Folgen der neuen Regeln für die Policen

Neue Retax-Verbote – günstigere Versicherung?

11.09.2023, 12:15 Uhr

Sollten Apotheken angesichts der neuen Retaxregeln ihre Policen überprüfen? (Foto: REDPIXEL /AdobeStock)

Sollten Apotheken angesichts der neuen Retaxregeln ihre Policen überprüfen? (Foto: REDPIXEL /AdobeStock)


Seit Kurzem sind (Null-)Retaxationen in bestimmten Fällen verboten  – zum Beispiel, wenn die Apotheke einen Rabattvertrag ohne besonderen Grund nicht bedient oder die Dosierangabe auf der ärztlichen Verordnung fehlt. Hat das möglicherweise Auswirkungen auf bestehende Versicherungen? Und in welchen Fällen sind Retaxationen eigentlich überhaupt versichert?

Eigentlich fallen Retaxationen nicht unter den Versicherungsschutz der Haftpflichtversicherung. Die übliche Betriebshaftpflichtversicherung gewährt nämlich Versicherungsschutz, wenn der Versicherungsnehmer (der Apothekeninhaber mit seinem Betrieb oder mit seinem Personal) aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen wegen eines Per­sonen- oder Sachschadens oder eines daraus folgenden Vermögensschadens auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird.

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Bei einer Retaxation handelt es sich jedoch teilweise um eine vertraglich übernommene Haftung statt um gesetzliche Haftpflicht­bestimmungen. Zudem verursacht sie einen echten Vermögensschaden – darunter versteht man solche Vermögensschäden, die nicht Folge eines Personen- oder Sachschadens sind. Diese sind über die gewöhnliche Betriebshaftpflichtversicherung einer Apo­theke nicht gedeckt. 

Extra-Klausel für Vermögensschäden

Es besteht jedoch die Möglichkeit, echte Vermögensschäden per Klausel mitzuversichern. Dies geschieht zum Beispiel auch mit Blick auf Unterhaltsansprüche im Zusammenhang mit der Abgabe der „Pille danach“ (Ärzte wurden hier schon zu Unterhalt verurteilt) oder für vergeblich aufgewendete Reisekosten im Zusammenhang mit der Digitalisierung von Impfzertifikaten.

Versicherung oft in Multiriskpolicen

Nur wenige Versicherer sind jedoch bereit, Retaxationen der gesetzlichen Krankenkassen mitzuversichern. In fast allen Fällen geschieht dies ausschließlich im Rahmen von Multiriskpolicen, die gleichzeitig mindestens auch die Sachgefahren einer Apotheke, zum Beispiel die Zerstörung des Inventars und des Warenlagers durch Feuer oder durch andere Gefahren versichern. Der dadurch höhere Gesamtbeitrag ermöglicht dem Versicherer einen besseren Risikoausgleich – zumal die Haftpflichtversicherungsbeiträge für Apo­theken im Vergleich zu den Sach­deckungen sehr gering sind.

Gleichzeitig werden für diese Position Selbstbehalte vereinbart und Höchsthaftungssummen bestimmt.

Begrenzte Deckung

Gibt es eine spezielle Klausel für die Absicherung vor Retaxationen, so wird in den meisten Fällen ausschließlich die Verletzung von Rabattverträgen oder die Verletzung des Aut-idem-Prinzips versichert. In den Bedingungswerken findet man diese Position dann regel­mäßig unter der Bezeichnung „Aut Idem“. Sehr selten finden sich umfassende Deckungen, die auch Formfehler wie das fehlende DJ oder die Abgabe einer nicht verschriebenen Menge decken.

Welche Auswirkungen der Wegfall einiger typischer Nullretax-Fälle oder auch die Plausibilitätsprüfungen des E-Rezept-Dialogs auf die Versicherungsbeiträge haben werden, wird erst die Zukunft zeigen. Aufgrund der ohnehin schon nicht sehr hohen Haftpflichtversicherungsbeiträge ist der Spielraum nach unten begrenzt. Dass diese Beiträge zur Haftpflichtversicherung so gering sind, ist vor allem der hohen Qualität der täglichen Arbeit im Apothekenbetrieb zu verdanken. Fehlabgaben, die schwere und damit teure Personenschäden nach sich ziehen, sind glücklicherweise selten.

Retax-Topf als Ansporn fürs Team

Zum Abschluss noch ein Tipp einer Apotheken-Inhaberin als Anregung: Sie legt zum Beginn eines jeden Jahres 1000 Euro in einen Topf und sagt ihrem Team: „Davon werden die Retaxationen bezahlt. Was am Ende des Jahres übrig geblieben ist, das behaltet ihr.“ |


Steffen Benecke, Versicherungsmakler, Hamburg
redaktion@daz.online


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