatikazubereitungen mindestens für einen durchschnittlichen Vier-Wochen-Bedarf vorrätig zu halten.

Vor allem aber haben die Abgeordneten zwei langjährige Forderungen der Apothekenschaft aufgegriffen: So wird Nullretaxationen in einigen bedeutsamen Fällen ein Riegel vorgeschoben. Sie werden insbesondere nicht mehr möglich sein, wenn von Rabattverträgen abgewichen wird, aber zum Beispiel auch, wenn die Dosierangabe auf dem Rezept fehlt. Zudem müssen Apotheken, die apothekenübliche Hilfsmittel abgeben, dafür kein gesondertes Präqualifizierungsverfahren mehr durchlaufen. Zusammen mit den – nochmals nachjustierten – erleichterten Austauschregeln im Fall von Engpässen sind damit immerhin drei Punkte aus dem 10-Punkte-Forderungskatalog der ABDA erfüllt.

Ullmann: Klares Zeichen in Richtung der Apotheken 

Andrew Ullmann, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion erklärte gegenüber der DAZ: „Wir sind mit den Ergebnissen der Verhandlungen zufrieden. Ich denke, dass wir auch ein klares Zeichen in Richtung der Apotheken setzen konnten. Im Rahmen des Möglichen haben wir für Klarheit gesorgt. Damit meine ich vor allem klare Vorgaben zur Retaxation, erleichterte Austauschregeln für Arzneimittel durch die Apotheke und Entlastung durch den Entfall der Präqualifizierung.“ Ullmann weiter: „Allerdings sehe ich uns damit nicht am Ende unseres Einsatzes für die Apotheken. Sie gehören als tragende Säule in der Versorgung unserer Bürgerinnen und Bürger. Entsprechend müssen sie auch bei den großen Reformen des Gesundheitssystems beachtet werden.“

Kassen enttäuscht über Nullretax-Stopp bei Rabattverträgen

Andere Töne kommen hingegen aus dem Kassenlager. So legte Franz Knieps, Vorstandsvorsitzender BKK-Dachverbands, der schon vergangene Woche davor warnte, Nullretaxationen zu unterbinden, nach: „Die Messen sind gelesen. Seit heute Vormittag ist klar, Apotheken sollen zukünftig nicht mehr in jedem Fall verpflichtet sein, Arzneimittel wirtschaftlich abzugeben. Dann dürfen Krankenkassen nicht mehr retaxieren, selbst wenn die Apotheke kein verfügbares Rabattarzneimittel abgegeben hat. Damit wird an den Grundpfeilern zur wirtschaftlichen Versorgung gerüttelt“. Ein gewisses Verständnis hat Knieps: Apotheken dürften nicht für bürokratische Fehler auf dem ärztlichen Rezept verantwortlich gemacht werden und auch die Nullretaxierung in Bagatellfällen müsse unterbleiben. Aber bei den Rabattverträgen hört es für ihn auf: alle Akteure des Systems, auch die Apotheken, müssten „dem Wirtschaftlichkeitsgebot verpflichtet bleiben.“

Auch Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen (vdek), zeigte sich enttäuscht, dass es nun neben den bereits geplanten Beschränkungen bei Festbeträgen auch noch Einschränkungen bei der Retaxierung gebe. Das werde die Rabattverträge schwächen – und könne doch nicht der Wille des Gesetzgebers sein, sagte sie. Diese Maßnahmen verschärften in einem erheblichen Umfang die kostensteigernde Wirkung des Gesetzes, ohne die Versorgung zu verbessern.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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2 Kommentare

Nullretax

von Karl Friedrich Müller am 22.06.2023 um 12:11 Uhr

auf Rabattverträge. Ich kann mir nicht vorstellen, dass hier der "Verlust" der Krankenkassen ins Gewicht fällt, wenn der Nullretax wegfällt. 6,50€ pro Packung blieben immer noch. Ich bezweifle aber, dass in dem Bereich viele Fehler gemacht werden, zumal die Rezepte nochmal in der Apotheke geprüft werden.
Retaxe dann nur, wenn sich die KK unlauter verhalten, Nichtverfügbarkeit angezweifelt wird, zum Beispiel.
Es ist ein sinnloses Gekreische der Kassen, die einfach nicht akzeptieren wollen, dass sie sich fair und vertragskonform zu verhalten haben. Scheint nicht die Absicht der Kassen zu sein. Und natürlich viel Aufmerksamkeit, Gejammer gegenüber der Politik mit Unwahrheit und Übertreibung.
Der Hinweis auf Patientensicherheit ist sowieso eine dicke LÜGE. Die Kunden werden in der Regel beraten und die Abgabe ist safe. wir sind FACHLEUTE! Das wird unterschlagen und wegdiskutiert. Unverschämtheit.

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der unbeteiligte Dritte....

von Thomas B am 21.06.2023 um 18:30 Uhr

Dass die Apotheken als (an den Rabattverträgen) unbeteiligte Dritte kostenfrei haften, ist zumindest ethisch, wenn nicht auch juristisch zumindest bedenklich. Anders sähe es aus, wenn die Apotheken zB über eine Vergütung für die Umsetzung dieser Rabattverträge beteiligt wäre. Dass das nun auf das eigene Honorar beschränkt wird ist das absolut Mindeste! Das Nachtreten von Herrn Knieps und Co. bestätigt einmal mehr das ethisch problematische Selbstverständnis und Geschäftsgebaren der Krankenkassen als profane Versicherungsunternehmen.....

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