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Aktualisierte Leitlinie
Ambulant erworbene Gastroenteritis – leitliniengerecht beraten
Die S2k-Leitlinie Gastrointestinale Infektionen wurde überarbeitet. In einem ihrer Kapitel widmet sie sich auch ambulant erworbenen Gastroenteritiden – einem Erkrankungsbild, das regelmäßig Menschen in die Apotheke führt. Sollte diesen Kund:innen zur Einnahme von Probiotika geraten werden? Ist Schonkost noch zeitgemäß? Und welche Empfehlungen gibt es für Antidiarrhoika wie Kohle oder Loperamid.
Berechnungen zufolge treten in Deutschland jährlich 65 Millionen Episoden von Durchfallerkrankungen auf [1]. In den meisten Fällen liegen infektiöse Ursachen zugrunde. Die Betroffenen haben sich also mit Bakterien, Viren, Protozoen oder Würmern angesteckt, die nun das Gleichgewicht in Magen und Darm durcheinanderbringen. Eine in der Regel von Durchfall begleitete Erkrankung ist die akute infektiöse Gastroenteritis, umgangssprachlich oft als „Magen-Darm“ bezeichnet. Die aktualisierte S2k-Leitlinie „Gastrointestinale Infektionen“ [2] definiert diese wie folgt:
„Eine akute infektiöse Gastroenteritis (AGE) ist durch eine plötzliche Änderung der Stuhlfrequenz und Stuhlkonsistenz über das individuell übliche Maß hinaus (über 3x täglich) und fakultativ auch mit Erbrechen und Fieber gekennzeichnet und soll primär mit einer ausreichenden Flüssigkeits- und Elektrolytsubstitution behandelt werden.“
Die wichtigste therapeutische Maßnahme ist damit auch bereits abgesteckt: Der Ersatz von durch Durchfall und Erbrechen verlorener Flüssigkeit und Elektrolyte. An dieser Stelle spricht sich die Leitlinie nachdrücklich für den Einsatz von Oralen Rehydratationslösungen (ORL) aus, die zu zurückhaltend zum Einsatz kommen. Diese sind nicht nur „hausgemachten“ Lösungen vorzuziehen, sondern auch wann immer möglich der intravenösen Substitution [2]. Die Weltgesundheitsorganisation rät zu folgender ORL-Zusammensetzung:
- Glucose 13,5 g/L,
- Natriumchlorid 2,6 g/L,
- Kaliumchlorid 1,5 g/L und
- Natriumcitrat 2,6 g/L [3].
Nicht geeignet sind hingegen unverdünnte Fruchtsäfte, Leitungswasser oder Limonade (einschließlich Cola) [2].
„In der Häuslichkeit können bei milder akuter Gastroenteritis primär Wasser, Tees und verdünnte Fruchtsäfte als Flüssigkeitssubstitution zum Einsatz kommen, bis ORL aus der Apotheke zur Verfügung stehen. Andererseits sollten in jeder Hausapotheke auch 1–2 Packungen einer ORL vorrätig sein, die bei unbeschädigter Verpackung sehr lange haltbar sind.“
ORL soll nach jedem Stuhlgang eingenommen bzw. angeboten werden, wenn nötig löffel- oder schluckweise. Ein Kühlen der Lösung kann hierbei die Akzeptanz erhöhen.
Eine restriktive Diät sollte Erkrankten nicht empfohlen werden, solange keine Dehydratation vorliegt: „Die Betroffenen dürfen alles essen, was sie vorher gewohnt waren und was sie tolerieren.“ Als besonders geeignet beschreibt die Leitlinie eine blande, ballaststoffarme und fettreduzierte Kost wie z. B. gekochte Kartoffeln, Nudeln, Reis oder Hafer mit etwas Salz, Suppen, gekochtes Gemüse, Salzstangen, Bananen oder blander Joghurt. Dem Einsatz von Probiotika erteilt die Leitlinie eine Absage, hierfür gibt es keine hinreichende Evidenz.
Antiemetika, Antidiarrhoika, Antibiotika – ja oder nein?
Für den Einsatz von Antiemetika sowie das Antidiarrhoikum Loperamid sprechen die Autor:innen der Leitlinie eine „Kann“-Empfehlung für Erwachsene aus. Allerdings sollten Metoclopramid, Dimenhydrinat, Ondansetron und Co. nur kurzzeitig zum Einsatz kommen. Bei Kindern sollen diese Präparate nicht eingesetzt werden. Zu Racecadotril heißt es unterdessen „In Studien war die klinische Wirksamkeit vergleichbar zu Loperamid, das Präparat wird in Reiseberichten empfohlen, in Deutschland aber weiterhin im Praxisalltag kaum eingesetzt.“ Andere Antidiarrhoika, bspw. Apfelpulver, Heilerde oder Kohle, sollen laut Leitlinie unter Verweis auf fehlende kontrollierte Studien nicht eingesetzt werden.
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Und da auch die Frage nach der Notwendigkeit eines Antibiotikums im Beratungsgespräch immer wieder gestellt werden dürfte: Ein solches ist nur in Ausnahmefällen angezeigt. Zu diesen Ausnahmefällen zählen ein besonders schweres Krankheitsbild (hohes Fieber, blutig-schleimige Stühle, Sepsis) und eine funktionell relevante Immundefizienz. Ist eine Antibiose erforderlich, ist orales Azithromycin das Mittel der Wahl für die initiale empirische Therapie, alternativ kann ein Aminopenicillin kombiniert mit einem Betalaktamase-Inhibitor intravenös gegeben werden. Ungeeignet sind hingegen Cephalosporine der Gruppe 3a (aufgrund von Resistenzen) und Fluorchinolone (aufgrund des Nutzen-Risiko-Profils).
Literatur
[1] Wilking H, et al. Acute gastrointestinal illness in adults in Germany: a population-based telephone survey. Epidemiol Infect. 2013;141(11):2365-75. doi: 10.1017/S0950268813000046.
[2] S2k-Leitlinie Gastrointestinale Infektionen. Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e.V. November 2023. register.awmf.org/de/leitlinien/detail/021-024
[3] Oral rehydration salts. Leitlinie der Weltgesundheitsorganisation. 2006. www.who.int/publications/i/item/WHO-FCH-CAH-06.1
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