Vom Dampftopf bis zum Hightech-­Device

Inhalationssysteme bei Erkältung

Stuttgart - 17.10.2023, 17:50 Uhr

Klassisch überm Kochtopf - inhalieren geht aber auch mit modernen Systemen. (Foto: New Africa/AdobeStock)

Klassisch überm Kochtopf - inhalieren geht aber auch mit modernen Systemen. (Foto: New Africa/AdobeStock)


Inhalations­therapien finden Anwendung bei akuten und chronischen Erkrankungen der oberen und unteren Atemwege. Zahlreiche atemwegserweiternde, schleimlösende und entzündungshemmende Medikamente lassen sich vernebeln und einatmen. In welchen Bereichen der verzweigten Atemwege das Aerosol wirkt, lässt sich mit modernen Inhalationssystemen weitgehend steuern – vorausgesetzt, die Patienten sind in der Anwendungstechnik geschult. 

Ein Haupteffekt aller Feuchtinhalationen, sei es durch bloßen Wasserdampf oder durch raffiniert vernebelte Salzlösungen, ist die Befeuchtung der Atemwegsschleimhäute, die sich bei praktisch allen Erkrankungen der Atemwegsorgane günstig auswirkt. Neben ätherischen Ölen, die mit Wasserdampf transportiert werden, kommen zum Inhalieren verschieden konzentrierte Salzlösungen sowie diverse Arzneistoffe mit Salzlösungen als Vehikel zur Anwendung. Je nachdem, welche Symptome bei der zu behandelnden Krankheit im Vordergrund stehen – eine Obstruktion, Inflammation, Verschleimung oder auch eine Infektion -, können Arzneistoffe inhaliert werden, welche die entsprechenden Behandlungsziele adressieren:

  • zähes Bronchialsekret lässt sich verflüssigen durch Sekretolytika/Mukolytika, die Expektoration wird erleichtert (z. B. Acetylcystein, Ambroxol, Tyloxapol, hypertone Salzlösungen)
  • Schwellungen und Entzündungen der Bronchialschleimhaut werden gelindert (ätherische Öle, Cineol, hypertone Salzlösungen).
  • starke, gezielte antiinflammatorische Wirkung entfalten z. B. inhalierbare Corticosteroide
  • eine Bronchospasmolyse durch Entspannung der glatten Muskulatur der Atemwege erzielen Beta-Sympathomimetika wie Salbutamol, Fenoterol, Anticholinergika wie Ipratropium, Tiotropium sowie Epinephrin

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Einatmen, Ausatmen

Das Spektrum der durch Inhalationstherapie gut behandel­baren Erkrankungen beginnt bei banalen grippalen Infekten wie der akuten Rhinitis, mit oder ohne Beteiligung der Nebenhöhlen (Rhinosinusitis), reicht über Tracheobronchitis (akute Entzündung der Luftröhre und der Bronchien) und Laryngotracheitis (Pseudokrupp) bis hin zur chronischen Bronchitis und der Pneumonie. Weiterhin werden Grundleiden wie Asthma bronchiale, chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD), Mukoviszidose (zystische Fibrose) und Bronchiektasen durch Inhalationstherapien behandelt. Unter Bronchiektasie versteht man irreversible sackförmige oder zylindrische Ausweitungen der Bronchien, einhergehend mit chronischem Husten mit großvolumigem Auswurf. Gezielt antibiotisch können Infektionen therapiert werden. Darüber hinaus ist die Inhalation von verdampfbaren Anästhetika durch ihre gute Steuerbarkeit die Anwendungsform der Wahl für Narkosen.

Gase, Dämpfe, Aerosole

Aus pharmazeutisch-technologischem Blickwinkel werden bei der Inhalationstherapie Gase, Dämpfe oder Aerosole eingeatmet. Die Inhalation von Gasen als Dampfinhalation ist technologisch und biopharmazeutisch am wenigsten problematisch [1]. Sie setzt leicht verdampfbare (flüssige) Wirkstoffe voraus, wie die Flurane, die zur Inhalationsanästhesie verwendet werden. Diese „volatilen“ Wirkstoffe werden in Verdampfern (Vaporizer) mithilfe von Wärmeenergie verdampft und vom Patienten eingeatmet. Ein triviales Beispiel ist die Inhalation von heißem Wasserdampf als Träger für ätherische Öle. Sind die zu applizierenden Wirkstoffe weder gasförmig noch verdampfbar, müssen sie durch Druck oder Schwingungen zerstäubt und als Spray oder Aerosol verabreicht werden. Die Wirkstoffe können hierbei in verschiedenen Arzneiformen vorliegen, als Lösung, Suspension oder Emulsion oder auch als Feststoff; aus diesen entsteht erst nach dem Verlassen der Düse des Zerstäubers die Darreichungsform: das Aerosol. Der Begriff Aerosol umschreibt im engeren Sinne kolloidal dispergierte Flüssigkeiten in Gas, z. B. Nebel, oder Feststoffe in Gas, z. B. Rauch. In der pharmazeutischen Praxis werden so feine Dispergierungen nicht immer erreicht, man definiert Aerosole realistischer­weise als feste oder flüssige schwebende Partikel in Gasen [1].

Aerosole: Die Teilchengröße entscheidet

Anders als bei einer oralen Therapie kann die Wirksubstanz bei der Inhalation direkt in die Zielorgane Bronchien und Lunge gelangen (s. Abb. 1). Welche Abschnitte der Atemwege inhalierte Teilchen erreichen, lässt sich durch zwei Faktoren steuern: durch den Atemfluss und den medianen aerodynamischen Massendurchmesser (MMAD) der Aerosolteilchen.

  • Teilchen größer als 10 µm, wie sie in einem Spray vorliegen, werden bei normalem Atemfluss zu über 90 % schon bei der ersten Richtungsänderung im Oropharynx abgeschieden.
  • Lediglich Partikel von 1 bis 5 µm MMAD können in die weit verzweigten und engen Lungenalveolen gelangen.

Die Abscheidung dispergierter Teilchen in der Lunge erfolgt durch Impaktation (Trägheitsaufprall) und durch Sedimentation. Eine niedrige Atemstromstärke erhöht die Sedimentation und damit die Abscheidung in den tieferen Lungenabschnitten. „Eine gute Deposition vor allem in der Lungenperipherie lässt sich z. B. mit kleinen Teilchen von 2 µm bei langsamer Inhalation von circa 12 Litern pro Minute erreichen“, erklärt Prof. Wolfgang Kamin, Chefarzt der Kinderklinik im evangelischen Krankenhaus Hamm [2]. Würde man extrem langsam atmen, z. B. mit 3 Liter pro Minute, könnten auch große Teilchen von 10 µm vor allem in den Bronchien deponieren. Aber eine so minimale Inspiration ist unrealistisch, sodass man Systeme für die pulmonale Inhalation so konstruiert, dass sie Partikel unterhalb 5 µm erzeugen. Und dennoch: „Alles in allem erreicht man mit aktiv Aerosol-freisetzenden Inhalationsgeräten nicht mehr als 20 bis 30 % Deposition in die Bronchien“, sagt Kamin. Alles andere gehe durch Impaktation verloren.

Abb. 1: Die pulmonale Deposition wird vor allem durch die Partikelgröße des Aerosols beeinflusst, die wiederum von der Galenik des Arzneistoffs und dem eingesetzten Verneblergerät abhängt. Nur bei einem hohen Anteil kleiner Aerosolpartikel (< 5 µm) ist gewährleistet, dass eine ausreichende Wirkstoffdosis auch in die tiefen Bereiche der Lunge gelangt.

Solche biopharmazeutischen Gegebenheiten spielen eine besonders wichtige Rolle bei Aerosoltherapien zur Behandlung von Grundkrankheiten wie Asthma und COPD. Sie führten in diesen Indikationen zur Entwicklung von ausgefeilten Inhalationssystemen wie den atemzugausgelösten Druckgasaerosolen und Pulverinhalatoren, die hohe Depositionsraten bis zu 60 % erzielen (von denen an dieser Stelle nicht die Rede sein soll). Auch in der Behandlung „banaler“ Erkältungskrankheiten ist entscheidend, welche Teilchen wie tief in die Atemwege gelangen. Zur Behandlung von Hals und Rachen dürfen inhalierte Tröpfchen auch 5 bis 10 µm groß sein.

Feuchtinhalation: Dampf und Nebel

Die Inhalationsbehandlung der oberen Atemwege ist in der einfachsten Form als „Kopfdampfbad“ mittels Wassertopf und Handtuch möglich. Bei den apothekenüblichen doppelwandigen Inhalatortöpfen aus Polypropylen wird heißes Wasser in einen Innentopf gefüllt und der Außentopf mit dem Aufsatz und der Mund/Nasenmaske verschraubt, was die Handhabung (Verbrühungsgefahr!) erleichtert und das Inhalat gezielter zuführt. Dennoch werden bei der Dampfinhalation weniger reiner Wasserdampf, sondern primär die durch Kondensation des aufsteigenden Dampfes entstehenden Wassertröpfchen eingeatmet. Deren Durchmesser liegt bei über 30 µm, weshalb sie lediglich den Nasen-Rachenraum erreichen, nicht die tiefen Bronchien [3]. Dem heißen (nicht kochenden) Wasser können flüchtige, thermostabile Wirkstoffe wie ätherische Öle zugesetzt werden. Ihnen werden antiinflammatorische, antiobstruktive, mukolytische, antivirale und antibakterielle Effekte zugeschrieben. Die Vielstoffgemische sind in zahlreichen Fertigarzneimitteln enthalten (Kamillen- und Salbei-Extrakte, Erkältungsbalsame mit z. B. Cineol, Menthol, Campher, Pfefferminzöl, Eucalyptusöl, Kiefernnadelöl). Kinder und feinmotorisch behinderte Personen bedürfen bei der Dampfinhalation wegen der Verbrühungsgefahr einer Assistenzperson. Für Kleinkinder kommen Ätherisch-Öl-Inhalationen wegen der Gefahr einer reflektorischen Atemwegsobstruktion nicht infrage. Und: Eine Dampfinhalation mit Salz­lösungen ist ineffektiv – das Salz bleibt überwiegend im Topf.

Wer sollte (was) nicht inhalieren?

  • Cave Allergiker: keine pflanzlichen Zusätze wie Kamille, da eine allergische Reaktion beim tiefen Einatmen sehr stark ausfallen kann
  • Cave Kleinkinder: keine ätherischen Öle wie Menthol und Cineol, da sie einen Kratschmer-Holmgren-Reflex mit Stimmritzenkrampf, Krampf der Kehlkopfmuskulatur und reflektorischem Atemstillstand auslösen können

generelle Kontraindikationen für Inhalationen:

  • habituelle Hämoptoe (Bluthusten)
  • hochgradige Kachexie (körperliche Auszehrung)
  • frische Entzündungsvorgänge in der Pleura (Rippenfell; Brustfell) oder im Abdomen.

Standard: elektrische Nebulizer

Für die Inhalation nicht flüchtiger Wirkstoffe wie Salz bedarf es elektrischer Vernebler, die ohne massive Wärmeenergie ein feindisperses Flüssigkeitsaerosol generieren (s. Abb. 2). Zur Feucht-Inhalation finden verschiedene In­halationssysteme Verwendung, die durchweg in der Lage sind, lungengängige Partikel mit einem MMAD unter 5 µm zu generieren.

  • Bei Druckluft-Verneblern erzeugt ein meist per Netzstrom betriebener Kompressor einen Luftstrom, der die Arzneistofflösung zum Vernebler leitet, wo sie an einer Prallplatte zum Nebel zerreißen (z. B. Pari Boy, Emser Inhalator Pro, InnoSpire). Kompressorvernebler eignen sich für praktisch alle gängigen Inhalationslösungen und Suspensionen, erzeugen aber eine mehr oder weniger starke Geräuschkulisse. Ein kleiner akkubetriebener Kompressor ist der Aponorm Inhalator Nano.
  • Kompressoren, die ein pulsierendes Aerosol erzeugen, eignen sich besonders für die Behandlung von Nasen­nebenhöhlenentzündungen (z. B. Pari Sinus 2).
  • Bei Mesh-Verneblern wird ein Aerosol durch eine schwingende Membran oder eine Platte mit mikrometerfeinen Löchern erzeugt. Das geschieht nahezu geräuschlos, der Wirkstoff wird auch nicht erhitzt. Mesh-Systeme finden Einsatz in mobilen, batteriebetriebenen Inhalatoren (z. B. Pari Boy free, Pari eFlow rapid, MicroAir U100, KIWI+, Heyer Cumulus).
  • Ultraschallvernebler erzeugen durch piezokeramische Elemente mechanische Schwingungen, die auf einen Flüssigkeitsfilm übertragen werden. Mit steigender Anregungsfrequenz werden umso kleinere Tröpfchen gebildet (2 bis 4 µm MMAD). Sie arbeiten geräuscharm, eignen sich aber wegen leichter Wärmeentwicklung nicht für alle Medikamentengruppen (z. B. proteinhaltige Lösungen).

Die Firma Pari bietet für bestimmte Kompressoren spezielle Vernebler (Pari LC Sprint) für die Behandlung von Hals und Rachen, Nasennebenhöhlen und Lunge an, außerdem solche für Babys und Kinder verschiedener Altersstufen. Sie unterscheiden sich in der Form der Atemmaske bzw. des Nasenstücks und erzeugen durch Modifikation der Prallplatte unterschiedliche Teilchengrößen, z. B. extragroße Tröpfchen für die Behandlung von Pseudokrupp (MMAD 7,3 µm). Andere Vernebler verfügen über ein Ventilsystem, das Medikamentenverluste in der Ausatemphase minimieren soll (z. B. Pari LC plus). Hilfreich, um eine langsame Einatmung zu gewährleisten, ist eine automatische Flussbegrenzung der Inspiration im Vernebler auf etwa 30 l/min (PIF-Kontrolle, PIF = Peak Inspiratory Flow).

Abb. 2: Funktionsweise von Verneblern Druckluftbetriebene Vernebler (auch als Düsenvernebler oder Jetvernebler bezeichnet) bestehen aus einem Kompressor zur Erzeugung der Druckluft, einem druckfesten Schlauch und der Verneblerkammer mit Arzneimittelreservoir, Verneblerdüse und Mundstück (links). Die aus der Düse austretende Druckluft saugt Flüssigkeit aus dem Arzneimittelreservoir an (Bernoulli-Prinzip), zerreißt diese durch hohe Schubspannungen an der Flüssigkeitsoberfläche zu Tröpfchen und zerteilt diese Tröpfchen an einer Prallplatte zu einem feindispersen und hochkonzentrierten Nebelaerosol. Ultraschallvernebler beruhen auf dem umgekehrten piezoelektrischen Effekt. Das Anlegen einer Wechselspannung führt bei Piezokristallen zu Eigenschwingungen, die direkt oder über ein Kontaktmedium auf die Arzneistofflösung übertragen werden (rechts). Sie führen an der Oberfläche zu einer wellenartigen Bewegung und zur Ausbildung dünner, vertikaler Flüssigkeitssäulen, die in feine Aerosoltröpfchen zerfallen (nach [3]).

Eine Auflistung apothekenüblicher Verneblersystemen zur Behandlung der unteren Atemwege, auch solche speziell für Kinder, findet sich auf der Website der Deutschen Atemwegsliga (www.atemwegsliga.de/vernebler.html). Die Versorgung mit einem Hilfsmittel für eine häusliche Inhalations- bzw. Atemtherapie ist grundsätzlich verordnungs- und erstattungsfähig. Abhängig von Krankenkasse und Bundesland kann für den Patienten eine Aufzahlung anfallen [4].

Was den Erfolg einer Inhalationstherapie ausmacht

„Der Erfolg einer Inhalationstherapie wird durch Menge und Qualität des inhalierten Aerosols bestimmt“, hält Professor Kamin fest. Als Parameter für die Effizienz eines Inhalationsgerätes wurde die Respiratory Drug Delivery Rate (RDDR) eingeführt. Die RDDR stellt das Produkt aus dem Anteil lungengängiger Tröpfchen < 5 µm (Respirable Fraction, RF) und dem Aerosoloutput pro Minute (Aerosol Output Rate, AOR) dar. Je höher die RDDR, desto effizienter das Inhalationsgerät. Eine Übersichtsarbeit hat Atemzugs-Simulationen mit einer Reihe von Nebulizern durchgeführt und fand eine weite Spanne von RDDR-Werten (zwischen 35 und 105) [5].

Gründe für mangelnden Therapieerfolg sind indes meist Anwendungs- und Handhabungsfehler. Patienten, auch Eltern von zu behandelnden Kindern, sollten vor der ersten Anwendung sorgfältig in den Umgang mit dem jeweiligen Inhalationsgerät eingewiesen werden. Dabei sollte genug Zeit in einer ruhigen Umgebung zur Verfügung stehen. Besonders wichtig in der Schulung ist das Demonstrieren des Atemmanövers:

  • Eine aufrecht sitzende oder stehende Körper­haltung unterstützt ein maximal tiefes Atemzugvolumen.
  • Die Ausatmung vor der Inhalation sollte möglichst ruhig und lange sein.
  • Die langsame und ruhige Einatmung erhöht die Effizienz und verringert Nebenwirkungen.
  • Die Inhalationseffizienz wird durch eine end­inspiratorische Atempause (am Ende der Einatmungsphase) gesteigert.

Demonstriert wird die korrekte Inhalationstechnik mit verschiedenen Geräten u. a. in den Videofilmen der Deutschen Atemwegsliga (Videos auf Deutsch und fremdsprachig). Nicht zu unterschätzen bei der Feuchtinhalation sind Hygieneaspekte, betont Dr. Michael Barczok, Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde aus Ulm: „Wichtig ist eine gründliche Reinigung von Vernebler und Mundstück nach jeder Anwendung.“ [6] Für nicht konservierte Salzlösungen gilt eine Aufbrauchfrist von 24 Stunden.

Evidenz: Mehr Erfahrung als Studien

Ein Effekt von Dampfinhalationen kann laut der deutschen S2k-Leitlinie zur Rhinosinusitis aufgrund der Ergebnisse beim banalen Schnupfen auch bei einer akuten oder rezidivierenden Rhinosinusitis vermutet werden. In einigen kleineren Studien wurden einige Tage lang anhaltende symptomatische Linderungen nach Inhalation heißer Dämpfe von 38 bis 42 °C gezeigt [7]. Ein Konsensusdokument empfiehlt durch Ultraschall mikronisierte Inhalationen mittels nasalem Applikator zweimal täglich für zehn Minuten unter anderem bei purulenter ödematöser Rhinosinusitis, subakuter Rhinosinusitis und Exazerbation einer chronischen Rhinosinusitis. Dabei sollen für bronchopulmonale Erkrankungen zugelassene Substanzen inhaliert werden, ohne dass diese näher bezeichnet werden. In Deutschland marktübliche pulsatil arbeitende Inhalatoren (s. o.) sollen bis zu 50 % des Inhalates in der Kieferhöhle (Sinus maxillaris) deponieren können, wenn bei geschlossenem weichem Gaumen inhaliert wird. Nasale Pumpsprays hingegen deponieren Wirkstoffe in der Nase, aber wegen deren Filterfunktion praktisch nicht in den Nasennebenhöhlen und der Lunge [8].

Bei Kochsalzlösungen sieht die Leitlinie die beste Evidenz bei der chronischen Rhinosinusitis. Allerdings wird hier der Nasenspülung der Vorzug gegeben. Bei chronischem Husten zeigte die Inhalation mit Emser Salz, das durch Bikarbonat-Ionen leicht alkalisch reagiert (pH-Wert 8 bis 9), in einer älteren Studie einen stärkeren Effekt auf die mukoziliäre Clearance und die Lockerung von festsitzendem Sekret als isotonische Kochsalzlösung [9]. Fachärzte raten bei starker Verschleimung gerne zu einem Versuch mit einer höheren Salzkonzentration. „Hypertonische Lösungen lassen erfahrungsgemäß mehr Flüssigkeit aus den geschwollenen Schleimhäuten austreten und erhöhen das Volumen in den Bronchien. Das verflüssigt den Schleim“, erklärt Pneumo­loge Dr. Barczok. Praktisch alle bronchopulmonal wirksamen Arzneistoffe lassen sich auch mit hypertoner Kochsalzlösung mischen und vernebeln [10], allerdings sollten stets die entsprechenden Fachinformationen beachtet werden.

Womöglich können Salzinhalationen auch die Virusausbreitung durch infizierte Personen mindern. Eine sechsminütige Inhalation mit isotonischer Kochsalzlösung reduzierte in einer Studie die Bioaerosol-Menge in der Ausatemluft für die nächsten sechs Stunden um rund 72 %. Der postulierte Wirkmechanismus ist eine Erhöhung der Oberflächenspannung der Schleimschicht mit der Folge, dass die gebildeten Bioaerosol-Tröpfchen größer sind und nicht ausgeatmet werden [11].

Besonderheiten der Inhalation bei kleinen Kindern

Kinder unter zwei Jahren weisen ein geringes Atemzugvolumen bei spontaner Atmung auf, was die bronchiale Deposition inhalierter Wirkstoffe auf rund 5 % senkt [2]. Bei ihnen wird meist eine Gesichtsmaske zur Inhalation benutzt. „Diese sollte fest aufsitzen, sonst erreicht weniger als 1 % des Aerosols die Bronchien“, betont Professor Kamin. Auch ist wegen der Kontamination der Gesichtshaut und der Mundhöhle mit Medikamenten auf die Gesichts- und Mundpflege zu achten. Grundsätzlich empfiehlt der Kinderpneumologe, so früh wie möglich auf die Inhalation mit Mundstück umzusteigen, die zehnmal effektiver sei. „Nahezu jedes Kind ab dem vierten Lebensjahr akzeptiert das Mundstück“, so seine Erfahrung.

Ältere Kinder lernen am Modell – ob durch eine Videosequenz oder das Vormachen durch die Eltern oder medizinisches Personal. „Das wiederholte Vormachen, die Imitation des Atemmanövers, ist wichtiger als Reden und Erklären“, unterstreicht Yvette Jung, Kinderkrankenschwester und Dozentin an der Asthmaakademie der Hochgebirgsklinik Davos [2]. Geduld sei wichtiger als übertriebener Perfektionismus. Positive Erlebnisse, wie die Verbesserung einer Obstruktion, führten mit der Zeit von selbst zu höherer Akzeptanz der Therapie. Das gelte im Übrigen nicht nur für Kinder, sondern auch für ältere Patienten. 

Literatur

 [1] Bauer KH, Frömming KH, Führer: Lehrbuch der pharmazeutischen Technologie. 6. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart 1999

 [2] Inhalation mit Kindern – von der Auswahl des Device bis zur Motivation. CME-Webinar der PARI Akademie vom 28. Februar 2023, www.pari.com/de/aerzteportal/akademie-fuer-aerzte/, Abruf: 29. September 2023

 [3] Kircher W. Arzneiformen richtig anwenden. 2. Auflage, Deutscher Apotheker Verlag Stuttgart

 [4] Inhalator auf Rezept. www.inhalation.de/richtig-inhalieren/inhalator-auf-rezept/, Abruf: 29. September 2023

 [5] Fischer R, Jain A, Jukic F et al. (Fa. Pari) Performance variability of commercial jet nebuliser systems measured with European standard and its clinical implication. The Aerosol Society Drug Delivery to the Lungs 33, Edinburgh 2022, https://ddl-conference.com/wp-content/uploads/2022/11/91.Fischer.pdf

 [6] Eckes T. Richtig inhalieren – so geht’s. Apotheken Umschau online, www.apotheken-umschau.de/krankheiten-symptome/infektionskrankheiten/richtig-inhalieren-so-geht-s-708809.html#was-passiert-beim-inhalieren

 [7] Rhinosinusitis. S2k-Leitlinie, Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e.    V., Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e. V., AWMF-Register-Nr. 017/049 und 053-012

 [8] Möller W, Saba GK, Haussinger K et al. Nasally inhaled pulsating aerosols: lung, sinus and nose deposition. Rhinology 2011;49(3):286-291, doi: 10.4193/Rhino10.268, PMID: 21858257

 [9] Haidl P et al. Inhaled isotonic alkaline versus saline solution and radioaerosol clearance in chronic cough. European Respiratory Journal 2000;16:1102­1108

[10] Fox LM, Foushee JA, Jackson DJ et al. Visual compatibility of common nebulizer medications with 7% sodium chloride solution. Am J Health Syst Pharm 2011;68(11):1032-1035, doi: 10.2146/ajhp100335, PMID: 21593232

[11] Positionspapier zur praktischen Umsetzung der apparativen Differenzialtherapie der akuten respiratorischen Insuffizienz bei COVID-19. Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V. (DGP) 2020;74(06):337-357 DOI: 10.1055/a-1157-9976


Ralf Schlenger, Apotheker. Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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