Hilfe der Apotheken erneut gefragt

Undichtes Infectocillin verkompliziert Versorgung mit Antibiotika-Säften

Stuttgart - 27.09.2023, 16:45 Uhr

Wissen Sie, wie ein Infectocillin-Deckel von innen aussieht? (Quelle: InfectoPharm | Hintergrund: Bits and Splits / AdobeStock)

Wissen Sie, wie ein Infectocillin-Deckel von innen aussieht? (Quelle: InfectoPharm | Hintergrund: Bits and Splits / AdobeStock)


Als wäre die Versorgungslage mit Antibiotika für Kindern nicht schon angespannt genug, müssen Apotheken bei mehreren Chargen des Antibiotika-Safts Infectocillin nun eine weitere Zusatzaufgabe übernehmen: Spätestens vor Abgabe betroffener Flaschen sollen diese auf einen korrekten Sitz ihrer Dichtungsscheiben überprüft werden und notwendigenfalls mit Handschuhen korrigiert werden. Wie das geht, ist einem aktuellen Rote-Hand-Brief zu entnehmen.

Bei Infectocillin® 400 Saft, 100 ml (PZN: 01831708) der Charge ND3303 (Verfall: 06/2026) und Infectocillin® 500 Saft, 100 ml (PZN: 04257799) der Chargen ND3304, ND4022, ND4023 und ND4025 (Verfall: 06/2026) müssen Apotheken derzeit besonders genau hinschauen (Wirkstoff: Phenoxymethylpenicillin). Dazu fordert sie jedenfalls ein aktueller Rote-Hand-Brief der Firma Infectopharm auf. Denn es kann demnach passieren, dass ein Defekt am Deckel bei Erstöffnung der Flaschen dazu führt, dass sich die Dichteinlage der Flaschen herauslöst. Da es sich um keine fertigen Antibiotika-Säfte handelt, kann es dann bereits bei der Zubereitung „im Zuge des Schüttelns zum Austritt der flüssigen Zubereitung kommen“, warnt die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) aktuell.

Alle Flaschen vor Abgabe aufschrauben

Laut Infectopharm ist der Fehler leicht vor Ort korrigierbar und soll „aufgrund der besonderen Versorgungssituation“ unter Mithilfe der Apotheken behoben werden. Weil der Defekt nur einen geringen Teil der Flaschen aus den genannten Chargen betreffen soll und die Qualität der Säfte nicht beeinträchtige, sollen die Apotheken spätestens vor der Abgabe testweise die Flaschen aufschrauben. Ist im Deckel dann keine Dichteinlage zu erkennen, sollen die Apotheken einer bebilderten „5-Schritte-Anleitung“ im Rote-Hand-Brief folgen.


„Der Defekt ist daran zu erkennen, dass die PE-Dichteinlage bei der Erstöffnung an der Siegelfolie anhaftet und die dem Deckel zugewandte Seite etwas rau und leicht beige erscheint, der Deckel ist leer (Bild 1 und 2).“

Rote-Hand-Brief von Infectopharm, Stand 26.09.2023


Rote-Hand-Brief von Infectopharm, Stand 26.09.2023
Rote-Hand-Brief von Infectopharm, Stand 26.09.2023

Handschuhe und Messer als Hilfsmittel benötigt

Ist also die Dichteinlage tatsächlich mit der Siegelfolie verklebt und wird dadurch beim Öffnen aus dem Deckel herausgezogen, soll die Apotheke helfen. Dazu muss für die Korrektur laut Rote-Hand-Brief unter „hygienischen Bedingungen (Handschuhe)“ die Dichteinlage mithilfe eines Messers oder Salbenspatels von der Siegelfolie abgelöst werden. Anschließend kann sie zurück in den Deckel eingesetzt werden. „Indem der Deckel anschließend erneut fest auf die Flasche gedreht wird, wird der Sitz der Dichteinlage korrigiert und fixiert“, heißt es. Sollte es beim Korrekturversuch dennoch dazu kommen, dass die Siegelfolie und/oder Dichteinlage zerstört werden, sollen die Flaschen an Infectopharm zurückgesendet werden. So sollen die Apotheken „zur Versorgung Ihrer Kunden“ beitragen und „verhindern, dass Ware vernichtet wird“ [1, 2]. 

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Aktuelles Beispiel aus der Praxis

Wie Lieferengpässe Patienten gefährden

Nun mag das testweise Aufschrauben für die meisten Apotheken noch keine allzu große Zusatzaufgabe darstellen, bieten sie das Anmischen von Antibiotika-Säften ihren Kund:innen doch ohnehin häufig als Service an. Doch nicht immer braucht es dazu Handschuhe, Messer und eine bebildertete 5-Schritte-Anleitung in einem Rote-Hand-Brief. Und nicht immer ist die Beschaffung von Antbiotika-Säften so schwierig und erklärungsbedürftig wie derzeit:

Für den Wirkstoff Phenoxymethylpenicillin sind in der Lieferengpassdatenbank des BfArM (Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte) aktuell 14 Präparate als Engpässe gelistet. Als Gründe werden Produktionsprobleme und eine erhöhte Nachfrage angegeben [3].

Literatur

[1] Mitteilung der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK). Rote-Hand-Brief zu Infectocillin® (Phenoxymethylpenicillin) 400 und 500 Saft: Defekte Dichteinlagen im Schraubverschluss. 26.09.2023, www.abda.de/fuer-apotheker/arzneimittelkommission/amk-nachrichten/

[2] Rote-Hand-Brief von InfectoPharm Arzneimittel und Consilium GmbH. InfectoCillin Saft (Phenoxymethylpenicillin-Kalium): Möglicherweise vollständiges Herauslösen der Dichteinlage aus dem Deckel beim Öffnen. Stand 26.09.2023

[3] Lieferengpass-Datenbank des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Stand 27.09.2023, anwendungen.pharmnet-bund.de/lieferengpassmeldungen/faces/public/meldungen.xhtml


Deutsche Apotheker Zeitung / dm
redaktion@daz.online


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