Wissenswertes zu Entstehung, Symptomen und Therapie

Allergische Pilzsinusitis

Stuttgart - 10.11.2023, 12:15 Uhr

Für eine seltene Form der allergischen Sinusitis sind Aspergillus-Arten verantwortlich. (Foto: siripimon2525/AdobeStock)

Für eine seltene Form der allergischen Sinusitis sind Aspergillus-Arten verantwortlich. (Foto: siripimon2525/AdobeStock)


Eine akute Sinusitis wird meist durch Viren oder seltener durch Bakterien hervorgerufen. Durch eine Entzündungsreaktion kommt es zum Anschwellen der Schleimhäute, die Patienten klagen neben einer verstopften Nase auch über einen Druckschmerz im Gesicht. Doch eine solche Nebenhöhlenentzündung kann auch durch eine allergische Reaktion auf Pilze entstehen. Was genau passiert bei der allergischen Pilzsinusitis? Und wie wird diese behandelt?

Bei der allergischen Pilzsinusitis (allergische fungale Sinusitis, AFS) handelt es sich um eine Sonderform der Nasennebenhöhlenentzündung. Dabei kommt es zu einer allergischen Reaktion der Schleimhäute der Nasennebenhöhlen auf eingeatmete Pilzallergene. Die häufigsten Erreger sind Aspergillus-Arten, die im Boden, in Holz oder in verrottendem Pflanzenmaterial zu finden sind. 

Nach Kontakt mit der Nasenschleimhaut entwickelt sich eine IgE-vermittelte Entzündungsreaktion. Die ausgeschütteten Entzündungsmediatoren schädigen die Zilien, wodurch es zu einem verminderten Abtransport von Sekret kommt. Dies führt zu Gewebeödemen in den Nebenhöhlen. Der Pilz vermehrt sich und erhöht so die Antigenexposition in den Nasennebenhöhlen, wodurch ein sich selbst fortsetzender Kreislauf entsteht. 

Ungefähr 10 % der Patienten mit chronischer Rhinosinusitis oder Nasenpolypen leiden gleichzeitig an einer allergischen Pilzsinusitis. Bei Patienten mit Asthma, Allergien und allergischer bronchopulmonaler Aspergillose ist die Rate höher [1].

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Es gibt verschiedene Arten von Pilzsinusitis. Sie werden unterteilt in nicht invasive oder invasive Formen. Die allergische Pilzsinusitis ist die häufigste Form und gehört zu den nicht invasiven Typen. Während die nicht invasive Pilz­sinusitis hauptsächlich bei immunkompetenten Personen auftritt, kommt die invasive Sinusitis häufiger bei Immundefizienz vor.

Diagnose durch mehrere Parameter

Bei der Diagnostik einer Pilzsinusitis müssen mehrere Variablen berücksichtigt werden, unter anderem Laborparameter, das klinische Erscheinungsbild des Patienten oder histo­pathologische Ergebnisse einer Biopsie. 

Bei der allergischen Pilzsinusitis zeigen die mikroskopischen Befunde von befallenem Gewebe, das durch chirurgisches Debridement gewonnen wurde, Charcot-Leyden-Kristalle, wie sie auch bei Asthma-Patienten beobachtet werden. Charcot-Leyden-Kristalle bestehen aus Zellmembran-Bestandteilen eosinophiler Granulozyten. Im Nasenschleim der Patienten sind eosinophile Granulozyten sowie Pilzhyphen im Mucin nachweisbar. Darüber hinaus weisen die Patienten Nasenpolypen und erhöhte IgE-Spiegel im Serum auf. 

In den letzten Jahren wurden zunehmend Fälle von Pilzsinusitis gemeldet, möglicherweise aufgrund des weltweit zunehmenden Einsatzes von Immunsuppressiva und Antibiotika oder infolge der wachsenden Zahl chronischer Erkrankungen, die das Immunsystem unterdrücken. Diabetes, Chemotherapie, die Verwendung von Corticosteroiden und Immunsuppressiva prädisponieren Menschen für Pilzinfektionen der Nebenhöhlen [2].

Oft schleichende Entwicklung von Symptomen

Patienten mit allergischer Pilzsinusitis weisen normaler­weise Symptome einer Obstruktion der oberen Atemwege, einer allergischen Rhinitis oder einer chronischen Sinusitis auf, zu denen eine verstopfte Nase, eitriges Nasensekret oder Kopfschmerzen gehören. Oftmals ist das Erscheinungsbild einer allergischen Pilzsinusitis subtil. Patienten klagen typischerweise über eine allmähliche Verengung der oberen Atemwege und die Bildung halbfester Nasenkrusten. Die Entwicklung kann so schleichend verlaufen, dass sie für den Patienten zunächst unbemerkt bleibt. Vor allem bei Vorliegen einer Gesichtsdysmorphie, also einer Abweichung von der normalen Gesichtsanatomie, verläuft die Erkrankung oft so langsam, dass sie vom Patienten und den Familienmitgliedern nicht bemerkt wird. Schmerzen treten bei Patienten mit allergischer Pilzsinusitis selten auf und lassen auf das gleichzeitige Vorliegen einer bakteriellen Rhinosinusitis schließen. Manchmal kann die Ausbreitung einer allergischen Pilzsinusitis in umliegende anatomische Strukturen dramatische klinische Folgen haben, wie z. B. einem Sehverlust durch Kompression des Sehnervs [3].

Komplexe Therapie aus Chirurgie und Pharmakotherapie

Untersuchungen legen nahe, dass Atopie, kontinuierliche Antigenexposition und Entzündung eine Schlüsselrolle bei der Aufrechterhaltung der Krankheit spielen. Die individuelle Berücksichtigung jeder dieser Faktoren bietet die besten Chancen für eine langfristige Krankheitskontrolle. Dieser umfassende Behandlungsansatz setzt die vollständige Entfernung des gesamten Pilzschleims (was in der Regel einen chirurgischen Eingriff erfordert) und die langfristige Verhinderung eines erneuten Befalls durch entweder Immunmodulation (Immuntherapie und/oder Corticosteroide) oder fungistatische Mittel voraus. Jedes Rezidiv sollte ebenfalls operativ behandelt werden [3].

Corticosteroide zur Rezidivprophylaxe

Die stark entzündungshemmende und immunmodulatorische Wirkung von Corticosteroiden scheint gut geeignet zu sein, das Wiederauftreten der Krankheit zu kontrollieren. In Studien konnte eine signifikante Verlängerung der Zeit bis zur erneuten Nasennebenhöhlenoperation bei Patienten mit allergischer Pilzsinusitis, die längere Behandlungs­zyklen (zwei bis zwölf Monate) mit postoperativen Corticosteroiden erhielten, gezeigt werden. Das optimale Dosierungsschema und die optimale Therapiedauer sind derzeit jedoch noch unklar. Nachteilig sind zahlreiche potenzielle Nebenwirkungen wie z. B. Wachstumsverzögerung, Osteoporose und Bluthochdruck.

Topische Corticosteroide haben aufgrund der begrenzten Bioverfügbarkeit ein günstigeres Nebenwirkungsprofil als systemische [2, 3]. Sie haben jedoch vor der Operation nur einen begrenzten Nutzen, da der Nasenzugang für die lokale Applikation eingeschränkt ist. In der postoperativen Behandlung werden sie zur Kontrolle lokaler Entzündungen eingesetzt.

Spezifische Immuntherapie und Biologicals

Die spezifische Immuntherapie (Hyposensibilisierung) kann möglicherweise eine Rolle in der Gesamtbehandlungsstrategie bei allergischer Pilzsinusitis spielen. In ver­schiedenen Studien konnten Patienten unter spezifischer Immuntherapie postoperativ die systemischen Corticosteroide absetzen, ohne dass sich eine Verschlechterung des klinischen Zustandes ergab. Des Weiteren verbesserten sich Parameter der Lebensqualität, und Schleimhautschwellungen gingen zurück. Um den Stellenwert der Immuntherapie in der Behandlung der allergischen Pilzsinusitis besser beurteilen zu können, benötigt es jedoch mehr Studien [3]. Momentan wird sie nur empfohlen, wenn andere Therapieoptionen ohne Erfolg bleiben [6].

Eine neuere Wirkstoffklasse in der Therapie der allergischen Pilzsinusitis sind Biologicals. Erste klinische Daten, die auf einen positiven Effekt hinweisen, gibt es zum Einsatz der monoklonalen Antikörper Dupilumab, Omalizumab und Mepolizumab [7].

Antimykotika

In einer kürzlich veröffentlichten Studie [4] untersuchten die Studienautoren den Nutzen von Itraconazol bei Patienten mit allergischer Pilzsinusitis. Die Studienteilnehmer erhielten zweimal täglich 200 mg Itraconazol oral über drei Monate. Dabei verbesserten sich klinische, radiologische und biochemische Parameter. Bei keinem Probanden traten schwere unerwünschte Wirkungen auf. Die Forscher folgerten draus, dass unter bestimmten Umständen eine alleinige Itraconazol-Therapie erwogen kann, vor allem wenn die Gabe von Corticosteroiden kontraindiziert ist. Eine Operation kann jedoch nicht umgangen werden [5].

Insgesamt liegen nur wenige Daten zu den Auswirkungen systemischer Antimykotika bei allergischer Pilzsinusitis vor. Darüber hinaus haben systemische Antimykotika einige potenziell schwerwiegende Nebenwirkungen, die bei der Verwendung dieser Medikamente in Betracht gezogen werden müssen. Zu den bekannten Komplikationen bei Anwendung von Amphotericin B gehören akutes Nierenversagen, Anämie, Agranulozytose, akutes Leberversagen, kardiopulmonale Hypertonie und hämorrhagische Gastroenteritis. Itraconazol und Fluconazol können zu medikamentenbedingten Herzrhythmusstörungen, Leberfunktions­störungen, Urtikaria und Anaphylaxie führen.

Einzelne Untersuchungen weisen darauf hin, dass die topische Anwendung von Antimykotika einen gewissen Nutzen bei der Kontrolle postoperativer Rezidive haben könnte. Jedoch fehlen auch hier umfassende Daten [3]. 

Literatur

[1] Thompson LDR. Allergic Fungal Sinusitis. Ear, Nose & Throat Journal 2011;90(3):106-107

[2] Akhondi H et al. Fungal Sinusitis [Updated 3. Juli 2023]. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; 2023 Januar, www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK551496/

[3] McClay JE et al. Allergic Fungal Sinusitis. 10. Februar 2022, Medscape, https://emedicine.medscape.com/article/834401-overview

[4] Shah et al. Prolonged Itraconazole Therapy as Sole Treatment for Patients with Allergic Fungal Rhinosinusitis. Laryngoscope 2023;28, doi: 10.1002/lary.30841. Epub ahead of print

[5] Dworschak P. Itraconazol bei allergischer Pilzsinusitis? Gelbe Liste 15.08.2023. www.gelbe-liste.de/hno/itraconazol-allergische-pilzsinusitis

[6] Chua AJ et al. Update on allergic fungal rhinosinusitis. Ann Allergy Asthma Immunol 2023;131(3):300-306, doi: 10.1016/j.anai.2023.02.018, Epub 26. Februar 2023

[7] Luong AU et al. Allergic Fungal Rhinosinusitis: The Role and Expectations of Biologics. J Allergy Clin Immunol Pract 2022;10(12):3156-3162, doi: 10.1016/j.jaip.2022.08.021, Epub 24. August 2022


Dr. Sabine Fischer, Apothekerin, DAZ-Autorin
redaktion@daz.online


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