Rote-Hand-Brief

Apotheker sollen Topiramat-Patientinnen zum Arzt-Besuch raten

Stuttgart - 02.11.2023, 09:15 Uhr

Topiramat ist in der Schwangerschaft kontraindiziert, es sei denn, es gibt keine geeignete alternative Behandlung. (Symbolfoto: Andrey Popov / AdobeStock)

Topiramat ist in der Schwangerschaft kontraindiziert, es sei denn, es gibt keine geeignete alternative Behandlung. (Symbolfoto: Andrey Popov / AdobeStock)


Die Anwendung von Topiramat kann für das ungeborene Kind gefährlich werden – auch in der Indikation der Epilepsie. Deshalb wird jetzt ein Schwangerschaftsverhütungs-Programm implementiert. Darüber informiert aktuell ein Rote-Hand-Brief.

Topiramat kann in der Schwangerschaft zu Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen führen und ist deshalb in dieser Zeit bei Migräne kontraindiziert. In der Epilepsie galt bislang zwar keine Kontraindikation, doch auch dort sollte Topiramat nur als Arzneimittel der letzten Wahl angewandt werden. Das machte der Pharmakovigilanzausschuss (PRAC) der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) bereits im September deutlich. Es wurde dazu auch ein Rote-Hand-Brief angekündigt, der nun erschienen ist. Er informiert über die Implementierung eines Schwangerschaftsverhütungsprogramms.

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Im Sinne dieses Programms sollen für die Behandlung der Epilepsie nun neue Kontraindikationen gelten:

  • „in der Schwangerschaft, es sei denn, es gibt keine geeignete alternative Behandlung;
  • bei Frauen im gebärfähigen Alter, die keine hochwirksame Empfängnisverhütung anwenden. Einzige Ausnahme ist eine Frau, für die es keine geeignete Alternative gibt, die aber eine Schwangerschaft plant und die umfassend über die Risiken der Einnahme von Topiramat während der Schwangerschaft informiert worden ist.“

Wenden Frauen im gebärfähigen Alter derzeit Topiramat an, soll die Behandlung neu bewertet werden. Ansonsten soll die Notwendigkeit einer Behandlung generell mindestens einmal jährlich neu beurteilt werden. Vor Beginn der Behandlung sei immer ein Schwangerschaftstest durchzuführen. Grundsätzlich sollte die Therapie von – in der Behandlung von Epilepsie oder Migräne – erfahrenen Ärzten eingeleitet und überwacht werden, heißt es.

Weitere Elemente des Schwangerschaftsverhütungs-Programms umfassen u. a.:

  • Die Notwendigkeit einer fachärztlichen Beratung, wenn die Frau eine Schwangerschaft plant und die sofortige Kontaktaufnahme mit einem Facharzt, wenn sie schwanger ist oder vermutet schwanger zu sein.
  • Eltern bzw. Betreuer von Mädchen, die Topiramat einnehmen, sollten die Notwendigkeit verstehen, einen Facharzt zu kontaktieren, sobald bei dem Mädchen die erste Regelblutung einsetzt.
  • Während der Behandlung und für mindestens vier Wochen danach sollte mindestens eine hochwirksame Verhütungsmethode (z. B. ein Intrauterinsystem) oder zwei sich ergänzende Verhütungsmethoden, einschließlich einer Barrieremethode, angewendet werden.
  • Soll Topiramat abgesetzt werden, muss über die Risiken einer unkontrollierten Epilepsie für die Schwangerschaft aufgeklärt werden.
  • Auf der Umverpackung aller Topiramat-haltigen Arzneimittel wird ein zusätzlicher Warnhinweis aufgebracht.
  • Behördlich genehmigtes Schulungsmaterial und eine Patientenkarte sollen ausgehändigt werden.

Wann die Patientenkarte verfügbar wird, ist derzeit noch nicht bekannt (Stand 30. Oktober 2023). Die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) bittet Apotheker:innen nun, Betroffenen zu einem Arztbesuch zu raten, damit die Topiramat-Behandlung gegebenenfalls erneut beurteilt werden kann.

Literatur

Mitteilung der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK). 23/44 Information der Hersteller. Rote-Hand-Brief zu Topiramat-haltigen Arzneimitteln: Implementierung eines Schwangerschaftsverhütungs-Programms. Veröffentlichung: 2. November 2023


Deutsche Apotheker Zeitung / dm
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