Digitalisierung des Gesundheitswesens

Krankenkassen dürfen nicht zu Leistungserbringern werden

Düsseldorf - 28.09.2023, 17:50 Uhr

Ein Antrag aus Berlin, der sicherstellen will, dass Kassen keine AMTS-Beratungen durchführen, wurde mit großer Mehrehit angenommen. (Foto: DAZ/Schelbert)

Ein Antrag aus Berlin, der sicherstellen will, dass Kassen keine AMTS-Beratungen durchführen, wurde mit großer Mehrehit angenommen. (Foto: DAZ/Schelbert)


Die Apothekerkammer Berlin befürchtet, dass im Zuge der Digitalisierung des Gesundheitswesens die Krankenkassen insbesondere durch das Gesundheitsdatennutzungsgesetz mehr Macht erhalten und letztlich Kompetenzen der Apotheken übernehmen. Ein diesbezüglicher Antrag mit einer Aufforderung an den Gesetzgeber wurde auf dem Deutschen Apothekertag 2023 in Düsseldorf nach einer Modifikation angenommen.

Die Digitalisierung des Gesundheitswesens schreitet voran. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat verschiedene Gesetzesvorhaben auf dem Feld in Planung. Auf dem Deutschen Apothekertag war Digitalisierung Thema in Block 3 der Antragsdebatte.

Die Apothekerkammer Berlin befürchtet im Zuge der Digitalisierung angesichts des geplanten Gesundheitsdatennutzungsgesetzes eine beispiellose Machtzunahme der Krankenkassen. Sie wollte in ihrem Antrag „Klare Abgrenzung der Kompetenzen von Heilberuflern und Krankenkassen“ den Gesetzgeber auffordern „eine gesetzliche eindeutig geregelte Abgrenzung der Kompetenzen von Apothekerinnen und Apothekern von Aufgaben der Krankenkassen festzulegen“. Beratungsdienstleistungen dürften nur „im Kompetenzfeld der Apotheken durch Krankenkassen ausschließlich unter Einbezug von ‚vor Ort‘ Apothekerinnen und Apothekern erfolgen“. Es werde „augenscheinlich das Ziel einer Versorgungssteuerung durch Krankenkassen verfolgt“, heißt es in der Begründung. Durch das Digitalgesetz und das Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) könnten sie „immanente Aufgaben der Heilberufler, wie bspw. Arzneimitteltherapiesicherheits-Prüfungen (AMTS-Prüfungen), technisch in Kommunikation mit dem Versicherten dirigieren“. Neben berufsrechtlichen Abgrenzungsfragen fürchtet die Kammer einen erhöhten Aufklärungsbedarf zu etwaigen AMTS-Meldungen der Krankenkassen in der Apotheke.

In der Debatte im Anschluss wurde festgestellt, dass die Abgrenzung vom Gesetzgeber nicht festgelegt werden müsse – sie bestehe bereits und müsse durchgesetzt werden. Zudem müsse die AMTS in den Antrag aufgenommen werden. 

Nach einer kurzen Pause, die zur Überarbeitung des Antrags genutzt wurde, wurde die neue Formulierung von der Kammer Berlin vorgestellt:

„Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber auf, die eindeutig geregelte Abgrenzung der Kompetenzen von Apothekerinnen und Apothekern von Aufgaben der Krankenkassen beizubehalten, wobei die im Gesundheitsdatennutzungsgesetz intendierte Möglichkeit, dass Krankenkassen Versicherte auf Grundlage von Abrechnungsinformationen insbesondere zur AMTS beraten, klar abgelehnt wird.“

Neben dieser Formulierung wurde auch noch der Verweis auf eine gute Alternative in den Antrag aufgenommen und ein weiterer Satz angefügt: „Anstatt solche Beratungsdienstleistungen von Krankenkassen einzuführen, die von den Versicherten hinsichtlich der Rolle als Kostenträger zu hinterfragen sind, sollte die interprofessionelle Zusammenarbeit nach dem Vorbild des ARMIN-Projektes verfolgt werden.“

Trifft „Nerv der Zeit“

Vor der Abstimmung bedankte sich die Apothekerkammer Berlin für den Input und stellte noch einmal heraus, dass man mit dem Antrag den „Nerv der Zeit“ treffe. Denn es gehe bei den Plänen im GDNG um ein Novum, Krankenkassen würden eine neue Rolle bekommen. Darüber wären sich wohl viele nicht im Klaren. Er betonte, dass Krankenkassen nicht zu Leistungserbringern werden dürften.

Der Vorsitzende des Apothekerverbandes Nordrhein, Thomas Preis, bedauerte in seiner Wortmeldung, dass die letzten Worte der Kammer zu dem Antrag so nicht ihren Weg in das Dokument gefunden haben. Er kritisierte, dass der Antrag zu „unkonkret“ und „nicht plakativ genug ausgedrückt“ sei, machte aber seine inhaltliche Zustimmung zu dem Antrag deutlich.

Letztlich wurde der Antrag mit einer großen Mehrheit angenommen. Es gab wenige Enthaltungen und nur zwei Gegenstimmen. 


Matthias Köhler, DAZ-Redakteur
redaktion@daz.online


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