Vitamine bei Long-COVID?

Verbraucherzentrale NRW unzufrieden mit Beratungsqualität in Apotheken

Stuttgart - 20.07.2023, 09:15 Uhr

Die Verbraucherzentrale in Düsseldorf. (Foto: nmann77 / AdobeStock)

Die Verbraucherzentrale in Düsseldorf. (Foto: nmann77 / AdobeStock)


„Haben Sie irgendwelche Vitamine oder so, die bei Long-COVID helfen?“ Mit dieser Frage schickte die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen junge Testpersonen in jeweils fünf Apotheken in Köln, Düsseldorf, Essen und Bonn. Mit der dort erfolgten Beratung zeigte sich die Verbraucherzentrale alles andere als zufrieden.

Die Therapie von Long-COVID ist derzeit ein bei weitem nicht abgeschlossener Gegenstand der Forschung mit vielen noch offenen Fragen. Eine kausale Therapie gibt es nicht und die anhaltenden Symptome können einen starken Leidensdruck bei den Betroffenen erzeugen. Verständlich also, dass diese nach Mitteln und Methoden suchen, um ihre Beschwerden zu lindern. Ein naheliegender Ansprechpartner für dieserlei Fragen sind die Apotheken – nur welche Informationen bekommen sie hier?

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Dies hat sich die Verbraucherzentrale NRW an einer kleinen Stichprobe von 20 Apotheken angeschaut, in die sie Testkäufer mit dem Auftrag schickte, nach Vitaminen gegen Long-COVID zu fragen. Zur anschließenden Bewertung der Beratungsgespräche, zog die Verbraucherzentrale unter anderem die S1-Leitlinie sowie die Patientenleitlinie „Long/Post-Covid“, den vorgesehenen Anwendungsbereich von Nahrungsergänzungsmitteln sowie den Leitfaden zur Beratung „Informations- und Beratungshinweise in öffentlichen Apotheken“ der ABDA heran.

Unter Berufung auf letzteres Dokument hätte sich die Verbraucherzentrale zunächst ein kritisches Hinterfragen der Eigendiagnose gewünscht – laut Briefing der Testkunden lag in dem fiktiven Fall keine ärztliche Diagnosestellung vor. Ein solches Hinterfragen fand in der Hälfte der Apotheken statt: in zehn Apotheken wurde ein Arztbesuch angeraten.

Weiterhin merkt die Verbraucherzentrale an, dass Hinweise darauf angebracht gewesen wären, dass Nahrungsergänzungsmittel generell nicht zur Behandlung von Erkrankungen bestimmt sind, was in vier der 20 Beratungsgespräche stattfand.

13 Apothekenteams sprachen Produktempfehlungen aus, in drei Fällen sei hierbei eine (bedingte) Wirksamkeit des Präparates bei Long-COVID suggeriert worden. Hierzu merkt die Verbraucherorganisation an, dass die Patientenleitlinie von der Anwendung von Nahrungsergänzungsmitteln in der Selbstmedikation abrät. Stattdessen soll laut dieser hausärztlich geprüft werden, ob ein entsprechender Mangel vorliegt.

Gut Beraten im Bereich Selbstmedikation

Im Beratungsgespräch zur Selbstmedikation empfiehlt der Leitfaden zur Beratung der ABDA vor der Auswahl und Empfehlung eines Produktes anhand folgender exemplarischer Fragen zu klären, ob eine Selbstmedikation im konkreten Fall möglich ist:

  • Für wen ist das Arzneimittel?
  • Welche Beschwerden liegen vor?
  • Wie häufig und seit wann treten diese auf? Gibt es weitere Begleitsymptome?
  • Nehmen Sie weitere Arzneimittel ein oder haben Sie noch andere Erkrankungen?
  • Was haben Sie bisher unternommen bzw. welche Arzneimittel wurden bisher angewendet? Mit welchem Erfolg?

Weiterhin kritisiert die Verbraucherzentrale, dass oft hochpreisige Präparate empfohlen worden seien, deren enthaltene Mikronährstoffe teils die Höchstmengenempfehlungen des Bundesinstituts für Risikobewertung überschreiten würden. Auch fehlten der Verbraucherschutzorganisation Rückfragen zu bestehender Komedikation (keine Apotheke) und eine Aufklärung über mögliche Risiken bei der Einnahme (drei Apotheken).*

Positiv hervor hob die Verbraucherzentrale hingegen Fälle, in denen die Testkaufenden transparent und sachlich informiert wurden, wie etwa in diesem Fall: „Ich habe Vitamin-Präparate, aber ob die gegen Long-COVID helfen, kann man nicht sagen. Da müssten erst Studien gemacht werden. Ich würde spontan sagen, es kann nicht schaden Vitamine einzunehmen und sich gesund zu ernähren, aber ob das hilft, das würde ich nicht versprechen.“

* Der Abschnitt wurde am 25.07.2023 korrigiert.


Gesa Gnegel, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (gg)
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Sommer und NRW gegen Apotheken

von ratatosk am 25.07.2023 um 14:39 Uhr

Immer das gleiche spiel. Es ist Sommer, die Apotheken stehen am Abgrund und dann kommt natürlich die Verbraucherzentrale mit der Frage zu einem Problem, wobei noch nicht mal das Problem klar ist. Es gibt in Oberbayern schon viele Kliniken die Coronafolgen behandeln, nach welchen Erkenntnissen denn ? Aber klar, mit solchen Fragestellungen kann man schlechte Presse erzeugen. Karli wird sich schon bedanken.
des Weiteren sind bei so generellen Fragen die Hinweise auf die Praxen recht wackelig, denn wenn mich jemand fragte ob es bei Erkältung nützen könnte Zink und C zu nehmen würde ich auch ja sagen, da die Praxen ganz sicher nicht jedesmal einen kompletten Laborcheck anleiern würden und die Kassen würden es auch nicht zahlen. Kopfschmerz !? natürlich gleich ein Schädel CT , kann ja Gehirntumor sein etc.
Hoffentlich wird auch die sog. Verbraucherzentrale mal auf ihre Bewegründe und Verbindungen durchleuchtet.

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Diagnose hinterfragen?

von Andreas Grünebaum am 20.07.2023 um 21:14 Uhr

Die Diagnose "Long-Covid" an sich ist schon angesichts der Weltweit zur Hälfte allein in Deutschland gemeldeten Fälle äußerst fragwürdig. Bei eingebildeten Krankheiten spielt der Placebo Effekt bekanntermaßen eine große Rolle: ob der Patient vom Heilpraktiker mit großer Suggestivkraft schwer zu beziehende Globulin erhält oder von einem Apotheker Vitamine spielt dabei kein Rolle. Wer heilt hat recht, wie ein altes Sprichwort lautet.

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