Was ist drin?

Basispflege bei Neurodermitis – wie man sie an den Inhaltsstoffen erkennt

Stuttgart - 25.07.2023, 17:50 Uhr

Emollienzien sollen unmittelbar nach dem Baden oder Duschen aufgetragen werden. (Foto: LStockStudio / AdobeStock) 

Emollienzien sollen unmittelbar nach dem Baden oder Duschen aufgetragen werden. (Foto: LStockStudio / AdobeStock) 


Was versteht man eigentlich unter Emollienzien, Moisturizern, Humectants und Emollienzien plus? Sie alle können den Basistherapeutika bei Neurodermitis zugeordnet werden. An welchen konkreten Inhaltsstoffen Sie entsprechende Präparate erkennen können, lesen Sie hier.

Mitte Juni ist die neue S3-Leitlinie Atopische Dermatitis (AD) erschienen. Darin widmet sich im Abschnitt „Topische Therapie“ ein Unterkapitel der Basistherapie bei Neurodermitis mit Emollienzien und Moisturizern – und es wird nachdrücklich folgende Empfehlung ausgesprochen: „Patient:innen mit AD sollen bedarfsgerecht und regelmäßig Emollienzien als Basistherapie der gestörten Hautbarriere anwenden.“ Die Basistherapie steht im Zentrum jeder Behandlung und sollte dauerhaft erfolgen, heißt es. So sollen Krankheitsschübe verhindert werden. Außerdem sollen die Symptome im schubfreien Intervall gelindert werden.

Die Emollienzien sollen unmittelbar nach dem Baden oder Duschen – nach dem Trockentupfen – aufgetragen werden. Doch was versteht man eigentlich unter Emollienzien und wie sollten diese zusammengesetzt sein?

Lipide für die Hautbarriere – nach Jahreszeit und Applikationsort

Grundsätzlich geht es bei der Basistherapie um die Versorgung trockener Haut. Die Leitlinie weist jedoch darauf hin, dass es nicht allein um „Hautpflege“ geht, sondern die „Basistherapie der gestörten Hautbarrierefunktion“. Im Zentrum stehe dabei, der oberen Epidermis Lipide zuzuführen.

Entsprechende topische Präparate sollten individuell adaptiert werden. Beispielsweise sollten im Sommer hydrophilere Cremes und im Winter Topika mit höherem Fettgehalt angewendet werden. Die Zusammensetzung sollte aber auch daran angepasst werden, in welchem Körperareal die Zubereitung zum Einsatz kommen soll. Im Gesicht sollten demnach keine allzu fettenden Cremes verwendet werden und für intertriginöse Bereiche bieten sich Pasten an. Von reinen Ölprodukten wie Kokosnuss- oder Olivenöl wird ausdrücklich abgeraten – so trockne die Haut aus.

Doch anhand dieser Ausführungen kann man in der Apotheke noch immer nicht eindeutig Basistherapeutika erkennen. Welche Inhaltsstoffe verbergen sich hinter Emollienzien, Moisturizern und Emollienzien plus? 

Moisturizer versus Emollienzien – der feine Unterschied

Emollienzien werden auch als „wirkstofffreie Vehikel“ bezeichnet, deshalb handelt es sich bei den verschiedenen Präparaten meistens um Kosmetika oder Medizinprodukte und keine Arzneimittel. Emollienzen sind dabei als Oberbegriff zu verstehen und enthalten laut Leitlinie oft „Moisturizer“ – das englische Wort für Feuchtigkeitscremes. Dabei liefert das Wort einen Hinweis auf Inhaltsstoffe wie Harnstoff oder Glycerin, aber auch Propylenglykol. Laut Leitlinie können Emollienzien zudem mit Tannin, Ammoniumbituminosulfonat, Flavonoiden oder ungesättigten Fettsäuren wie Omega-3- oder Omega-6-Verbindungen angereichert werden.

Sind Flavonoide wie Licochalcon A, Saponine und Riboflavine aus proteinfreien Junghaferextrakten, bakterielle Lysate aus Aquaphilus dolomiae oder Vitreoscilla filiformis oder aber ein synthetisches Derivat von Menthol wie Menthoxypropandiol enthalten, spricht die Leitlinie von „Emollienzien plus“. 

Grundsätzlich sollen Präparate mit Moisturizern wirksamer sein als der alleinige Einsatz von Emollienzien [1].

Humectants und die Lipid-Phase

Einen Überblick über Inhaltsstoffe von Basispflege-Produkten für neurodermitische Haut gibt auch die S2k-Leitlinie zum „Gebrauch von Präparationen zur lokalen Anwendung auf der Haut“ (Stand 2017 und seit Oktober 2022 in Überarbeitung). Genannt werden dort einerseits Harnstoff und Glycerin, die dort auch als Humectants bezeichnet werden. Diese wasserbindenden Stoffe sollen in niedrigen Einzeldosierungen zum Einsatz kommen. 

Andererseits, auf der Seite der Lipid-Phase, werden neben Ceramiden zudem Phospholipide (Lecithine) aus Pflanzenölen genannt, wie Sojaöl oder „Shea Butter“ [2].

Glycerin im Mittelpunkt

Konkret auf die evidenzbasierte Beratung in der Apotheke zur topischen Basistherapie bei Neurodermitis geht eine Stellungnahme der Gesellschaft für Dermopharmazie e.V. vom Juni 2019 ein. Diese bezieht sich vor allem auf eine europäische Leitlinie von 2018 (und die deutsche abgelaufene Neurodermitis-Leitlinie von 2015). Die topische Basistherapie wird als zentrales Element beider Leitlinien beschrieben. Zu den verschiedenen Formen der Basistherapie macht die Leitlinie darauf aufmerksam, dass „die englischsprachigen Termini ‚Emollient‘ und ‚Moisturizer‘ im Zusammenhang mit der Ekzemtherapie wechselnd und nicht klar definiert verwendet werden.“ Die Gesellschaft für Dermopharmazie (GD) rät dazu, von „Dermokosmetika zur Anwendung bei Neurodermitis“ zu sprechen, auch um sie bewusst von den Arzneimitteln abzugrenzen.

Was die Inhaltsstoffe angeht, stellt die Stellungnahme vor allem das Glycerin in den Mittelpunkt – es kann auch bei Kindern angewendet werden. Glycerin soll „zur Diagnostik und Therapie der Xerose als feuchtigkeitsspendender Zusatz für topische Basistherpeutika empfohlen“ werden. Glycerin enthalten zum Beispiel „XeraCalm A.D Rückfettende Creme“ von Avène, „Lipikar Baume AP+M Körperbalsam“ von La Roche-Posay und „AtopiControl Gesichtscreme“ von Eucerin. 

Emollienzien plus – Produktbeispiele mit Evidenz?

In der Kategorie der Emollienzien plus werden Produkte mit Zusätzen von proteinfreiem Junghaferextrakt (enthält als Aktivsubstanzen Saponine, Flavonoide und Riboflavine) und Produkte mit Zusätzen von bakteriellen Lysaten – aus Aquaphilus dolomiae oder Vitreoscilla filiformi – positiv hervorgehoben [3]. Mit Junghaferextrakt wird beispielsweise „A-Derma Exomega Control“ Creme beworben. Aquaphilus dolomiae ist zum Beispiel in „XeraCalm A.D Rückfettender Balsam“ von Avène enthalten. La Roche-Posay wirbt mit dem Bakterium Vitreoscilla Filiformis (VF) und dem daraus hergestellten Inhaltsstoff Aqua Posae Filiformis (APF): In der Inhaltsstoffliste von „Lipikar Syndet AP+ Reinigungs-Cremegel“ beispielsweise findet man Vitreoscilla Ferment. 

Damit finden sich die in Leitlinien empfohlenen Inhaltsstoffe auch in Handelspräparaten wieder. Die angeführten Beispiele sind selbstverständlich nicht als abschließende Auflistung zu verstehen – ein Blick auf die Inhaltsstoff-Liste lohnt sich also bei jedem Präparat. Auf die einzelnen Inhaltsstoffe gehen wir noch detaillierter in den folgenden Teilen unserer Serie „Was ist drin?“ ein.

Literatur

[1] S3-Leitlinie Atopische Dermatitis (AD) [Neurodermitis; atopisches Ekzem], register.awmf.org/de/leitlinien/detail/013-027 

[2] S2k-Leitlinie Gebrauch von Präparationen zur lokalen Anwendung auf der Haut, Stand 01.11.2017, gültig bis 31.10.2022 (in Überarbeitung), register.awmf.org/de/leitlinien/detail/013-092 

[3] Kresken J, Wollenberg A, Hünerbein A, Staubach P. Topische Basistherapie bei Neurodermitis – Evidenzbasierte Beratung in der Apotheke. Stellungnahme der GD Gesellschaft für Dermopharmazie e. V., 26. Juni 2019, online.de/german/veranstalt/images2019/GD_Stellungnahme_Basistherapie_bei_Neurodermitis_26_6_2019.pdf


Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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