Dass wirtschaftlich schwache Apotheken durch die zuletzt massiv gestiegenen Kosten zunehmend in Schieflage geraten, steht außer Frage. Dass aber auch das Apotheken-Oberhaus deutlich unterfinanziert sein soll, ist für mich überraschend. Für Sie auch?
Sie zielen mit Ihrer Frage auf das von Ihnen vorgeschlagene Modell einer gestaffelten Erhöhung des Rx-Fixums nach Bedürftigkeit. Dazu folgende Modellrechnung: Wenn wir für das Oberhaus einen Jahresumsatz von mindestens sechs Millionen Euro ansetzen, dann sprechen wir von 1.800 Apotheken. Bei drei Milliarden Euro Honorarerhöhung – wie von der ABDA gefordert – bekäme bei einer Verteilung mit der Gießkanne jede Apotheke ca. 170.000 Euro. Würde man dem Oberhaus ein Drittel weniger geben, dann ergäbe sich ein Umverteilungsvolumen von gut 100 Millionen Euro.
Würde man dieses gleichmäßig auf die 6.000 Apotheken am unteren Ende der Pyramide (mit Jahresumsätzen kleiner als zwei Millionen Euro) verteilen, dann bekäme jede Apotheke gerade mal 17.000 Euro zusätzlich. Dieser Wert basiert auf einer Erhöhung des Rx-Fixums auf zwölf Euro – bei zehn Euro wären es noch etwa 8.000 Euro. Ich bin überzeugt: Für diesen überschaubaren Betrag eine solche Systemänderung durchzuboxen, wäre falsch!
Wobei ein Drittel weniger an zusätzlichem Honorar für die Top-Apotheken – deren Gewinne sich häufig ohnehin schon jenseits der 500.000 Euro bewegen – weder ambitioniert noch Sozialismus-verdächtig klingt.
Rechtlich wäre das höchst problematisch. Durch meine liberale Prägung bin ich auch ordnungspolitisch strikt gegen Umverteilung: Menschen, die mehr erreicht haben als andere, etwas wegzunehmen – mit mir ist das nicht zu machen! Wir müssen in Deutschland wieder dahinkommen, Leistung zu belohnen – anstatt zu demotivieren. Anders ausgedrückt – frei nach einem bekannten Zitat von Abraham Lincoln: „Man macht die Armen nicht reicher, indem man die Reichen ärmer macht.“
Deckt sich die Aussage von Christian Fehske im AWA-Interview (Ausgabe 15/2023), wonach große, umsatzstarke Apotheken signifikant niedrigere Umsatzrenditen einfahren würden als kleine, mit den externen RST-Betriebsvergleichszahlen?
Das sehen wir anders: Große Apotheken haben nach unseren Zahlen keine schlechteren Renditen als kleine, allein schon wegen der Fixkostendegression. Ein Blick in die RST-Betriebsvergleichszahlen zeigt mir, dass unsere größeren Mandanten durchschnittlich Renditen von sechs Prozent erwirtschaften.
Recht hat Herr Fehske hingegen mit seiner Einschätzung, dass große Player mit Spezialbereichen wie Heimversorgung, Zytostatika, Versand etc. häufig eine deutlich niedrigere Umsatzrendite erwirtschaften. Das sind aber jeweils freie unternehmerische Entscheidungen.
Themenwechsel. Sind Karl Lauterbachs Reformpläne wirklich gleichzusetzen mit dem Untergang des Apotheken-Abendlandes?
Das hängt davon ab, wie ehrlich seine Aussagen auf dem Apothekertag gemeint sind: Hält er sich tatsächlich an die in Düsseldorf markierten roten Linien – Fremdbesitzverbot ist sakrosankt, eine Stärkung des Versandhandels nicht geplant, die Zahl der Apotheken keinesfalls zu hoch und eine Honorarreform in Planung – dann mache ich mir keine Sorgen. Hält er sich nicht an diese Versprechen und forciert im Gegenteil ein staatlich gesteuertes Apothekensystem mit Ketten, dann würde das die Branche hart treffen. Im Grunde ist Lauterbach von seinem Denken ein Sozialist, das sollten wir nicht vergessen.
Was ist so schlimm an einer stärkeren Flexibilisierung des Apothekenbetriebs – Stichwort „Apotheke light“ –, wie Sie auf vergangenen Apothekertagen ja sogar gefordert worden war?
1 Kommentar
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von Anita Peter am 06.12.2023 um 8:21 Uhr
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