Zunächst nur zur Prophylaxe

Dengue – erstmals Hoffnung auf Virostatikum

Stuttgart - 11.12.2023, 16:45 Uhr

Das Dengue-Virus (DENV) wird in die Serotypen DENV-1 bis 4 unterteilt. (Symbolfoto: Mauro Rodrigues / AdobeStock)

Das Dengue-Virus (DENV) wird in die Serotypen DENV-1 bis 4 unterteilt. (Symbolfoto: Mauro Rodrigues / AdobeStock)


Vor allem die zweite Infektion mit dem Dengue-Virus gilt als besonders gefährlich. Wer also nicht zum richtigen Zeitpunkt geimpft werden kann, muss weiterhin mit einem möglichen schweren Verlauf der Infektion rechnen. Ein Virostatikum gegen Dengue zur Therapie wäre somit wünschenswert, gibt es bislang aber nicht. Nun berichtet die Firma Janssen erstmals über einen erfolgversprechenden Wirkstoffkandidaten. Doch der hat noch einen langen Weg vor sich.

Nicht zuletzt, weil sich mittlerweile auch Reisende gegen das Dengue-Virus impfen lassen können, dringt der eigentlich tropische Krankheitserreger immer weiter auch hierzulande in das Risikobewusstsein vor. So wurde dieses Jahr beispielsweise auch über das Dengue-Fieber am Gardasee in Italien berichtet. Und auch in Deutschland sollen zumindest theoretisch und regional zur Übertragung geeignete Vektoren vorkommen (vor allem Aedes albopictus, die Asiatische Tigermücke).

Laut dem Epidemiologischen Bulletin 46/2023 zu importierten Infektionskrankheiten 2022 wurden vergangenes Jahr dem Robert Koch-Institut (RKI) 375 Denguefieber-Erkrankungen übermittelt. Zu den häufigsten Infektionsländern zählen demnach Kuba und, vor allem vor der Corona-Pandemie, Thailand. Aber auch Indien, Indonesien, die Malediven, Brasilien, Mexiko, Nepal, Costa Rica, die Philippinen und andere Länder wurden als Infektionsländer angegeben.

Die jährlich durch Reisende nach Deutschland importierten Dengue-Fälle unterliegen grundsätzlich starken Schwankungen – je nach der epidemiologischen Situation in den Infektionsländern und den Reiseströmen [1]. 

Noch gibt es keine spezifischen Arzneimittel gegen Dengue

Eine Impfung gegen Dengue könnte bei so manchem Reisenden also für leichteres „Gepäck“ sorgen und wird nun von der Ständigen Impfkommission (Stiko) auch erstmals offiziell empfohlen. Allerdings nur, wenn man bereits eine Dengue-Infektion hinter sich hat. Zum Hintergrund dieser Empfehlung erläuterte die Stiko kürzlich: „Die erste Infektion mit Dengue-Viren verläuft meist asymptomatisch oder mild. Schwere Verläufe sind bei Erstinfektion sehr selten. Bei Zweitinfektionen hingegen ist das Risiko für einen schweren Verlauf deutlich erhöht.“ Und: Anhand der vorliegenden Studiendaten könne derzeit nicht ausgeschlossen werden, dass bei Personen, die bisher noch keine Dengue-Infektion durchgemacht haben, eine erste Infektion nach der Impfung mit einem schweren Krankheitsverlauf einhergeht [2]. Ob mit oder ohne Impfung – ein Virostatikum zur Behandlung einer Dengue-Infektion wäre also wünschenswert. 

Wie sich eine Dengue-Infektion äußert

„Das Denguevirus, bei dem 4 Serotypen unterschieden werden, wird von vorwiegend tagaktiven Stechmücken in über 100 Ländern der Tropen und Subtropen übertragen. Es verursacht eine akute fieberhafte Erkrankung mit Kopf- und Gliederschmerzen und gelegentlich Hautausschlag. Die schweren, zum Teil tödlichen Verlaufsformen mit diffusen Blutungen (hämorrhagisches Denguefieber) und Kreislaufversagen (Dengue-Schock-Syndrom) treten vermehrt bei erneuter Infektion mit einem anderen Serotyp und vor allem bei in Endemiegebieten lebenden Kindern auf“ [3]. 

Infektionsepidemiologisches Jahrbuch für 2020, Erscheinungsdatum 20. September 2021

Doch gegen Dengue gibt es keine spezifischen Arzneimittel. Wer denkt, an Dengue erkrankt zu sein, sollte laut den US-amerikanischen „Centers for Disease Control and Prevention“ (CDC) einen Arzt aufsuchen und von seiner Reise berichten. Gegen die Schmerzen und das Fieber kann Paracetamol, aber keinesfalls Acetylsalicylsäure oder Ibuprofen eingenommen werden. Ansonsten sollte man sich schonen und viel Wasser trinken. Schwere Dengue-Fälle können 24 bis 48 Stunden nach Verschwinden des Fiebers an folgenden Symptomen erkannt werden [4]:

  • Bauchschmerzen
  • Erbrechen
  • Nasen- oder Zahnfleischbluten
  • Erbrechen von Blut oder Blut im Stuhl
  • Müdigkeit, Unruhe oder Reizbarkeit

Prophylaktisches Virostatikum in Phase-2a-Studie

Ende Oktober hat nun die Firma Janssen (Johnson & Johnson) in einer Pressemitteilung bekannt gegeben, ein orales Virostatikum gegen Dengue in einer Phase-2a-Studie zu untersuchen. Das Virostatikum mit dem Namen JNJ-1802 wird allerdings zunächst zur Prophylaxe von Dengue und nicht zur Therapie einer bestehenden Infektion untersucht. Es soll sich gegenüber Placebo bereits als sicher und wirksam gegen DENV-3 erwiesen haben [5].

Das Dengue-Virus (DENV) wird in die Serotypen DENV-1 bis 4 unterteilt. Während DENV-1 für den Menschen weniger virulent sein soll, sollen die vier Genotypen von DENV-2 sehr pathogen sein. DENV-3 wird in vier Genotypen unterteilt, von denen die südostasiatischen und indischen Genotypen für große Epidemien in den Jahren 1989/90 verantwortlich gewesen sein sollen. DENV-4 wird in drei Genotypen unterteilt [6].

Gesunde Proband:innen wurden mit DENV-3 infiziert

Es soll sich bei JNJ-1802 um das erste Virostatikum handeln, das in einer klinischen Studie eine Wirkung gegen DENV-3 zeigt. Dabei nahmen laut der Mitteilung und einem Bericht in „Science“ 31 gesunde Erwachsene 26 Tage lang täglich eine Dosis JNJ-1802 oder ein Placebo ein. Sie wurden am fünften Tag aktiv mit einer abgeschwächten Variante von DENV-3 infiziert, die vor allem einen Ausschlag hervorrufen soll. Insgesamt wurden die Proband:innen über 85 Tage beobachtet. Sechs von 10 Proband:innen, welche die höchste Dosis des Wirkstoffkandidaten erhalten hatte, sollen schließlich keine Anzeichen einer Infektion gezeigt haben. Bei den restlichen vier soll sich das Virus langsamer als in den Gruppen mit niedrigeren Dosierungen vermehrt haben. Drei dieser vier Proband:innen entwickelten dennoch Symptome.

Wirken soll JNJ-1802 durch die Hemmung einer Interaktion zwischen zwei viralen Proteinen. Da DENV-3 nur wenig sensitiv auf den Wirkstoffkandidaten reagieren soll, erhofft sich Janssen gegen die anderen Dengue-Serotypen eine noch größere Wirkung. Das geht aus einem Interview von „Science“ mit der Leiterin der aktuellen Janssen-Studie, Professorin Anna Durbin, hervor.

JNJ-1802 soll nun an über 30 Standorten in 10 Ländern auf seine prophylaktische Wirksamkeit gegen die zirkulierenden Dengue-Serotypen untersucht werden. Durbin gibt zu bedenken, dass es noch ein langer Weg bis zur Marktreife ist. Die Hauptaufgabe sei es zudem, irgendwann ein Virostatikum zur Therapie und nicht zur Prophylaxe zu entwickeln. Doch in diesem Fall stelle sich ein Wirksamkeitsnachweis als schwieriger dar, weil das Virostatikum zu einem passenden Zeitpunkt verabreicht werden müsse, an dem es noch nicht zu spät ist [5,7].

Literatur 

[1] Epidemiologisches Bulletin 46/2023. Zur Situation bei wichtigen Infektionskrankheiten: Importierte Infektionskrankheiten 2022. Erscheinungsdatum 16. November 2023, www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2023/Ausgaben/46_23.html

[2] Pressemitteilung der Ständigen Impfkommission (STIKO) und der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit e.V. (DTG) zur Empfehlung des Dengue-Impfstoffes Qdenga (30.11.2023), www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/STIKO/Empfehlungen/PM_2023-30-11.html

[3] Infektionsepidemiologisches Jahrbuch für 2020, Erscheinungsdatum 20. September 2021, www.rki.de/DE/Content/Infekt/Jahrbuch/Jahrbuch_2020.html?nn=2374622

[4] Centers for Disease Control an Prevention (CDC). Dengue, Symptoms and Treatment. Stand 20. September 2021, www.cdc.gov/dengue/symptoms/index.html

[5] Mitteilung der Firma Janssen (Johnson & Johnson). Janssen Announces Promising Antiviral Activity Against Dengue in a Phase 2a Human Challenge Model. 20. Oktober 2023, www.jnj.com/janssen-announces-promising-antiviral-activity-against-dengue-in-a-phase-2a-human-challenge-model

[6] Stellungnahmen des Arbeitskreises Blut des Bundesministeriums für Gesundheit. Dengue Fieber Virus (DENV). Bundesgesundheitsbl 2011;54:892–904, DOI 10.1007/s00103-011-1297-y

[7] Cohen J. Infecting volunteers with dengue virus shows experimental drug’s promise. Science 26. Oktober 2023, www.science.org/content/article/infecting-volunteers-dengue-virus-shows-experimental-drug-s-promise


Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.