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Gesundheitsministerin übt Kritik am Bund
Rückenwind für die Apotheken aus Schleswig-Holstein
Apotheken können die Kostensteigerungen nicht mehr kompensieren - das erklärte Kerstin von der Decken (CDU), Justiz- und Gesundheitsministerin von Schleswig-Holstein. Beim parlamentarischen Abend der Interessengemeinschaft der Heilberufe in Schleswig-Holstein beklagte sie mangelnde Stärkung der Apotheken durch den Bund.
Aus Sicht von Kerstin von der Decken (CDU), Justiz- und Gesundheitsministerin von Schleswig-Holstein, hat sich der Bund noch nicht ausreichend für die Stärkung der Apotheken eingesetzt. Beim parlamentarischen Abend der Interessengemeinschaft der Heilberufe in Schleswig-Holstein erklärte sie, dass Apotheken die Kostensteigerungen nicht mehr kompensieren könnten. Offenbar sind die Sorgen der freien Heilberufler bei der Landesregierung im Norden angekommen.
„Man muss wohl noch lauter werden, damit das System nicht den Bach runtergeht“, erklärte Dr. Clemens Veltrup, Präsident der Psychotherapeutenkammer Schleswig-Holstein, in seiner Begrüßung beim parlamentarischen Abend der Interessengemeinschaft der Heilberufe in Schleswig-Holstein am Donnerstagabend in Kiel. Veltrup ist der turnusmäßige Vorsitzende dieser Organisation, die alle Heilberufe im Land repräsentiert, und sein Ausspruch bezog sich auf das gesamte Gesundheitssystem. Es fehle ein Konsens über Veränderungen des Systems. Doch eine gute Struktur sei nötig, um junge Leute für die Arbeit im Gesundheitswesen zu gewinnen, so Veltrup.
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Zur Nachwuchsgewinnung verwies er auf den Pakt für Gesundheits- und Pflegeberufe in Schleswig-Holstein. Es sei nötig, dafür Bündnisse einzugehen.
Landespolitische Signale für den Bund
Auf diesen Pakt verwies auch Prof. Dr. Kerstin von der Decken (CDU), Justiz- und Gesundheitsministerin von Schleswig-Holstein. Seit der Auftaktveranstaltung im Juni seien 50 Themen identifiziert worden, die nun systematisiert und priorisiert werden sollen. Dies betreffe die Ausbildung, die Weiterbildung sowie die Gewinnung und Integration ausländischer Fachkräfte. „Wir wollen eine Verantwortungspartnerschaft mit Ihnen eingehen“, erklärte von der Decken. Zu den Belastungen durch Kostensteigerungen verwies sie auf einen Entschließungsantrag, den Schleswig-Holstein gemeinsam mit Bayern und Baden-Württemberg im Bundesrat eingebracht habe. Dort sei ein Inflationsausgleich für das Gesundheitswesen vorgesehen, aber die Bundesregierung habe die Arztpraxen ausgenommen. Um die Belastungen durch die Bürokratie zu senken, setzt von der Decken auf die Digitalisierung, räumte aber ein, diese müsse einen Mehrwert generieren und nicht zusätzlichen Aufwand schaffen. Medizinische Versorgungszentren (MVZ) sieht sie als „wichtigen Baustein“ für die künftige Versorgung, aber Investmentfirmen hätten MVZ als Renditeobjekte entdeckt. Um die Rahmenbedingungen diesbezüglich zu ändern, habe Schleswig-Holstein im Dezember gemeinsam mit Bayern und Rheinland-Pfalz eine Bundesratsinitiative gestartet. „Die Vorschläge liegen auf dem Tisch“, so die Ministerin, aber die Umsetzung bleibe bisher aus.
Apotheken können Inflation nicht mehr kompensieren
Weiter erklärte von der Decken, aus ihrer Sicht habe sich der Bund noch nicht ausreichend für die Stärkung der Apotheken eingesetzt. Die Apotheken hätten mit Kostensteigerungen, Bürokratie und Nachwuchsmangel die gleichen Herausforderungen wie die Ärzte, und sie würden zusätzlich durch den erhöhten Abschlag belastet. Die Honorierung sei seit zehn Jahren nicht erhöht worden. Dies hätten die Apotheken „durch eigene effektive Arbeitsweise“ kompensiert, aber weitere Preisanstiege seien nicht mehr auszugleichen, erklärte die Ministerin. Darum habe sich Schleswig-Holstein bei den Gesetzgebungsverfahren gegen den erhöhten Abschlag und für eine angemessene Honorierung pharmazeutischer Dienstleistungen positioniert und werde dies weiter tun. Die Pandemie habe gezeigt, dass die Apotheken für ein leistungsfähiges Gesundheitssystem unabdingbar sind, erklärte von der Decken und folgerte: „Diesen wichtigen Kern unserer Gesundheitsstruktur müssen wir erhalten.“ Bei seiner Arbeit sei das Ministerium auf die Zusammenarbeit mit den Heilberuflern angewiesen. „Unsere Ohren sind immer offen“, bekräftigte von der Decken.
ABDA-Ehrenpräsident Friedemann Schmidt ging als Präsident des Bundesverbandes der Freien Berufe in einem Vortrag der Frage nach, „warum es auch in schwierigen Zeiten eine gute Idee ist, sich selbstständig zu machen“. Er konstatierte einen starken Trend zur kollektiven Form der Berufsausübung, beispielsweise in Gemeinschaftspraxen, und warb zugleich für die Selbstständigkeit. Freiberufler, insbesondere Selbstständige, würden eine Gesellschaft tragen, stützen und befördern. Das sei der Gegenentwurf zu sozialistischen „Kadern“, die eine Gesellschaft ideologisch durchdringen. Eine offene Gesellschaft brauche Menschen, die aus eigener Verantwortung für Stabilität eintreten. Das sollten Freiberufler tun. Das sei eine Lebensform und kein Beruf, folgerte Schmidt. Freiberufler würden ihre Interessen an etwas messen, das größer sei als sie selbst. Denn sie seien auf das Gemeinwohl ausgerichtet. Das sei unersetzlich für die Gesellschaft und „derzeit wohl wichtiger, als es jemals war“, erklärte Schmidt.
Rund 340.000 Stellen unbesetzt
Fachkräftemangel belastet Freiberufler
Die Politik sollte die Freiberufler fördern, denn sie brauche sie, um das System zu stabilisieren. Speziell für die Heilberufler erklärte Schmidt: „Wir sorgen dafür, dass unsere Patienten ihre Freiheit leben können“, denn Krankheit schränke die Freiheit ein, aber Heilung oder Integration mache die Menschen frei und mündig. Dazu verwies Schmidt auf das Credo, die Freiheit der anderen zum Beruf zu machen. Was die freien Berufe stützt, stütze die Gesellschaft, erklärte Schmidt und dies sei jeden Einsatz wert.
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