Wenn das Immunsystem altert

Als Senior gesund trotz Schmuddelwetter

Stuttgart - 16.10.2023, 09:15 Uhr

Wenn die Abwehrkräfte gestärkt sind und man sich nicht erkältet, macht der Spaziergang im regnerischen Herbst noch viel mehr Spaß (Bild: gpointstudio/AdobeStock).

Wenn die Abwehrkräfte gestärkt sind und man sich nicht erkältet, macht der Spaziergang im regnerischen Herbst noch viel mehr Spaß (Bild: gpointstudio/AdobeStock).


Nach den Sommertagen erinnert der goldene Oktober daran, dass die Abwehrkräfte bald wieder stärker gefordert werden. Mit zunehmendem Alter lässt die Effektivität des Immunsystems nach. Mit Probiotika, Mikronährstoffen, komplementärer Medizin und einer gesunden Lebensweise können Senioren dazu beitragen, dass ihr Körper widerstandsfähiger gegen Viren und Bakterien wird. 

Eine physiologische Begleiterscheinung des chronologischen Alterns ist die Immunoseneszenz. Das langsame Altern des Immunsystems betrifft sowohl das angeborene als auch das erworbene Immunsystem [1]. Makrophagen und T-Zellen reagieren langsamer und weniger weiße Blutkörperchen sind in der Lage, auf neue Antigene zu reagieren. Senioren haben geringere Mengen an Komplementproteinen oder produzieren als Reaktion auf eine bakterielle Infektion weniger als jüngere Menschen. Als Teil des humoralen Immunsystems heften sich Komplementproteine an Bakterien und ermöglichen so den Phagozyten die Zerstörung oder töten die Bakterien durch Einfügen von Poren in deren Zellmembran direkt ab. Antikörper werden bei älteren Personen zwar in ausreichender Menge produziert, haften aber nicht mehr so gut an Antigenen. Dieser Umstand trägt wahrscheinlich auch dazu bei, dass Impfstoffe bei Senioren weniger wirksam sind als bei jüngeren Personen. Erkrankungen wie Grippe und Lungenentzündung kommen häufiger vor [2].  

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Inflammaging - Entzündungsaltern

Mit fortschreitender Fehlregulation des Immunsystems wird der Körper anfälliger für chronische Erkrankungen, bei denen sich entzündungsfördernde Substanzen bilden. Dieser Entzündungsprozess im Alter ist bekannt als Inflammaging und verbraucht vermehrt antioxidative Mikronährstoffe. Die im Laufe des Lebens voranschreitende Rückbildung der Thymusdrüse als wichtiges Immunorgan ist mitverantwortlich für die nachlassende Leistungsfähigkeit des Immunsystems. Ab dem 60. Lebensjahr reifen im Thymus keine neuen T-Lymphozyten mehr heran. Das Organ besteht dann größtenteils nur noch aus einem fettgewebsreichen Thymusrest. Auch die Knochenmarkzellen, in denen die B-Lymphozyten zur Immunabwehr reifen, werden mit zunehmendem Alter durch Fettgewebe ersetzt [3].  

Der Darm als Abwehrsystem für Fremdstoffe

Ausgebreitet ist die Darmschleimhaut des Menschen 400 bis 600 Quadratmeter groß. Hier befinden sich 70 bis 80 % aller Immunzellen, damit der Körper auf die ankommenden Fremdstoffe und deren Reize schnell reagieren kann. M-Zellen (M engl. für microfold; fold = Falte, micro = klein) und dendritische Zellen nehmen als spezialisierte Zellen einzelne Bakterien aus dem Darm auf. Bei der dadurch aktivierten Signalkaskade bilden B-Plasmazellen Immunglobulin A (IgA). Die Schleimhaut nimmt die IgA-Antikörper auf und scheidet anschließend sekretorisches IgA (sIgA) aus, das als Schleimhautschutzstoff die Abwehr von Bakterien und Viren unterstützt [4]. Einige Darmbakterien helfen direkt bei der Abwehr von Erregern. Ein gesundes Darm-Mikrobiom stärkt das Immunsystem und kann mit frischem Obst und Gemüse auf dem Speiseplan gefördert werden. Mangelnder Appetit sowie fehlende Kraft oder Motivation zum Kochen führen bei Senioren häufig zu einer Mangelversorgung und einem unausgewogenem Darm-Mikrobiom [3]. 

Probiotika zur Stärkung des Immunsystems

Die meisten Probiotika, die auf dem Markt zur Stärkung des Immunsystems angeboten werden, sind Nahrungsergänzungsmittel, nur wenige sind zugelassene Arzneimittel. Ihnen allen gemeinsam ist, dass sie lebende Mikroorganismen enthalten, die gesundheitsfördernde Eigenschaften haben und so das Gleichgewicht im Darm wiederherstellen sollen. Symbioflor® 1 moduliert zum Beispiel als probiotisches Arzneimittel das Immunsystem. Nach der oralen Gabe gelangen lebende Enterococcus-faecalis-Bakterien direkt in den Darm des Patienten. Obwohl die Signalkaskade zur Bildung des sekretorischen Immunglobulins A vom Darm ausgeht, erhöht sich durch die Einnahme der Suspension auch die Konzentration des sIgA an den Schleimhäuten der oberen und unteren Atemwege. Die Anzahl respiratorischer Infekte kann so reduziert werden [5]. Auch Mutaflor® ist ein zugelassenes Arzneimittel und enthält in den Hartkapseln den natürlichen Escherichia-coli-Stamm Nissle 1917 (EcN). Aufgrund seines großen Durchsetzungsvermögens gegenüber Fremdkeimen haben es krankheitserregende Keime schwerer, sich im Darm anzusiedeln, wenn er verabreicht wird. E. coli Nissle 1917 stabilisiert zudem die Darmbarriere und kann das Immunsystem stärken [6].

Tipps zur Stärkung des Immunsystems

- ausgewogene Ernährung  
- Bewegung  
- Entspannung 
- ausreichend Schlaf 
- Saunagänge 
- Alkohol nur in Maßen 
- Nicotin-Verzicht

Starke Psyche fördert die Abwehrkraft

Neurochemische Signale des Nerven- und Hormonsystems beeinflussen unser Immunsystem. In Stresssituationen werden mehr Glucocorticoide mit immunsuppressiver Wirkung ausgeschüttet. Sie vermindern die Reaktivität von B- und T-Lymphozyten und reduzieren die Produktion von Zytokinen. Studien im Bereich der Psychoneuroimmunologie haben gezeigt, dass die Konzentration von sekretorischem Immunglobulin A bei chronischem Stress im Speichel gesenkt ist. Physische und psychische Belastungen führen zum Open-Window-Phänomen, bei dem durch das geschwächte Immunsystem das Risiko für Infektionen steigt. Krankheiten, Hilfsbedürftigkeit und Einsamkeit sind für ältere Patienten psychisch sehr belastend und fördern die Infektanfälligkeit [7]. Ausreichende Entspannung und regelmäßige Bewegung können die Funktion des Immunsystems positiv beeinflussen.

Versorgung mit Mikronährstoffen im Alter

Vitamine und Spurenelemente haben eine stabilisierende Wirkung auf das Immunsystem. Bei älteren Menschen ist der Grundumsatz reduziert, ihr Energiebedarf oft verringert, sodass sie weniger essen. Deshalb ist es für Senioren häufig schwierig, den Bedarf an Vitaminen und Mineralstoffen mit der Nahrungsaufnahme zu decken [8]. Mit steigendem Alter leiden zudem viele Patienten an entzündlichen Erkrankungen, die vermehrt Mikronährstoffe verbrauchen. Zu den Substanzen, die für das antioxidative System des Körpers benötigt werden, gehören die  Vitamine C und E und die Mineralstoffe Zink und Selen. Bei vielen immungeschwächten Personen lässt sich im Blut ein Mangel dieser Mikronährstoffe nachweisen [9]. Mineralstoffe und Vitamine können individuell dosiert als Monopräparate oder als Kombinationspräparate in verschiedenen Darreichungsformen substituiert werden (s. Tab.). 

Tab.: Mikronährstoff-Präparate (Beispiele) und die wichtigsten Inhaltsstoff

PräparatInhaltsstoffeDarreichungsform
Beta Glucan+  
immun MensSana
1 Direktstick (= Tagesdosis) enthält: 
Beta-Glucan 125 mg 
Vitamin B6 1,4 mg 
Folsäure (B9) 200 µg 
Vitamin B12 2,5 µg 
Vitamin C 80 mg 
Vitamin D 5 µg 
Selen 55 µg 
Zink 10 mg
Direktstick zur  
Einnahme ohne Wasser
Bion3®  
Tabletten Immun
1 Tablette (=Tagesdosis) enthält: 
Vitamin C 120 mg 
Vitamin D 10 μg 
Selen 55 μg 
Zink 10 mg 
3 Bakterienkulturen: Lactobacillus gasseri PA 16/8, Bifidobacterium  
bifidum MF 20/5, Bifidobacterium longum SP 07/3: 1 × 107 KBE (Koloniebildende Einheiten) 
u. a.
Tabletten mit  
spezieller Beschichtung zum Schutz der Bakterienkulturen vor der Magensäure
Cetebe® 
Abwehr plus
1 Kapsel ( = Tagesportion) enthält: 
Vitamin C 300 mg 
Vitamin D 10 μg (400 IE) 
Zink 10 mg
Kapsel mit retardierter Freisetzung von Vitamin C
Immunloges®2 Kapseln (= Tagesdosis) enthalten: 
Beta-Glucane 120 mg 
Selen 100 μg 
Spirulina-Exktrakt 400 mg 
Vitamin C 80mg 
Vitamin D 20 μg (800 IE) 
Zink 10 mg
Kapseln,  
auch als Saft für Kinder  
erhältlich
Orthomol Immun10 g Granulat (= Tagesdosis) enthalten u. a.: 
Kupfer 0,5 mg 
Selen 50 µg 
Vitamin C 950 mg 
Vitamin D15 µg (600 IE) 
Zink 10 mg
Trinkfläschchen  
und Tabletten,  
Granulat, Direktgranulat, Tabletten und Kapseln als Tagesportion
Vigantolvit® Immun1 Tablette (=Tagesdosis) enthält: 
Kupfer 1 mg 
Selen 55 µg 
Vitamin D 2000 IE (50 µg) 
Vitamin C 250 mg 
Zink 10 mg
Tabletten
Vitamin D3 Hevert®  
Immun
1 Kapsel ( = Tagesdosis) enthält: 
Aroniabeer-Pulver 70 mg 
Selen 60 µg 
Vitamin D 50 µg (2000 IE)  
Vitamin C 250 mg 
Zink 10 mg
Kapseln
Vitasprint Pro Immun1 Trinkfläschchen ( = Tagesdosis)  
enthält: 
Acerolafrucht-Extrakt 70 mg 
Ingwerwurzel-Extrakt 50 mg 
Mangan 1 mg 
Vitamin C 250 mg 
Vitamin B6 2 mg 
Vitamin D 15 µg 
Zink 10 mg
Trinkfläschchen mit Zwei-Phasen-Komplex

Vitamin D – Schlüsselhormon für ein starkes Immunsystem 
Cholecalciferol gilt als das wichtigste Vitamin der humoralen und zellulären Immunantwort. So befinden sich auf allen Leukozyten Vitamin-D-Rezeptoren. Das Sonnen-Vit­amin ist kein Vitamin im engeren Sinn, denn der Körper kann 80 bis 90 % des Bedarfs mithilfe des Sonnenlichtes selbst in der Haut bilden. In den Wintermonaten reicht jedoch die Sonneneinstrahlung nicht aus, um aus der Vorstufe 7-Dehydrocholesterol ausreichend Cholecalciferol zu bilden. Auch lässt die körpereigene Produktion von Vitamin D in der Haut mit zunehmendem Alter immer mehr nach [9]. 

2016 hatten nach Untersuchungen des Robert Koch-Instituts im Winter über 50 % der Bundesbürger einen ausgeprägten Vitamin-D-Mangel (< 30 nmol/l). Ein niedriger Vitamin-D-Spiegel (10 bis 20 nmol/l) führte zu etwa 86 % mehr Infekten als bei Personen, die einen guten Vitamin-D-Status zwischen 60 und 90 nmol/l aufgewiesen hatten. Bei der Substitution von Vit­amin D hat sich in Untersuchungen gezeigt, dass die tägliche Einnahme das Immunsystem besser schützt als die gleiche Dosis in Bolus-Gaben mit größeren Abständen [10]. 

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt über 65-Jährigen, täglich 20 µg Vitamin D pro Tag einzunehmen. Das entspricht 800 internationalen Einheiten (IE). Die gleiche Empfehlung gilt für Kinder, Jugendliche und Erwachsene bei fehlender Synthese in der Haut. Vitamin D gehört zu den fettlöslichen Vitaminen. Bei einer unkontrollierten Einnahme von sehr hohen Dosen im Rahmen der Selbstmedikation kann es zu Hypervitaminosen kommen. Bei der oralen Aufnahme von 50.000 IE pro Tag muss mit Intoxikationen gerechnet werden. Senioren sollten nicht über einen längeren Zeitraum eine Tagesdosis einnehmen, die 50 µg überschreitet. Vitamin D ist von der Verschreibungspflicht ausgenommen, sofern auf Behältnissen und äußeren Umhüllungen eine Tagesdosis bis zu 1000 IE (entspricht 0,025 mg) Cholecalciferol angegeben ist [11]. 

Vitamin C – das Antioxidans 
Zur Stärkung des Immunsystems ist Vitamin C das am häufigsten empfohlene Vitamin. Man vermutet, dass es die oxidative Selbstzerstörung der Phagozyten durch aktive Sauerstoff-Spezies hemmt [20]. Die Studienlage zur Schutzwirkung vor Infekten ist allerdings sehr uneinheitlich. Zu positiven Ergebnissen kamen Untersuchungen mit hohen Dosierungen. Für zwei Wintermonate erhielten 168 Testpersonen in einer kontrollierten, randomisierten und doppelblinden Studie entweder 1000 mg Vitamin C oder Placebo. In der Verum-Gruppe kam es zu 26 % weniger Erkältungen und zu 44 % weniger Krankheitstagen (beide mit p < 0,05) [10].  

Vitamin E – Teil des oxidativen Systems 
Zusammen mit dem Vitamin C und dem Cofaktor der Glutathionperoxidase gehört Vitamin E (= Sammelbegriff für alle Tocopherolderivate) zum antioxidativen System und schützt als lipophiler Radikalfänger ungesättigte Fettsäuren vor oxidativen Prozessen. Eine Unterversorgung mit Vitamin E scheint die Produktion des Prostaglandins E2 (PGE2) zu steigern und damit sowohl die humorale als auch die zelluläre Immunität herabzusetzen. Immungeschwächte Erwachsene haben oft erniedrigte Vitamin-E-Spiegel. Studien zeigen, dass bei älteren Personen eine erhöhte Aufnahme von Vitamin E erforderlich ist, damit das Immunsystem zufriedenstellend arbeitet [9]. Erwachsene tolerieren auch langfristig höhere Vitamin E-Dosierungen mit bis zu 200 mg alpha-Tocopherol-Äquivalent. Bei manchen Patienten kommt es nach der Einnahme von höheren Dosen zu Blutungen. Diese Nebenwirkung wird durch eine Interaktion mit Vitamin K erklärt [8].  

Vitamine A – das antiinfektiöse Vitamin 
Vitamin A ist der Oberbegriff für Verbindungen, die über alle Wirkungen dieses Vitamins verfügen. Dazu zählen Retinol und Retinylester. Durch Vitamin A arbeiten die körpereigenen Abwehrzellen effektiver. Es fördert die Bildung von Antikörpern. Zudem verhindert es durch Abdichtung der Epithelien und Anregung der Schleimproduktion das Eindringen von Krankheitserregern. Bei Personen mit einem Defizit an Vitamin A kommt es häufiger zu Infektionen, wobei die Atemwege besonders oft betroffen sind. Ein gesunder Mitteleuropäer ist bei ausgewogener Mischkost ausreichend mit diesem Vitamin versorgt. Bei Regenerationsvorgängen und chronischen oder rezidivierenden Infekten ist der Bedarf des Körpers an Vitamin A erhöht. Die Retinoide gehören zu den fettlöslichen Vitaminen, deshalb können Überdosierungen zu Intoxikationen führen. Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz sollten ihre Vitamin-A-Zufuhr einschränken, da es bei ihnen zu sehr hohen Blutwerten kommen kann [8]. Retinol und seine Ester sind verschreibungspflichtig. Davon ausgenommen sind Zubereitungen zum innerlichen Gebrauch mit einer Tagesdosis bis zu 10.000 IE [11]. 

Zink – essenziell und in viele Prozesse involviert 
Als ein essenzielles Spurenelement ist Zink strukturgebendes Ion oder katalytisches Zentrum in über 3000 Proteinen und Enzymen. Das angeborene Immunsystem wird durch einen akuten Zinkmangel beeinträchtigt [8]. Zink scheint Studien zufolge sowohl die Reifung der T-Lymphozyten zu fördern, als auch die Anzahl der T-Immunzellen zu erhöhen. Studien liefern Hinweise, dass mit höheren Zink-Dosen (bis zu 75 mg pro Tag) die Dauer der Erkältung verkürzt werden kann. Es sollte möglichst mit Beginn der ersten Erkältungssymptome eingenommen werden. Bei einer längerfristigen Substitution sollte die Tagesdosis laut Empfehlung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) 25 mg nicht überschreiten. Überdosierung von Zink kann zu Durchfall, Übelkeit und Erbrechen führen [13]. 

Selen für Schilddrüse und Immunsystem 
Einige epidemiologische Studien belegen, dass ein ausreichend hoher Selen-Spiegel das Risiko reduziert, an Infektionen zu erkranken. Für den Transport von Selen aus der Nahrung in das Körpergewebe ist Selenoprotein P notwendig, das in der Leber gebildet wird. Vor Kurzem hat ein Forscherteam an der Uni Jena herausgefunden, dass die Selen-Konzentration im Organismus außerdem über die Einwirkung von Kupfer auf die Ausschüttung von Selenoprotein P reguliert wird. Aufgrund der selenarmen Böden in Europa enthalten die meisten pflanzlichen Nahrungsmittel nur unzureichend Selen. Tierische Lebensmittel gelten als Hauptquelle für Selen, eine fleischlose Ernährung bedingt leicht einen Mangel des essenziellen Spurenelements. Es werden Tagesdosen von 50 bis 80 µg/Tag empfohlen. Aus Sicherheitsgründen sollte langfristig eine Selenaufnahme von 400 µg/Tag nicht überschritten werden, damit es nicht zu Intoxikationen kommt. Eine Überdosierung führt unter anderem zu knoblauchartigem Atemgeruch, Verdauungsbeschwerden und neurologischen Symptomen [14]. 

Und was gibt es da Pflanzliches?

Verschiedene Arzneipflanzen zeigen in pharmakologischen Modellen eine immunmodulierende Aktivität. Das sind unter anderem die drei Echinacea-Arten purpurfarbener, blassfarbener oder schmalblättriger Sonnenhut. Echinacea-­Extrakte sind sowohl als Monopräparate (z.B. Echinacin® Liquidum Madaus, Echinacea-ratiopharm® Liquid) als auch als Kombinationspräparate erhältlich (z.B. Esberitox® mit Extrakt der Färberhülse und des Lebensbaums). Das traditionell pflanzliche Arzneimittel Imupret® N enthält eine Mischung aus sieben gepulverten Arzneidrogen (Eibisch-Wurzel, Eichen-Rinde, Kamillen-Blüten, Löwenzahn-Kraut, Schachtelhalm-Kraut, Schafgarben-Kraut und Walnuss-Blätter) und wird zur Unterstützung des Körpers bei der Abwehr von Erkältungserregern eingesetzt. Pflanzenpräparate sollten bei den ersten Symptomen einer Erkältung eingenommen werden. Vor der Anwendung muss geklärt werden, ob Allergien gegen einen der Inhaltsstoffe bestehen oder ob systemische Erkrankungen vorliegen, die eine Anwendung ausschließen. Beta-Glucane als sekundäre Pflanzenstoffe sollen Makrophagen aktivieren und das Immunsystem bei der Abwehr von pathogenen Keimen unterstützen. Sie sind in Monopräparaten oder ergänzend in einigen Mikronährstoffkombinationen enthalten [15] (s. Tab.).

Omega-3-Fettsäuren machen Zellen fit

Pathogene stimulieren M1-Makrophagen zur Produktion von entzündungsfördernden Signalstoffen wie Prostaglan­dinen und Leukotrienen. Klingt die Entzündung wieder ab, produzieren M2-Makrophagen vermehrt entzündungsauflösende Mediatoren (Specialized Pro-Resolving Lipid Mediators, SPM). Wissenschaftler an der Uni Jena und Harvard Medical School in Boston fanden heraus, dass es sich dabei um Resolvine, Lipoxine, Maresine und Protektine handelt, die unter anderem aus Omega-3-Fettsäuren gebildet werden. Damit lässt sich ein erhöhter Bedarf an Omega-3-Fettsäuren zur Stärkung des Immunsystems erklären [16]. Inzwischen geht man aber davon aus, dass die Resolvine keine physiologische Rolle spielen. Aktuelle Untersuchungen kamen zu dem Ergebnis, dass menschliche Leukozyten, zu denen auch Makrophagen gehören, nur sehr geringe Mengen entzündungsauflösender Mediatoren synthetisieren [17]. Die Bedeutung der Resolvine und der Omega-3-Fettsäuren im Kontext des Immunsystems müssen noch weiter erforscht werden.

Wie das essenzielle Spurenelement das Immunsystem beeinflusst

Mit Zink gegen Erkältung

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Wie sicher sind Erkältungspräparate mit Pseudoephedrin?

Aufgrund der abnehmenden Thymusgewebemasse, Antikörperantwort und T-Zellproliferation im Alter ist die die Aktivität des Immunsystems von Senioren deutlich reduziert. Infektionen können bei älteren Personen lange asymptomatisch oder symptomarm verlaufen. Oft werden sie spät diagnostiziert und es kommt zu Komplikationen. Schwere Infekte bei geriatrischen Patienten verschlimmern den Verlauf neurodegenerativer Erkrankungen und erhöhen das Risiko, an einer Demenz zu erkranken [18]. Eine regelmäßige Substitution mit Mikronährstoffen, um einen Mangel auszugleichen, ist für ältere Patienten wichtig. Hier sind überwiegend die Vitamine C und D zu ergänzen, in Kombination mit den Spurenelementen Zink und Selen.

Literatur
[1] Altmeyer P et al. Immunoseneszenz, Altmeyers Enzyklopädie, Stand: 1. April 2022 
[2] Delves P. Auswirkungen des Älterwerdens auf das Immunsystem, MSD Manual Ausgabe für Patienten, www.msdmanuals.com/de-de/heim/immunstörungen/die-biologie-des-immunsystems/auswirkungen-des-älterwerdens-auf-das-immunsystem , Stand: September 2021 
[3] So verändert sich das Immunsystem im Alter – Infos und Tipps für Senioren, Informationen des Orthomol pharmazeutische Vertriebs GmbH, www.orthomol.com/de-de/lebenswelten/immunsystem/immunsystem-im-alter, Abruf am 22.September 2023 

[4] Hecht A. Gute Vorsätze für 2022: Mit nützlichen Darmbakterien die Rate wiederkehrender Atemwegsinfekte senken. Pressemitteilung der Symbiopharm GmbH vom 10. Februar 2022 
[5] Symbioflor® 1 - Bei Atemwegserkrankungen, Probiotische Arzneimittel mit lebenden Enterococcus-faecalis-Bakterien, Informationen der SymbioPharm GmbH, www.symbiopharm.de/produkte/symbioflor-1, Abruf am 22. September 2023 
[6] Gesundheitsfördernde Eigenschaften des E. coli Stamm Nissle 1917, Informationen der Ardeypharm GmbH, https://mutaflor.de/wissen/probiotika/, Abruf am 22.September 2023

[7] Hoc S. Psychoneuroimmunologie: Stress erhöht Infektanfälligkeit. Deutsches Ärzteblatt, PP 2/2003, Seite 83, www.aerzteblatt.de/archiv/35552/Psychoneuroimmunologie-Stress-erhoeht-Infektanfaelligkeit ;
[8] Biesalski K et al. Ernährungsmedizin. nach dem Curriculum Ernährungsmedizin der Bundesärztekammer, 5. Auflage 2018, Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart, S. 164-168, 171, 176-180, 236-238, 558 
[9] Biesalski H-K, Tinz J. Antioxidantienkombinationen zur Stärkung des Immunsystems, Vitamine und Spurenelemente. PZ 2005;40 
[10] Schmiedel V. Wie wir das Immunsystem gezielt stärken können. Uro-News 2021;25(9):44–47, doi: 10.1007/s00092-021-4663-6 

[11] Arzneimittel Verschreibungsverordnung Anlage 1 (zu §1 Nr. 1 und §5) Stoffe und Zubereitungen nach § 1 Nr. 1 
[12] Worin ist am meisten Vitamin C enthalten? Frage der Woche, Bundeszentrum für Ernährung, Meldung vom 22. Dezember 2021, www.bzfe.de/service/news/aktuelle-meldungen/news-archiv/meldungen-2021/dezemer/worin-ist-am-meisten-vitamin-c-enthalten/# 
[13] Sprecher N. Erkältung im Griff – dank hoch dosiertem Zink. Gut beraten – Wissen am HV. DAZ.online, 1. Dezember 2020, www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/themen/wissen-am-hv/zink 
[14] Laudien S. Wie der Selen-Status reguliert wird. Online-Meldung der Friedrich-Schiller-Universität Jena vom 20. Juni 2023, www.uni-jena.de/selenstudie-schwarz 
[15] Lüdecke A. Warum immer ich? – Das Immunsystem stärken. Wissen am HV, Special Erkältung, DAZ.online, 1. Dezember 2017, www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2017/12/01/warum-immer-ich-das-immunsystem-staerken 
[16] Schönfelder U. Wie Omega-3-Fettsäuren das Immunsystem fit haltenPressemitteilung der Friedrich-Schiller-Universität Jena vom 10. Januar 2018, https://idw-online.de/de/news687274 ;
[17] Dingermann T. Hypothese zu Resolvinen wackelt. PZ online, vom 13. April 2022, www.pharmazeutische-zeitung.de/hypothese-zu-resolvinen-wackelt-132564/ ;
[18] Nau R et al. Warum sind Infektionen bei Senioren so gefährlich? Neuro Transmitter 2021;32(1):28–35, doi: 10.1007/s15016-020-9042-0 
[19] Herstellerangaben und Patienteninformationen der genannten Produkte 
[20] Geisslinger G, Menzel M, Gudermann T, Hinz. B. Ruth P. Mutschler – Arzneimittelwirkungen. 11. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 2019 


Alexandra Hinsken, Apothekerin, DAZ-Autorin
redaktion@daz.online


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