Produktionsprobleme

Engpässe bei Benzodiazepinen

Stuttgart - 26.07.2023, 15:45 Uhr

Lorazepam von Pfizer ist derzeit knapp. Als Alternative wird auf Lorazepam von Neuraxpharm verwiesen. Doch Neuraxpharm kämpft derweil mit Lieferproblemen bei Clonazepam. (Foto: Soni's / AdobeStock)

Lorazepam von Pfizer ist derzeit knapp. Als Alternative wird auf Lorazepam von Neuraxpharm verwiesen. Doch Neuraxpharm kämpft derweil mit Lieferproblemen bei Clonazepam. (Foto: Soni's / AdobeStock)


Derzeit machen 12 Einträge in der Lieferengpass-Datenbank des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) auf einen ausgedehnten Engpass bei Benzodiazepinen aufmerksam. Was steckt dahinter?

Mit fünf Einträgen in der Lieferengpass-Datenbank des BfArM ist die Firma Pfizer derzeit vertreten (Stand 26.07.2023): Lorazepam im Präparat „Tavor 0,5 mg“ (Tabletten) ist demnach bereits seit Mai 2023 knapp, enden soll der Engpass Ende September. Für „Tavor Tabs 2,0 mg“ hat der Engpass im Juni begonnen und soll am 31.10. enden. Auch „Tavor 1,0 mg“ soll ab dem 31. Oktober wieder zur Verfügung stehen, genauso wie „Tavor 2,5 mg“
„Tavor 1,0 mg Expidet“ soll es hingegen erst ab Ende Februar 2024 wieder geben.

Alternativpräparate für Tavor

Ein Grund für die Engpässe bei Pfizer wird in der Liste nicht genannt. Es werden aber Alternativpräparate für die Zeit der Engpässe angegeben: „Lorazepam-neuraxpharm 2,5 mg“ und „Lorazepam-neuraxpharm 1 mg“

Zwar hat auch Neuraxpharm Lieferprobleme, allerdings beim Wirkstoff Clonazepam und nicht bei Lorazepam. 

GMP-Mängel bei Clonazepam

Für Neuraxpharm finden sich vier Einträge in der BfArM-Liste. Der Engpass besteht seit dem 17. Juni und soll am 31. Oktober enden. Das gilt für 

  • „Clonazepam neuraxpharm 0,5 mg Tabletten“, 
  • „Clonazepam neuraxpharm 1 mg Tabletten“, 
  • „Clonazepam neuraxpharm 2 mg Tabletten“ und 
  • „Clonazepam-neuraxpharm 2,5 mg/ml Tropfen zum Einnehmen“. 

Neuraxpharm gibt auch einen Grund für den Engpass an: GMP-Mängel, also Produktionsprobleme. 

Zudem gibt die Firma Teva einen Grund für den Engpass ihres Präparates Rudotel an (Wirkstoff Medazepam): ein Herstellerwechsel. Rudotel soll Ende des Jahres wieder gut verfügbar werden.

Informationsschreiben zu Diazepam von Desitin

Außerdem gibt es Engpässe für den Wirkstoff Diazepam: „Diazepam-Lipuro“, eine Emulsion zur Injektion von der Firma B. Braun Melsungen, soll ab dem 29.09. wieder gut lieferbar sein. Als Grund wird ein Produktionsproblem angegeben. Ebenso gibt es Probleme bei „Diazepam Desitin rectal tube 10 mg“, diese sollen aber schon Ende Juli behoben sein. Ein Informationsschreiben von Desitin informiert über die Hintergründe.

Daraus geht hervor, dass die Verschlusskappe des Notfallmedikaments ungewöhnlich fest auf der Spitze der Tube sitzt. Um einen Lieferengpass zu vermeiden, heißt es, wird die betroffene Ware aber nicht zurückgerufen. Stattdessen sind alle Chargen mit schwer zu öffnenden Rektaltuben mit einem Warnaufkleber auf der Verpackung versehen worden. Zudem wird davor gewarnt, die Spitze einfach abzuschneiden. Durch die scharfen Schnittkanten besteht Verletzungsgefahr! Die Verschlusskappe soll am Kappenrand, gegebenenfalls mit einem Tuch, mit Kraft abgezogen werden.

Benzodiazepin-Engpässe: Herausforderung in den USA

Offenbar sind all das – international betrachtet – keine Einzelfälle. So informiert ein Artikel im „Journal of Medical Toxicology“ seit November 2022 darüber, dass Benzodiazepin-Engpässe in den USA eine wiederkehrende Herausforderung sind, die einer Lösung bedürfen. Seit der „University of Utah Drug Information Service“ (UUDIS) im Jahr 2001 mit der Verfolgung von Benzodiazepin-Engpässen begonnen hat, seien insgesamt 35 solcher Engpässe aufgetreten, heißt es dort. Auf das erste Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts entfallen dabei 11 Engpässe mit einer mittleren Dauer von 230 Tagen, im zweiten Jahrzehnt sei diese Zahl auf 20 Engpässe mit einer mittleren Dauer von 244 Tagen gestiegen. Vier Engpässe dauerten weiterhin an – beispielsweise parenterales Lorazepam soll schon seit Februar 2016 knapp sein.

Insofern erscheint die Engpass-Lage bei den Benzodiazepinen in Deutschland zumindest nicht so angespannt zu sein wie in den USA.


Deutsche Apotheker Zeitung / dm
redaktion@daz.online


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