Bei nicht bestimmungsgemäßer Anwendung

Erneute Warnung: Octenidin kann zu schwerwiegenden Gewebeschäden führen

Stuttgart - 15.08.2023, 07:00 Uhr

Octenident® Mundspüllösung ist zur vorübergehenden Keimzahlreduktion in der Mundhöhle bei eingeschränkter Mundhygienefähigkeit indiziert. (Foto: Screenshot, Schülke-Broschüre: Mundantiseptik zur Prävention von Infektionen)

Octenident® Mundspüllösung ist zur vorübergehenden Keimzahlreduktion in der Mundhöhle bei eingeschränkter Mundhygienefähigkeit indiziert. (Foto: Screenshot, Schülke-Broschüre: Mundantiseptik zur Prävention von Infektionen)


Beim Antiseptikum Octenidin hat die Mehrheit der Bevölkerung vor Corona vermutlich an eine kleine Sprühflasche zur Wunddesinfektion gedacht. Seit Corona verbinden den Wirkstoff sicherlich einige auch mit Mundspüllösungen oder sogar Lutschtabletten. Weniger Menschen dürfte hingegen bekannt sein, dass Octenidin zu schwerwiegenden Nebenwirkungen führen kann – das gilt insbesondere bei der Behandlung tiefer Wunden (im Mund).  

Die Octenident® Mundspüllösung ist zur vorübergehenden Keimzahlreduktion in der Mundhöhle und zur vorübergehenden Hemmung der Plaque-Bildung, bei eingeschränkter Mundhygienefähigkeit indiziert und erst seit kurzem als Arzneimittel zugelassen [1]. Jetzt informiert die Firma Schülke & Mayr mittels Informationsbrief über Maßnahmen zur Verringerung von Risiken bei der Anwendung in der Mundhöhle: „Bei häuslicher Anwendung von Octenident antiseptic sollten Patienten angemessen zum korrekten Gebrauch informiert werden und sich bei Auftreten von Schwellungen und/oder Schmerzen umgehend in ärztliche beziehungsweise zahnärztliche Behandlung begeben“, heißt es auf dem Internetauftritt der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK). 

Denn wie bereits aus früheren Warnungen hervorgeht, kann Octenidin bei zu langer Kontaktzeit mit Gewebe zu Schwellungen und Gewebeschäden führen. Deshalb darf das Arzneimittel auch nicht zum Spülen von parodontalen Taschen, Wurzelkanälen oder Wundhöhlen verwendet werden. [2].

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Beispielsweise im Jahr 2017 hatte die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft bereits von schweren Gewebeschädigungen „nach Spülung tiefer Wunden mit Octenisept®“ berichtet. Dabei wies sie auch darauf hin, dass zwischen 2008 und 2011 insgesamt drei Rote-Hand-Briefe zur Problematik versendet und Anpassungen der Fach- und Gebrauchsinformationen vorgenommen wurden. Dennoch gingen weiterhin Spontanmeldungen zu schweren Gewebeschäden ein, hieß es [3]. Im Jahr 2020 mahnte auch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit aus dem gleichen Grund zur „Vorsicht bei der Anwendung von Octenidin-haltigen Antiseptika bei Tieren“ [4].

Folgender Warnhinweis ist in der Fachinformation von Octenident® antiseptic 1 mg/ml Lösung zur Anwendung in der Mundhöhle enthalten (Stand September 2021) [5]:

„Octenident® antiseptic ist nur zur oberflächlichen Anwendung bestimmt. Es darf nicht tief in das Gewebe eingebracht werden, beispielsweise mit einer Spritze oder einer stumpfen Kanüle, um die mögliche Entwicklung von Ödemen oder Gewebenekrosen zu verhindern. Insbesondere sollte es nicht zum Spülen von Parodontaltaschen, zum Spülen von Wurzelkanälen während endodontischer Eingriffe oder zum Spülen von Abszesshöhlen verwendet werden.“

Entsprechend der aktuellen AMK-Meldung sind diese Hinweise auch für Patient:innen relevant, noch mehr sollten sie sich aber wohl Ärzt:innen und Zahnärzt:innen in Erinnerung rufen, die Spülungen tiefer Wunden durchführen.

Literatur 

[1] Eintrag zur „OCTENIDENT antiseptic 1 mg/ml Lsg.z.Anw.i.d.Mundh.“ in der ABDA-Datenbank, Lauertaxe Stand 15.08.2023

[2] Online-Nachricht: Information der Hersteller: Informationsbrief zu Octenident (Octenidin) antiseptic: Risiko schwerwiegender unerwünschter Wirkungen bei nicht bestimmungsgemäßer Anwendung im Mund. Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK), 14.08.2023, www.abda.de/fuer-apotheker/arzneimittelkommission/amk-nachrichten/detail/33-23-information-der-hersteller-informationsbrief-zu-octenident-octenidin-antiseptic-risiko-schwerwiegender-unerwuenschter-wirkungen-bei-nicht-bestimmungsgemaesser-anwendung-im-mund/

[3] Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft. Bekanntgaben der Herausgeber. Deutsches Ärzteblatt 2017;Jg. 114:Heft 4, www.akdae.de/fileadmin/user_upload/akdae/Arzneimittelsicherheit/Bekanntgaben/Archiv/2017/201701271.pdf

[4] Mitteilung des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit: Vorsicht bei der Anwendung von Octenidin-haltigen Antiseptika bei Tieren. 
15.05.2020, www.bvl.bund.de/SharedDocs/Fachmeldungen/05_tierarzneimittel/2020/2020_05_15_Vorsicht_Anwendung_Octenidin-haltigen_Antiseptika_Tieren.html

[5] Fachinformation von „octenident® antiseptic 1 mg/ml Lösung zur Anwendung in der Mundhöhle“, Stand September 2021


Deutsche Apotheker Zeitung / dm
redaktion@daz.online


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