Lauterbach Pressekonferenz

Richtige und falsche Fragen zur Zukunftssicherung der Apotheken

Süsel - 02.10.2023, 15:15 Uhr

Plakat zum Apothekenprotest am 27. September in einer Apotheke in Dortmund. (Foto: imago images / snowfieldphotography)

Plakat zum Apothekenprotest am 27. September in einer Apotheke in Dortmund. (Foto: imago images / snowfieldphotography)


Wie soll die Apothekenreform von Bundesgesundheitsminister Lauterbach funktionieren? Bei einer vom Fernsehsender Phoenix übertragenen Pressekonferenz im Bundesgesundheitsministerium erläuterte er einige seiner Gedanken. DAZ-Redakteur Thomas Müller-Bohn hat auch dieses Statement des Ministers hinterfragt und meint: Lauterbach stellt die falsche Frage und bekommt daher eine falsche Antwort.

Bei einer vom Fernsehsender Phoenix übertragenen Pressekonferenz hat Bundesgesundheitsminister Lauterbach seine neuen Apothekenpläne erläutert. Dabei ging es viel um die angedachten Billig-Filialen. Lauterbach betonte, dass er diese „Apotheken light“ als Idee für unterversorgte Standorte betrachtet. Mit keinem Wort hat er dagegen die Sorgen der Apotheker erwähnt, dass „Apotheken light“ das ganze System untergraben. Offensichtlich unterstellt Lauterbach das vorhandene Apothekennetz als gegeben. Lauterbach stellt die falsche Frage und bekommt daher eine falsche Antwort.

Die falsche Frage zu Versorgungslücken

Lauterbach fragt, wie sich Versorgungslücken einfach mit wenig Geld und wenig Personal schließen lassen. Seine Antwort sind neue Filialen ohne Rezeptur, ohne Labor, ohne Notdienst und weitgehend ohne Apotheker. Doch darum geht es nicht. Denn noch funktioniert die Versorgung, auch wenn das Apothekennetz an manchen Orten an seine Leistungsgrenze gekommen ist.

Die richtige Frage zur Sicherung des Gesamtsystems

Die entscheidende Frage ist: Wie können die bestehenden, aber unterfinanzierten Apotheken für die Zukunft gestärkt werden? Es geht um die vorhandenen Apotheken, nicht um Neugründungen, in welcher Form auch immer. Es geht um die Versorgung in ihrer Gesamtheit, nicht nur um strukturschwache Standorte.

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Wegen der steigenden Ausgaben für Personal und alles andere brauchen die Apotheken mehr Geld. Wenn das Geld schon nicht reicht, um die bestehenden Apotheken zu erhalten, ist erst recht kein Geld für zusätzliche Filialen da, so billig sie auch konzipiert sein mögen. Lauterbach erklärte auf der Pressekonferenz, seine Maßnahmen könnten das „Schrumpfen der Apotheken“ – er meint die Schließungen – stoppen. Doch dann verfing er sich in Ungereimtheiten. Eine Hauptapotheke mit vier oder fünf Filialen könnte die Rund-um-die-Uhr-Betreuung besser organisieren, meint der Minister. Das passt aber nicht zu seinem Plan, dass Filialen keinen Notdienst machen sollen.

Keine Aussagen zu bestehenden Apotheken

Das wirkt unausgegoren, aber vor allem sieht er nicht das Kernproblem seiner Idee: Er spricht von neuen Filialen, sagt aber nichts zu den bestehenden Apotheken. Er sieht offenbar nicht, dass die Zulassung von „Apotheken light“ in einem unterfinanzierten System einen starken Anreiz schaffen würde, bestehende Apotheken zu Billig-Filialen umzuwidmen. Denn damit könnten Kosten gespart werden. Doch das würde die Versorgung in der Breite verschlechtern. Diese Logik ist bisher offenbar noch nicht in der Öffentlichkeit angekommen – und auch nicht bei Lauterbach.

Zweigapotheken neu beleben

Die unterversorgten Gebiete sind ein anderes, im Vergleich dazu eher kleines Problem. Dafür sieht das Apothekengesetz schon lange eine Antwort vor, die Zweigapotheken. Sie dürfen nur bei nachgewiesener Unterversorgung errichtet werden, und dies wird alle fünf Jahre überprüft. Es gab allerdings Ende 2022 bundesweit nur elf Zweigapotheken, obwohl an mehr Orten über Unterversorgung geklagt wird. Darum wäre es sicherlich eine bedenkenswerte Idee, die Hürden für Zweigapotheken etwas zu senken. Die Grundidee der Zweigapotheken hat sich bewährt, und sie sind systemkonform. Denn auch in Zweigapotheken gibt es einen Apotheker und sie bestehen nicht dauerhaft, falls doch eine Vollapotheke in der Nähe entsteht. Die offene Frage, was aus einer Billig-Filiale wird, falls in der Nähe irgendwann doch eine richtige Apotheke gegründet wird, zeigt eine weitere Ungereimtheit in Lauterbachs Idee. Statt seinen Plan mit gewaltigen Risiken und Nebenwirkungen zu verfolgen, wäre es wohl besser, das durchdachte Konzept der Zweigapotheken neu zu beleben.

Lauterbachs Honorarideen noch vage

Auch für die Apothekenhonorierung hat Lauterbach Pläne angekündigt, aber im Fernsehen eingeräumt, dass dies „kein Schnellschuss“ sein darf. Das macht Hoffnung, dass die Apotheker in einen Dialog zur Honorierung mit ihm treten können, bevor er einen Entwurf präsentiert. Seine Andeutungen zeigen, dass auch dabei viel zu erklären ist. Lauterbach betonte, dass die Unterschiede zwischen den Apotheken groß sind und Durchschnitte wenig aussagen. Diese Erkenntnis macht Hoffnung. Er sagte allerdings auch, dass die kaufmännische Seite – er meint wohl die eigentliche Distribution – in großen Apotheken eher zu gut honoriert werde. Stattdessen will er, dass das Geld anderswo hinfließen soll. Dabei spricht er mal von neuen Leistungen, beispielsweise zur Prävention, mal von der Beratung. Doch was meint er wirklich? Wenn er die abgabebegleitende Beratung besser honorieren will, wäre das ein aussichtsreicher Ansatz. Wenn er aber neues Geld nur für neue Leistungen geben will, bliebe das Kernproblem der Unterfinanzierung ungelöst. Lauterbachs Honorarideen sind noch sehr vage – und das ist eine Chance. Denn im Honorar liegt die richtige Antwort auf die entscheidende Frage nach der Stärkung der bestehenden Apotheken.


Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Honorare ala KL

von Dr.Diefenbach am 03.10.2023 um 9:53 Uhr

Der Minister hat bei früheren Gelegenheiten IMMER gesagt, dass seine Honorarvorstellung dahin-gehend zu interpretieren ist/sein kann/will er:Der -ohnehin-triviale Fixzuschlag solle REDUZIERT werden,der andere Teil in die PdL(damals gab es den Begriff für ihn noch nicht) fliessen.Im schlimmsten Fall :Fixzuschlag halbiert!!
Seine jetzigen Verbalserpentinen können in die Richtung durchaus interpretiert werden!!
Ich weise noch auf einen ANDEREN Punkt mit den 166 TE Jahreseinkommen hin:DAS gilt ja für die Apothekeninhaber.Betrachtet man die von Frau Korff vorgestellten Zahlen,DANN gibt es bei knapp 18 ooo Apotheken vielleicht 9ooo KollegInnen,die diese Ziffer erreichen, man darf ja die unrentablen
Betriebe nicht vergessen.WO BLEIBT die Frage nach der Finanzgerechtigkeit für saldiert den"Rest",
somit ca. 150000 Menschen?? Hier wird die Öffentlichkeit letztendlich belogen-Wenn KL das nicht weiß, ist er erst recht als unhaltbar zu betrachten

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