Kammerversammlung Brandenburg

Dobbert: „Wir müssen viele sein und wir müssen laut sein!“

Potsdam - 23.11.2023, 17:45 Uhr

Jens Dobbert rief zum Protest am 29. November in Dresden auf. (Foto: LAKBB)

Jens Dobbert rief zum Protest am 29. November in Dresden auf. (Foto: LAKBB)


Die Kammerversammlung der Landesapothekerkammer Brandenburg am gestrigen Mittwoch stand ganz im Zeichen des Protestmonats November. Kammerpräsident Jens Dobbert sezierte die Reformpläne des Bundesgesundheitsministers und appellierte an die Kolleginnen und Kollegen, am kommenden Mittwoch in Dresden zu protestieren.

Während in Stuttgart der Protest der bayerischen und baden-württembergischen Apotheken stattfand, kamen am gestrigen Mittwoch in Potsdam der Vorstand und die Delegierten der Landesapothekerkammer Brandenburg zusammen. Präsident Jens Dobbert nahm in seinem Bericht zum Auftakt der Kammerversammlung die Ende September bekannt gewordenen Apothekenreform-Pläne des Bundesgesundheitsministers auseinander. „Lauterbach verkauft sich als Heilsbringer der Apothekerschaft“, erkläre er, doch dies ist ein „Trojanisches Pferd“. Für einige Politiker mögen die Ideen toll erscheinen – doch der Präsident brachte dazu folgenden Vergleich: „Das ist so, als ob die leitende Oberschwester, nachdem sie sich zuvor ein YouTube-Video dazu ansah, nun die Blinddarmoperation übernimmt. Und wenn es dann zu Komplikationen kommt, kann der Arzt ja per Video hinzugeschaltet werden.“ Für Dobbert ist klar: „Wir müssen das verhindern!“ Daher appellierte er an die Kolleginnen und Kollegen: „Füllen Sie die Busse, nehmen Sie Ihre Mitarbeiter mit zur Demonstration nach Dresden! Wir müssen viele sein und wir müssen laut sein!“

Keine Kammerversammlung in Potsdam ohne das Thema Pharmazie-Studiengang. Doch was die langjährigen und beharrlichen Bemühungen der Kammer zur Etablierung eines solchen Studiengangs in Brandenburg betrifft, konnte der Präsident auch diesmal keine frohen Botschaften verkünden. Nach wie vor werde man von der Landesregierung nicht erhört. Auch das „Leuchtturmprojekt“, eine Hochschule für Heilberufe in Cottbus zu errichten, finde keinen Anklang. Stattdessen stelle man sich am Innovationszentrum Universitätsmedizin in der Lausitz eine interprofessionelle Zusammenarbeit der Mediziner mit Hebammen und Pflegekräften vor. Die Apotheker blieben außen vor.

Notdienst-Pilotprojekt läuft auf

Um den Kolleginnen und Kollegen angesichts des hohen Fachkräftemangels Entlastung zu verschaffen, hat sich die Kammer Brandenburg um eine Neuregelung des Notdienstes mit einer Verlängerung des Dienstintervalls bemüht. Allerdings ist sie mit diesem als Pilotprojekt angelegten Vorschlag wiederholt bei der zuständigen Ministerin gescheitert. 

Zumindest die im vergangenen März neu eingeführte Allgemeinverfügung verschafft den brandenburgischen Apotheken mehr Flexibilität in der Gestaltung ihrer Öffnungszeiten. Statt fester Mindestöffnungszeiten gibt es nun die Möglichkeit, Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag in der Zeit von 9 bis 18 Uhr mindestens sechs Stunden und mittwochs mindestens drei Stunden zu öffnen. Wann genau die Arbeitszeiten liegen, kann die Apotheke angesichts ihrer Personalausstattung selbst festlegen. Genutzt werden sollen diese Möglichkeiten nur, wenn angesichts des Personalmangels keine andere Lösung gefunden werden kann. Die Nutzung dieser Regelung soll nun evaluiert werden. 

Pharmazeutische Dienstleistungen anbieten!

So schwierig die Rahmenbedingungen auch sind: Für Dobbert ist der Apothekerberuf noch immer einer der schönsten Berufe – gerade jetzt könnten Apotheker*innen durch die pharmazeutischen Dienstleistungen auch wirklich pharmazeutisch tätig werden. Allerdings sei dies wegen des Personalmangels sehr schwierig umzusetzen. Er ermunterte die Kollegen und Kolleginnen dennoch, den Anfang zu machen und pharmazeutische Dienstleistungen anzubieten. Es sei eine tolle Sache und die Patienten dankten es.

Trotzdem brauche es endlich eine faire Vergütung für die ureigene Hauptaufgabe der Apotheken, nämlich der Arzneimittelversorgung – auch um die Angestellten in den Apotheken fair entlohnen zu können, wie Dobbert betonte. Im Jahr hätten 2023 in Brandenburg mehr Apotheken geschlossen als in den Jahren 2015 bis 2020 zusammen. Zudem gebe es in Brandenburg 126 Apotheken, die außer dem Inhaber beziehungsweise der Inhaberin kein weiteres approbiertes Personal mehr haben. Auch diese Apotheken stünden nicht mehr unendlich lange zur Verfügung.

Beschluss zu ZL-Rezepturcheck

Trotz aller aktuellen Widrigkeiten wird in den Brandenburger Apotheken die Qualität der Arzneimittelversorgung weiterhin hochgehalten. Viele haben auch während der Pandemie freiwillig an Rezeptur- oder Blutringversuchen sowie Pseudo Customer-Besuchen teilgenommen. Zudem beschloss die Kammerversammlung nun die Teilnahme aller brandenburgischen Apotheken an einem ZL-Rezepturcheck im Jahr 2024 als externe Qualitätssicherungsmaßnahme für die Rezepturqualität.

Im Verlauf der Versammlung wurde der deutlich gestiegene ABDA-Haushalt thematisiert. In diesem Zusammenhang würdigte Dobbert das Engagement und die Entschlossenheit von ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening. Sie habe es geschafft, die Apothekerschaft wieder im politischen Berlin zu etablieren. „Wir brauchen eine schlagkräftige ABDA und dafür brauchen wir Geld.“ Den geplanten Daten-Hub der ABDA sieht Dobbert hingegen kritisch. Die Gelder dafür sollten eher für die Öffentlichkeitsarbeit genutzt werden.

Befürchtungen der Kammermitglieder, dass jetzt auch ihre Kammerbeiträge steigen, konnten ausgeräumt werden. Der Haushaltsplan der Kammer für 2024 sieht keine Beitragserhöhungen vor. 


Deutsche Apotheker Zeitung
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