Beschluss zur Sicherstellung der Arzneimittelversorgung

Länderchefs pochen auf auskömmliche Vergütung der Apotheken

Berlin - 07.11.2023, 17:00 Uhr

Die Länderchefinnen und -chefs wissen, was sie an den Apotheken vor Ort haben. (Foto: Imago images / Hanno Bode)

Die Länderchefinnen und -chefs wissen, was sie an den Apotheken vor Ort haben. (Foto: Imago images / Hanno Bode)


Auch wenn das Topthema Migration alles überstrahlte: Beim jüngsten Bund-Länder-Treffen haben sich die Regierungschefinnen und -chefs der Länder auch mit der Sicherstellung der Arzneimittelversorgung beschäftigt. In diesem Zuge bekräftigten sie die Bedeutung von wohnortnahen und inhabergeführten Apotheken – und forderten erneut eine auskömmliche Vergütung. ABDA-Präsidentin Overwiening begrüßte dieses klare Bekenntnis.

Gestern hatten sich die Regierungschefinnen und -chefs der Länder in Berlin mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) getroffen. Im Zentrum der medialen Aufmerksamkeit stand im Anschluss an die nächtliche Sitzung eine Einigung beim Thema Asylbewerber und Migration. Doch auf der Agenda fanden sich noch andere Themen – unter anderem die „Sicherstellung der Arzneimittelversorgung“.

Den zugehörigen Beschluss fassten die Länderchefs ohne den Bund. Doch sie machen nochmals deutlich, dass aus ihrer Sicht „dringender Handlungsbedarf“ hinsichtlich der Versorgung der Bevölkerung mit wichtigen Arzneimitteln besteht, insbesondere bei Kinderarzneimitteln.

Kaum Einfluss auf Produktion und Lieferketten

Laut dem im vorläufigen Ergebnisprotokoll festgehaltenen Beschluss betrachten die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder „mit Sorge, dass der deutsche Absatzmarkt für Arzneimittel aufgrund der aktuellen Erstattungspreispolitik für Pharmaunternehmen nicht mehr attraktiv ist“. Es habe eine zunehmende Produktionsverlagerung in Länder außerhalb der EU-Grenzen und eine Monopolisierung bei einzelnen Herstellern stattgefunden. Deutschland und die EU hätten kaum noch Einfluss auf Produktion und Lieferketten, kritisieren sie.

Auch wenn die Länder begrüßen, dass sich die Bundesregierung um bessere Rahmenbedingungen bemühe: Ausreichend seien die ergriffenen oder in Aussicht gestellten Maßnahmen noch nicht. Unter anderem fordern die Regierungschefinnen und -chefs, das bestehende Vergütungssystem für Arzneimittel insgesamt auf den Prüfstand zu stellen. Fehlanreize müssten identifiziert, Transparenz geschaffen sowie Anpassungen der Vergütungsstrukturen vorgenommen werden.

Wohnortnähe von Apotheken muss sichergestellt sein

Aber auch die Apotheken adressieren die Länderchefinnen und -chefs in ihrem Beschluss ausdrücklich. Sie bekennen sich zur inhabergeführten Apotheke, betonen die Bedeutung der Wohnortnähe für eine zuverlässige Arzneimittelversorgung und fordern eine auskömmliche Vergütung. Wörtlich heißt es im Beschluss:


„Die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder stellen zudem fest, dass es für eine sichere und zuverlässige Arzneimittelversorgung der Bevölkerung auch erforderlich ist, die Wohnortnähe sicherzustellen. Die inhabergeführte Apotheke vor Ort als wesentlicher Teil des Mittelstands versorgt die Bevölkerung zuverlässig und niederschwellig mit Arzneimitteln und leistet einen wertvollen Beitrag bei der angespannten Arzneimittelversorgungslage. Die Bundesregierung wird daher aufgefordert, gemeinsam mit den Beteiligten sowie den Ländern notwendige Regelungen, insbesondere im Hinblick auf eine auskömmliche Vergütung sowie im Hinblick auf die notwendige regulatorische Flexibilität im Kontext der andauernden Lieferengpässe, zu treffen, um die inhabergeführte Apotheke in ihrer jetzigen Form dauerhaft in der Fläche zu erhalten und eine bestmögliche Arzneimittelversorgung im Kontext der Lieferengpässe sicherzustellen.“

Vorläufiges Ergebnisprotokoll der Konferenz der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder vom 6. November 2023 in Berlin


Dass sich die Länder fest an die Seite der Apotheken stellen, ist nichts Neues. Auch, dass die Bundesregierung sich um eine auskömmliche Vergütung kümmern müsse, wurde im Bundesrat bereits vorgetragen. Darauf weist auch ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening hin, die den Länderbeschluss nur begrüßen kann: „Die Bundesländer haben sich in den vergangenen Monaten mehrfach schützend vor die inhabergeführte Apotheke gestellt. Erst im Mai hatten sie gefordert, dass die Apotheken mit Blick auf die Lieferengpass-Krise mehr Flexibilität und eine angemessene Honorierung benötigen“. Die Bundesregierung habe allerdings beides nicht umgesetzt. Obwohl Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach in Interviews gerne stolz über Erleichterungen für Apotheken spreche – etwa bei der Abgabe von Kinderarzneimitteln – sei genau das Gegenteil passiert, so Overwiening. „Durch neue, überkomplexe und bürokratische Regelungen ist es den Apotheken de facto nicht möglich, bei Nicht-Verfügbarkeit eines Kinderarzneimittels eine andere Darreichungsform abzugeben oder selbst ein Arzneimittel herzustellen“.

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Dass die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten die Bundesregierung nun zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres auf die Unverzichtbarkeit der Apotheken vor Ort hinweisen müssten, zeigt laut Overwiening, „dass hinter der Seifenblasenpolitik von Minister Lauterbach keine Inhalte stecken, die die Arzneimittelversorgung über unsere Apotheken nachhaltig sichern“. Jüngstes Beispiel sei der Plan des Ministers, „die Apothekenstruktur durch Scheinapotheken zu zerstören“.

Nimmt die Bundesregierung den Warnschuss wahr?

Die ABDA-Präsidentin weist erneut auch auf die wirtschaftliche Bedeutung der Apotheken hin: „Es ist schön, dass wenigstens die Bundesländer die Rolle der inhabergeführten Apotheken in unserer Gesellschaft verstanden haben.“ Als freie Heilberufler:innen böten sie rund 160.000 Menschen einen Arbeitsplatz. Fielen immer mehr Apotheken weg, falle nicht nur ein Teil der Versorgung weg, sondern auch Tausende wohnortnahe Arbeitsplätze. Overwiening: „Es bleibt zu hoffen, dass die Bundesregierung diesen erneuten Warnschuss aus den Ländern wahrnimmt und die Apotheken nun endlich stabilisiert. In unserem Protestmonat November werden wir daher weiter für den Erhalt dieses Systems kämpfen – in allen Regionen Deutschlands wird es daher zu jeweils eintägigen Apothekenschließungen und Kundgebungen kommen.“


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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