Mitgliederversammlung AV Brandenburg

Behrendt: Apothekerschaft „vom Spielfeldrand aufs Spielfeld“

Bad Belzig - 13.11.2023, 13:45 Uhr

Fand scharfe Worte in Richtung BMG und Krankenkassen: Der Vorsitzende des Apothekerverbands Brandenburg, Olaf Behrendt. (Foto: AVB)

Fand scharfe Worte in Richtung BMG und Krankenkassen: Der Vorsitzende des Apothekerverbands Brandenburg, Olaf Behrendt. (Foto: AVB)


„Die Welt ist aus den Fugen“, sagte der Vorsitzende des Apothekerverbands Brandenburg, Olaf Behrendt, in seinem Bericht auf der Mitgliederversammlung des Verbands in Bad Belzig. Er kritisierte, dass keine Konsequenzen aus der Pandemie gezogen wurden und lobte die neue Öffentlichkeitsarbeit der ABDA. Zudem kündigte er an, im kommenden Jahr sein Amt zur Verfügung zu stellen – bis dahin aber keine „Lame Duck“ sein zu wollen.

Die Lehren aus der Pandemie wurden nicht aufgearbeitet, die Arzneimittelversorgung leidet unter einem „Spardiktat“, die Apotheken sind so präsent in den Medien wie noch nie – aber die Gründe hierfür sind keine guten: Der Vorsitzende des Apothekerverbands Brandenburg, Olaf Behrendt, zog bei der 41. Mitgliederversammlung des Verbands die Bilanz eines turbulenten Jahrs. „Die Welt ist aus den Fugen“, fasste er in Anwesenheit von ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening die Situation mit den Worten von Shakespeares Hamlet zusammen. Am vergangenen Freitag und Samstag hatte der Verband zum traditionellen Apothekerforum geladen, dieses Jahr fand die Veranstaltung in Bad Belzig statt.

Man sei betroffen von Verwerfungen, die nicht nur auf das Gesundheitssystem begrenzt seien, sondern eine gesamtgesellschaftliche Dimension hätten, so Behrendt. So seien in der Pandemie die Freiheitsrechte eingeschränkt gewesen, wie seit dem Mauerfall nicht mehr. Die Gesellschaft sei gespalten. Eine „Befriedung“ durch Aufarbeitung der Pandemie habe es aber wegen des Ukraine-Kriegs, der Inflation und dem Konflikt in Nahost nicht gegeben. Für eine kommende Pandemie konnte keine Konsequenz gezogen werden.

Dabei hätten Apothekerinnen und Apotheker in der Zeit Unglaubliches geleistet und „den Karren aus dem Dreck gezogen“. Von der Politik allerdings gab es dazu nur „lauwarme Worte“, und dass die Leistungen adäquat bezahlt worden seien, würde der Apothekerschaft nun vorgeworfen.

Krankenkassen als „Zechpreller“ und „Wegelagerer“

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) jedenfalls habe nichts aus der Pandemie gelernt. Mit Blick auf die von ihm geplanten Gesetze zur „Liberalisierung“ des Apothekensystems warf Behrendt ihm vor, „Fakenews“ und „Halbwahrheiten“ zu verbreiten. Er zünde in Talkshows „Nebelkerzen“ und viele gingen ihm auf den Leim. Dabei habe Behrendt von einem Minister noch nie eine solche „Ignoranz und Arroganz“ erlebt und eine so „geringe Wertschätzung für Heilberufler“. Ihm erschließe sich nicht, was an dem sozialdemokratischen Bundesminister sozial oder demokratisch sein wolle. Auch die Krankenkassen bekamen ihr Fett weg. Für sie falle ihm kein besserer Begriff ein als „Zechpreller“ und „Wegelagerer“.

„Dank dafür? Pustekuchen!“

Zu den Lieferengpässen sagte Behrendt, man dürfe zwar die Daseinsvorsorge nicht dem Markt überlassen, allerdings habe der Preis der Arzneimittel nichts mehr mit ihrem Wert zu tun. Dies führe auch zu einer gefährlichen „Bagatellisierung“. Auch mit Blick auf die Arzneimittelversorgung würden die Apothekerinnen und Apotheker bei den Lieferengpässen den „sozialen Frieden“ sichern. „Dank dafür? Pustekuchen!“

In diesem Zusammenhang lobte er die Öffentlichkeitsarbeit der ABDA, insbesondere auch von Kommunikationschef Benjamin Rohrer. Man sei „vom Spielfeldrand aufs Spielfeld“ gekommen. Die Gründe dafür, dass in den Medien nun aber so oft die Stimmen der Apothekerschaft zu hören seien, seien aber keine guten. Dennoch sei er froh, dass die Forderungen der Apothekerschaft nun „klar“ kommuniziert werden. Er lobte ABDA-Präsidentin Overwiening für ihre Arbeit und kritisierte die „Unverschämtheiten“, die in den „asozialen Medien“ verbreitet würden. Das sei nur „schwer zu ertragen“.

Keine „Einsparpotenziale“ bei ABDA

Die Arbeit der Verbände habe sich stark verändert und sei sehr viel politischer geworden. Es sei unglaublich, welche Arbeit die ABDA hier leiste, so Behrendt. Er verteidigte die „dramatische Beitragserhöhung“ und erklärte, er sehe keine „Einsparpotenziale“. Die ABDA müsse „handlungsfähiger“ gemacht werden.

„Voll bis zum Ende einsetzen“

Zum Ende seines Berichts hatte Behrendt noch eine Botschaft zu seiner Person: Er werde zur Mitte des kommenden Jahres sein Amt zur Verfügung stellen, es sei ohnehin so geplant gewesen, dass er es nur übergangsweise übernehme. Damit sei dies die letzte Mitgliederversammlung, die er leite. Ihm sei diesbezüglich wichtig festzustellen, dass man den Verband an die in zunehmendem Maße politische Arbeit gut angepasst habe. Zudem hob er die gute Zusammenarbeit mit der Kammer in Brandenburg hervor und den Umstand, dass man die Belange des Bundeslandes gut in der ABDA vertreten habe.

Er wolle aber in den kommenden Monaten keine „Lame Duck“ sein, wie man in den USA sage. Er werde sich nicht ausruhen, sondern „voll bis zum Ende einsetzen“. Und auch wenn er nach seiner Amtszeit gerne – wenn darum gebeten – mit Rat zur Verfügung stehe, werde er „auf keinen Fall irgendwelche Ratschläge von der Seitenlinie geben“.


Matthias Köhler, DAZ-Redakteur
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Dramatische Beitragserhöhung ABDA?

von Roland Mückschel am 13.11.2023 um 16:09 Uhr

Auch Pustekuchen!

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