Vergleichsangebot zur Insolvenz

AvP: Vergleich soll schneller Geld bringen

Süsel - 29.08.2023, 17:50 Uhr

Die Insolvenz des Rechenzentrums AvP beschäftigt die Branche noch immer. (Foto: DAZ.online)

Die Insolvenz des Rechenzentrums AvP beschäftigt die Branche noch immer. (Foto: DAZ.online)


Durch ein Vergleichsangebot kommt Bewegung in das Insolvenzverfahren des Rechenzentrums AvP Deutschland. Die betroffenen Apotheken haben das Angebot inzwischen erhalten. Bei einer Informationsveranstaltung am 11. September sollen Fragen dazu beantwortet werden. Die Befürworter argumentieren mit der Geschwindigkeit und mit der Gewissheit, überhaupt einen Vorteil gegenüber anderen Gläubigern zu bekommen.

Eine der größten Fragen im Insolvenzverfahren des Rechenzentrums AvP Deutschland GmbH war und ist, ob die Apotheken oder bestimmte Gruppen von Apotheken Aussonderungsrechte an den vorhandenen Werten bei AvP haben. Bisher wird diese Frage meistens auf dem Klageweg ausgefochten. Soweit zu erfahren ist, wurden die allermeisten Klagen der Apotheken bisher abgewiesen, manche sogar schon in der zweiten Instanz. Bis der Bundesgerichtshof urteilen könnte, dürfte es aber noch Jahre dauern.

Ein Vergleich würde hingegen die Auszahlung von Geld sehr beschleunigen. Daher haben der Insolvenzverwalter, der Apothekerverband Nordrhein und ein Zusammenschluss von anwaltlichen Vertretern der betroffenen Apotheker einen Vergleichsvorschlag erarbeitet. Erste Einblicke hatte Rechtsanwalt Dr. Morton Douglas bereits in einem DAZ-Interview gegeben. Inzwischen wurde das Vergleichsangebot an die betroffenen Apotheken versendet. Erläuterungen dazu sind öffentlich zugänglich. Fragen dazu sollen bei einer Online-Veranstaltung beantwortet werden. Diese wird voraussichtlich am 11. September vom Apothekerverband Nordrhein durchgeführt. Die Uhrzeit und die Zugangsmöglichkeiten sollen noch in dieser Woche bekannt gegeben werden.

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Damit sind die Apotheken am Zug und es stellt sich die entscheidende Frage, wie viele Offizinapotheken bis zum Stichtag am 9. Oktober dem Vergleich zustimmen. Nur wenn 80 Prozent der Apotheken mitmachen, kommt der Vergleich zustande. Gemessen werden die 80 Prozent an der Höhe der Forderungen, nicht an der Zahl der Apotheken.

Naturgemäß kann ein Vergleich nie alle Erwartungen erfüllen. Aus Apothekersicht bleibt unbefriedigend, dass Sozialversicherungsgelder offenbar keinen besonderen Schutz genießen. Diesen Schutz einzuklagen, birgt allerdings die Gefahr vor Gericht zu unterliegen und dann sogar zusätzliches Geld zu verlieren. Doch auch Zeit ist Geld. Für Insolvenzverwalter Dr. Jan-Philipp Hoos ist die Beschleunigung des Insolvenzverfahrens daher das wichtigste Argument für den Vergleich. Mit Blick auf ein Verfahren vor dem Bundesgerichtshof geht es dabei um einen Unterschied von mehreren Jahren.

Schnelles Verfahren würde Kosten sparen

Für den Vergleich spricht auch, dass ein schnelleres Verfahren die Kosten für den Weiterbetrieb der Infrastruktur von AvP verringern würde, zumal die nötigen Fachkräfte das insolvente Unternehmen nach und nach verlassen und damit zusätzliche Schwierigkeiten entstehen. Bei einem schnelleren Verfahren dürfte daher letztlich mehr Geld für alle Gläubiger zur Verfügung stehen. Außerdem würde der Vergleich die Zuordnung des Geldes zu den Apotheken erleichtern. Ansonsten wäre darüber ein neuer Streit vorhersehbar, der dann zwischen den einzelnen Apotheken ausgefochten werden müsste und weitere Zeit in Anspruch nehmen würde.

Bei einem Vergleich würde der Insolvenzverwalter hingegen schon bald Geld auszahlen. Zunächst würde der Vergleich selbst abgewickelt. Die Apotheken bekämen Geld dafür, dass sie auf ihre möglichen Aussonderungsrechte verzichten. An dieser Stelle würden sie also bessergestellt als die anderen Gläubiger. Im nächsten Schritt würden dann alle profitieren, weil die Insolvenzmasse schneller an alle Gläubiger verteilt würde. Auch dabei bekämen die Apotheken wieder Geld.

Der Plan: Geld noch in diesem Jahr

Soweit die grobe Idee des Vergleichs – im Detail sähe das so aus: Der Insolvenzverwalter hat verschiedene „Töpfe“ mit den vorgefundenen Guthaben oder später eingegangen Zahlungen geschaffen. Davon müssten jeweils Rückstellungen für die Apotheken gebildet werden, die nicht am Vergleich teilnehmen. Solange nicht feststeht, wie viele das sind, lässt sich daher auch nicht sagen, wie viel Geld für den Vergleich zur Verfügung steht. Dann sollen die Apotheken 25 Prozent aus dem Topf mit dem Geld erhalten, das bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorhanden war. Außerdem sollen sie 35 Prozent aus dem Topf mit dem Geld erhalten, das später von Krankenkassen gezahlt wurde. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass Gerichte dafür Aussonderungsrechte gewähren würden, erscheint in diesem Fall höher. Gelder, die auf Treuhandkonten oder bei Gerichten hinterlegt wurden, sind weitere Varianten.

Für Herstellerrabatte sollen beim Vergleich 15 Prozent aus dem betreffenden Topf gezahlt werden. Diese Prozentzahlen sind Anteile an dem Geld, das sich in dem jeweiligen „Topf“ befindet, aber keine Quoten in Bezug auf die Forderungen der Apotheken. Darum lässt sich anhand dieser Zahlen nicht einfach ausrechnen, welcher Anteil der Forderungen aus dem Vergleich erfüllt wird. Die Zahlungen für den Vergleich sollen in drei Schritten erfolgen: Die erste Zahlung soll etwa zwei Monate nach Ablauf der Frist für die Annahme des Vergleichs stattfinden, also noch in diesem Jahr. Die weiteren Zahlungen sollen vier bzw. zehn Monate nach dem Ablauf der Frist, also Anfang 2024 und im Spätsommer 2024, folgen.

Nach einem Jahr: Abschlag aus der Masse

Mit dem Vergleich würde ein wesentliches Hindernis für die Verteilung der Insolvenzmasse ausgeräumt. Darum verpflichtet sich der Insolvenzverwalter in dem Vergleich, zwölf Monate nach dem Ablauf der Vergleichsfrist, also im Oktober 2024, eine Abschlagszahlung an alle Gläubiger zu leisten. Vollständig kann die Masse aber erst verteilt werden, wenn das Insolvenzverfahren endet. Dazu müssen alle Rechtsstreitigkeiten abgeschlossen werden. Erst dann können alle Rückstellungen aufgelöst werden.

Wie viel die Betroffenen genau erhalten, wird erst dann feststehen. Eine vom Apothekerverband Nordrhein verbreitete Abschätzung, die eine Quote von etwa 40 bis 50 Prozent der Forderungen ergibt, kann allenfalls eine vage Orientierung bieten. Immerhin widerspricht bisher wohl niemand dieser Darstellung. Auf jeden Fall werden die Apotheken eine wesentliche Rolle bei der Verteilung der Masse spielen. Denn sie sind die größte Gruppe unter den Gläubigern. Der Vergleich ist also längst nicht alles, aber die Befürworter des Vergleichs sehen darin den Schlüssel, dass alles vorankommt.


Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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