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Kommentar zu Krankenkassen-Ideen in der Honorardebatte
3-Prozent-Komponente hilft nicht bei steigenden Fixkosten
Die Krankenkassen verweisen in der Honorardebatte zunehmend auf die 3-Prozent-Komponente in der Apothekenhonorierung. Doch die ist weder als Inflationsausgleich für die Fixkosten noch als Gewinnquelle gedacht. Darum lenkt dies alles nur von den dringenden Honorarforderungen der Apotheker ab, erläutert DAZ-Redakteur Dr. Thomas Müller-Bohn in einem Kommentar.
Die Gründe für eine Anpassung des Apothekenhonorars sind 20 Jahre nach Einführung des Kombimodells und über 10 Jahren nach der vorigen Mini-Anpassung des Rx-Festzuschlags offensichtlich. Darum werden die Gedankengänge, die als Gegenargumente herhalten sollen, immer abwegiger. Die GKV hat offenbar die kaufmännische Komponente von 3 Prozent auf den Apothekeneinkaufspreis als neues Thema für ihre Positionierung entdeckt. In einem neuen Erklärvideo zur Apothekenhonorierung bezeichnet der GKV-Spitzenverband diese Komponente als „wichtigsten Posten“.
Festzuschlag ist die weitaus größte Honorarkomponente
Doch das soll offenbar nur von den dringenden Forderungen der Apotheker ablenken. Denn die Zahlen ergeben ein ganz anderes Bild. Sie zeigen, dass die GKV das meiste Geld an die Apotheken packungsbezogen zahlt. Nach Angaben des Nacht- und Notdienstfonds wurden im Jahr 2022 von den Apotheken etwa 754 Millionen Rx-Packungen abgegeben. Unter Berücksichtigung der PKV und der Selbstzahler bei nicht erstattungsfähigen Rx-Arzneimitteln dürften davon vorsichtig geschätzt mindestens 80 Prozent zulasten der GKV abgerechnet worden sein, also mindestens 603 Millionen Rx-Packungen. Bei 8,35 Euro Festzuschlag, damals noch 1,48 Euro Netto-Kassenabschlag (1,77 Euro brutto), 21 Cent für den Notdienst- und 20 Cent für den Dienstleistungsfonds ergibt das 7,28 Euro pro Rx-Packung und mindestens 4,39 Milliarden Euro packungsbezogene Honorierung für die Apotheken. Insgesamt gab die GKV im Jahr 2022 nach Angaben der ABDA 42,95 Milliarden Euro für Arzneimittel aus, davon 13,4 Prozent für die Wertschöpfung der Apotheken, also etwa 5,76 Milliarden Euro. Demnach blieben neben (mindestens) 4,39 Milliarden Euro packungsbezogener Honorierung nur (höchstens) 1,37 Milliarden Euro für alles andere, also den 3-Prozent-Zuschlag und die Apothekenhonorierung für Rezepturen und OTX-Arzneimittel. Der packungsbezogene Festzuschlag ist demnach die weitaus größte und damit wichtigste Honorarkomponente, nicht die 3 Prozent.
Nach der Rückkehr der Zinsen reichen 3 Prozent oft nicht mehr
Das ist ja gerade das Problem, lässt sich aus Apothekensicht dazu sagen. Denn die prozentuale Komponente hat eine immanente Anpassung, der viel größere übrige Teil der Honorierung aber nicht. Die Anpassung, die in der vergleichsweise kleinen 3-Prozent-Komponente steckt, hilft den Apotheken aber nicht weiter. Das liegt am Konzept des Kombimodells. Die 3 Prozent sind nämlich gerade so bemessen, dass sie die wertabhängigen Kosten decken sollen. Das sind umsatzabhängige Beiträge, Versicherungsprämien, Abrechnungsgebühren und Gebühren für Zahlungssysteme, das Bruch-, Verfall- und Retaxrisiko und vor allem die Finanzierung. Die Kosten für die Finanzierung hängen natürlich wesentlich von den Zinsen ab. Darum konnten die Apotheken in der Zeit der Nullzinsen mit der 3-Prozent-Komponente einige Defizite aus der fehlenden Anpassung des Festzuschlags kompensieren. Das erklärt teilweise, warum das System in 20 Jahren ohne nennenswerte Anpassung nicht zusammengebrochen ist. Doch mit der Rückkehr der Zinsen reicht der 3-Prozent-Zuschlag oft nicht einmal mehr für seinen eigentlichen Zweck. Das wird insbesondere bei den Hochpreisern deutlich. Aus dieser Komponente ist also nichts mehr herauszuholen. Sie kann nicht als Inflationsausgleich dienen. Die Lücke beim Festzuschlag ist damit offensichtlich.
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Kassen schießen sich auf die 3-Prozent-Marge ein
Es bleibt festzuhalten, dass der magere 3-Prozent-Zuschlag nie als Quelle für den Gewinn gedacht war. Sowohl der Gewinn als auch die Kosten für das Personal und die Apothekeninfrastruktur müssen aus dem Festzuschlag finanziert werden. Das Personal und die Apothekeninfrastruktur sind die größten Kostenpositionen, und sie sind unverzichtbar, damit die Apotheken ihre Leistungen für die GKV-Versicherten erbringen können. Darum müssen sie auch von der GKV finanziert werden. Es kann nur als schäbig betrachtet werden, wenn die GKV die Apotheken beim nötigen Inflationsausgleich auf einen Nebenaspekt der Honorierung verweist, der einem anderen Zweck dient.
Kombimodell: noch ernst gemeint?
Wenn die Gedankengrundlage des Kombimodells nun so verdreht wird wie in den jüngsten Positionierungen der Krankenkassen zur 3-Prozent-Komponente, müsste das Modell als gescheitert betrachtet werden. Dann müsste die ABDA die Rückkehr zu einer überwiegend prozentualen Honorierung fordern. Deshalb geht es bei der überfälligen Anpassung des Rx-Festzuschlags auch darum, ob alle Beteiligten überhaupt noch zum Kombimodell stehen, das einst auf Drängen der Politik eingeführt wurde. Das betrifft nicht nur die Krankenkassen, sondern vor allem die Politik.
2 Kommentare
prozentualer Aufschlag?
von Karl Friedrich Müller am 16.11.2023 um 9:12 Uhr
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AW: prozentualer Aufschlag
von Karl Friedrich Müller am 16.11.2023 um 9:30 Uhr
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