Die nachgeordneten Behörden des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) werden neu geordnet: Es wird ein neues Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM) aufgebaut, das sich um die Vermeidung nicht übertragbarer Erkrankungen kümmern soll. Zu seinen Aufgaben wird insbesondere gehören, Daten zusammenzutragen, dazu Maßnahmen zu entwickeln und eine evidenzbasierte Gesundheitskommunikation auf die Beine zu stellen. Zunächst werden Krebs, Demenz und Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Fokus stehen, wie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Mittwoch in der Bundespressekonferenz erklärte. Denn diese Erkrankungen seien für 75 Prozent der Todesfälle verantwortlich.
Lars Schaade zum neuen RKI-Präsidenten ernannt
Ganz neu aus dem Boden gestampft wird das BIPAM allerdings nicht. Schon im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung ist zu lesen, dass die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) in einem „Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit am Bundesministerium für Gesundheit“ aufgeht, „in dem die Aktivitäten im Public-Health Bereich, die Vernetzung des ÖGD und die Gesundheitskommunikation des Bundes angesiedelt sind“. Nun ist klar: Die BZgA wird ins BIPAM überführt – mit all ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Es wird den BZgA-Sitz in Köln behalten, aber auch einen in Berlin haben. Zudem gibt das Robert-Koch-Institut (RKI) einen Teil seiner bislang „miterledigten“ Aufgaben an das neue Institut ab. Das RKI soll sich künftig ganz auf die Abwehr von Infektionskrankheiten konzentrieren. In diesem Zuge stellte Lauterbach auch Professor Lars Schaade als neu berufenen RKI-Präsidenten vor – seit dem Rückzug von Lothar Wieler von der Institutsspitze stand Schaade dem RKI als kommissarischer Präsident vor. Zum Errichtungsbeauftragten des neuen BIPAM wurde der ehemalige Leiter des Kölner Gesundheitsamtes Dr. Johannes Nießen ernannt.
Fokus bislang zu stark auf kurative Medizin
Die Notwendigkeit eines solchen neuen Instituts liegt für Lauterbach auf der Hand: „Deutschland gibt so viel wie kein anderes EU-Land für Gesundheit aus, ist bei der Lebenserwartung aber trotzdem nur Durchschnitt. Es fehlt an wirksamer Vorbeugung, unser System ist zu stark auf Behandlung schon bestehender Krankheit ausgerichtet. Deswegen gehen wir Strukturreformen an, die jahrelang liegengeblieben sind.“ Nießen kann dieser Einschätzung der gegenwärtigen Lage nur zustimmen. „Deutschlands Gesundheitsversorgung ist hervorragend, bei der Verhinderung von Krankheiten haben wir aber Nachholbedarf. Deswegen ist es gut, dass wir Prävention, Gesundheitskompetenz, öffentlichen Gesundheitsdienst, Forschung und Kommunikation zu nicht übertragbaren Krankheiten durch den Aufbau eines neuen Bundesinstituts verbessern. Außerdem braucht der Öffentliche Gesundheitsdienst einen zentralen Ansprechpartner und Ideengeber auf Bundesebene.“ Nießen sieht sich mit seiner langjährigen Erfahrung im öffentlichen Gesundheitsdienst in seinem neuen Posten auch richtig verortet: „Ich weiß, wo der Präventionsschuh in der Fläche drückt.“
Der frisch gekürte RKI-Präsident Schaade empfindet es auch nicht als Beschneidung, wenn Aufgaben seines Instituts ins BIPAM übergehen: „Durch die Neuordnung wird der Auftrag des Robert Koch-Instituts klar auf den Bereich der Infektionskrankheiten fokussiert und sie ermöglicht, die Herausforderungen auf diesem wichtigen Gebiet gestärkt anzugehen.“ Für ihn hat das BIPAM klar einen Mehrwert, da hier Daten erfasst und analysiert und sodann auch gleich Maßnahmen erarbeitet werden könnten.
Weitere Gesetze sollen folgen – möglicherweise unter Einbeziehung der Apotheken?
Lauterbach betonte, dass die Neuaufstellung der Institute und die personellen Neuberufungen eine notwendige, aber noch keine hinreichende Voraussetzung für eine bessere Vorsorgemedizin seien. Nötig seien jetzt weitere Gesetze. Und ein „sehr wichtiges“ Gesetz sei bereits in Planung: Es soll sich der besseren Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen widmen. Lauterbach sprach von einem „offensiven Gesetz“. Damit dieses griffig und operativ umsetzbar werden kann, müsse es aber in einem eigenen Institut vorbereitet werden. Diese Gesetzespläne hatte der Bundesgesundheitsminister kürzlich schon einmal erwähnt – nämlich beim Deutschen Apothekertag in Düsseldorf. In seiner Ansprache an die Apotheker:innen hatte er mehrfach die hohe Qualifikation der Berufsgruppe erwähnt – und dass diese besser eingesetzt werden müsse. Auch im Rahmen dieses geplanten Gesetzes könne er sich „eine aktive Rolle der Apotheken vorstellen“. Wie schnell dieses Gesetz nun wirklich kommt, und wie genau Lauterbachs Vorstellungen aussehen, bleibt nun abzuwarten.
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