Expopharm-Eröffnung

DAV-Chef: Wir kämpfen für die freiberufliche Apotheke vor Ort!

Düsseldorf - 27.09.2023, 12:00 Uhr

Hans-Peter Hubmann machte deutlich, was die Apothekerschaft jetzt braucht – und dass Lauterbachs Pläne die freiberuflichen Strukturen zerstören werden. (Foto: Schelbert)

Hans-Peter Hubmann machte deutlich, was die Apothekerschaft jetzt braucht – und dass Lauterbachs Pläne die freiberuflichen Strukturen zerstören werden. (Foto: Schelbert)


DAV-Chef Hans-Peter Hubmann traf in seiner Rede zur Eröffnung der Expopharm den Nerv der Anwesenden: Dass Gesundheitsminister Karl Lauterbach gestern mit der FAZ über seine Pläne für die Apotheken gesprochen hatte, nicht aber mit den Apotheker:innen selbst, ist für ihn eine klare Provokation. Hubmann versicherte: „Mit kühlem Kopf und heißem Herz und absoluter Kampfbereitschaft werden wir in die Schlacht um den Erhalt der freiberuflichen Apotheke vor Ort ziehen!“ – und erhielt dafür stehende Ovationen.

Hans-Peter Hubmann, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbands (DAV), zeigte in seiner Rede anlässlich der Eröffnung der Expopharm nochmals die seit langem drängenden Probleme der Apotheken auf: Lieferengpässe, Bürokratie, Retaxationen – und dann kam im vergangenen Februar noch über den erhöhten Kassenabschlag ein faktisch gekürztes Fixhonorar obendrauf. Dies ließ in diesem Jahr das Fass überlaufen, sodass am 14. Juni die Apothekenteams bundesweit auf die Straße gingen, „um die so dringend benötigte Sicherung einer qualitativ hochwertigen flächendeckenden Arzneimittelversorgung durch eine Stärkung der Apotheken vor Ort einzufordern“, wie Hubmann betonte.

Mit dem Engpassgesetz (ALBVVG) habe man zwar erste Erfolge erzielt – aber diese könnten nur ein Anfang sein. So müsse etwa bei den Austauschmöglichkeiten bei Engpässen nachgebessert werden, was jetzt zumindest bei einigen Kinderarzneimitteln geschehen solle. Zudem brauche man bei der Interpretation der Austauschregelungen Unterstützung vom Bundesgesundheitsministerium – denn hier divergieren die Auslegungsansätze von DAV und GKV-Spitzenverband. Da kann der DAV-Chef nur fragen, „wozu die Politik dann Änderungen durch das ALBVVG vorgenommen hat, wenn laut GKV-SV alles beim Alten bleiben soll?“

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Ohnehin dürften diese Erfolge beim ALBVVG nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Politik die so dringend benötigte finanzielle Stärkung der Apotheken bisher noch gar nicht in den Fokus genommen habe. „Dies muss zwingend durch eine Erhöhung und Dynamisierung unseres seit mehr als zehn Jahren eingefrorenen Fixums erfolgen“, betonte der DAV-Chef. „Nennen Sie mir einen Berufsstand, der eine solch lange Zeitspanne von der wirtschaftlichen Entwicklung unseres Landes abgekoppelt worden ist, noch dazu in Zeiten rapide steigender Inflation und Betriebskosten!“ Nötig sei ein Honorar, das endlich der Kostenentwicklung Rechnung trage – 12 Euro Fixum fordert die Apothekerschaft bekanntlich.

Minister muss sich seiner Verantwortung stellen!

Unter diesen Bedingungen schließen immer mehr Apotheken. Für Hubmann ist klar: Die Politik ist in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass diejenigen, die die Versorgung trotz aller Hindernisse aufrechterhalten, wirtschaftlich überleben können. Doch von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kommt derzeit nichts, das den Apotheker:innen Zuversicht geben könnte. Vor zwei Wochen erklärte er etwa im ARD-Morgenmagazin, sie würden im Kampf um eine Honorarerhöhung Kinder und Eltern verunsichern, wenn sie vor Engpässen warnen. „Dies ist eine maßlose Unterstellung“, betonte Hubmann. „Wir verunsichern nicht – ganz im Gegenteil! Wir machen lediglich auf den Ernst der Lage aufmerksam! Unsere Apothekenteams vollbringen jeden Tag Höchstleistungen für die Versorgung der Patienten!“

Dass Lauterbach, den die Apothekerschaft aufgefordert hatte, am heutigen 27. September Antworten auf sechs konkrete und brennende Fragen zu geben, gestern stattdessen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung seine Pläne erklärt hat, ist für Hubmann eine erneute Provokation. Zumal es die Antworten in sich haben: mehr Filialen pro Hauptapotheke; Filialen ohne Labor und mit reduzierter Ausstattung; keine Notdienste in Filialen. Und erfahrene PTAs sollen unter Videounterstützung durch Apotheker zeitweise die Apotheke leiten können. Für Hubmann ist klar: „Dies ist die Kriegserklärung an die freiberuflich geführte unabhängige Apotheke!“

Denn: „Wie soll eine Versorgung auf dem Land ohne Notdienste funktionieren? Wie sollen die Lieferengpässe ohne die Möglichkeit der Rezeptur in allen Apotheken abgemildert werden?“ Für Hubmann ist klar, dass die gewollten „Apotheken light“ noch funktionierende Vollapotheken unnötig schwächen werden. Er erinnerte daran, dass es gerade die freiberufliche kleinteilige Struktur war, die sich in der Krise bewährt habe. „Und all dies will der Minister zerstören! Denn dies ist der Beginn der Zerstörung der Apotheken in Deutschland!“ Mit Ulla Schmidt habe dies schon einmal eine SPD-Politikerin des linken Flügels versucht – „jetzt will ihr ehemaliger Berater dies erneut!“ Hubmanns hat eine klare Botschaft an Lauterbach: „Aber nicht mit uns! Wir Apothekerinnen und Apotheker mit ihren Teams stehen in dieser Lage zusammen. Mit kühlem Kopf und heißem Herz und absoluter Kampfbereitschaft werden wir in die Schlacht um den Erhalt der freiberuflichen Apotheke vor Ort ziehen! Weil sie und die Versorgung unserer Patientinnen und Patienten das wert sind!“

Eine Kampfansage, die die Zuhörer:innen im Saal mit langem, stehenden Applaus nur unterstützen konnten.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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