Auch Grippe kann Langzeitfolgen haben

Parallelen zwischen Long-COVID und Long-Flu

Stuttgart - 09.01.2024, 09:15 Uhr

Offenbar ist das Grippevirus für die Lunge gefährlicher als in den letzten 100 Jahren angenommen wurde. (Foto: gpointstudio / AdobeStock)

Offenbar ist das Grippevirus für die Lunge gefährlicher als in den letzten 100 Jahren angenommen wurde. (Foto: gpointstudio / AdobeStock)


Spätfolgen einer SARS-CoV-2-Infektion, die unter dem Begriff Long-COVID subsumiert werden, haben zwischenzeitlich einen hohen Bekanntheitsgrad erlangt. Weniger bekannt sind langfristige negative Auswirkungen nach einer saisonalen Grippe, die als Long-Flu bezeichnet werden. Parallelen und Unterschiede wurden in einer aktuellen Studie untersucht.

Die Risiken einer akuten Grippeerkrankung sind bekannt, weniger aber ihre langfristigen Folgen. Daher wurden diese in einer US-amerikanischen Kohortenstudie erfasst und gleichzeitig mit Long-COVID-Folgen verglichen. Die erforderlichen Daten wurden dem größten Register des US-amerikanischen Gesundheitssystems (Department of Veterans Affairs) entnommen. 

Mehr zum Thema

Robert Koch-Institut informiert

Grippewelle hat im Dezember begonnen

Stand des Wissens zu einem Syndrom, das mehr Gesichter hat als unser Körper Organe

Long-COVID und kein Ende

Voraussetzung war eine Hospitalisierung aufgrund einer SARS-CoV-2- oder Influenza-Erkrankung. Die Kohorte bestand aus 81.280 Probanden, die zwischen 2020 und 2022 aufgrund einer SARS-CoV-2-Infektion hospitalisiert wurden und aus 10.985 Influenza-Patienten, die zwischen 2015 und 2019 ebenfalls im Krankenhaus behandelt werden mussten. Die Probanden waren überwiegend männlich, meist übergewichtig, gesundheitlich vorgeschädigt, um die 70 Jahre alt und in rund 61% aller Fälle gegen SARS-CoV-2 bzw. Influenza geimpft. Der Beobachtungszeitraum umfasste 18 Monate nach der Klinikentlassung. Erfasst wurden Todesfälle, Schäden an Organen und die Notwendigkeit einer erneuten Hospitalisierung.

Beide Infektionen haben Langzeitfolgen

Mortalität, Organschäden und erneute Krankenhausaufenthalte waren in beiden Kohorten erhöht, wenn auch die Folgen durch SARS-CoV-2-Infektionen stärker ausgeprägt waren. So war das Sterberisiko bei einer SARS-CoV-2-Erkrankung um rund 50 % höher als nach einer Grippeinfektion (Hazard ratio 1,51). Das höhere Mortalitätsrisiko wurde über den gesamten Zeitraum hinweg beobachtet. Die kumulative Todesrate nach 18 Monaten lag in der SARS-CoV-2-Gruppe bei 28,46 auf 100 Personen bezogen und bei 19,84 in der Influenza-Gruppe. Somit verstarben auf 100 Personen bezogen 8,62 Patienten mehr an SARS-CoV-2 als an Grippe. Ferner mussten Patienten nach einer SARS-CoV-Erkrankung häufiger erneut hospitalisiert werden als nach einer Influenza.

Unterschiede bei den Spätfolgen

Um die Spätfolgen zu erfassen, wurden 94 Organ- und Symptom-bezogene Parameter erfasst und diese nach ihrem zeitlichen Auftreten quantifiziert. Das Spektrum der Spätfolgen war nach einer SARS-CoV-2-Infektion wesentlich breiter gefächert als nach einer Grippe.

Die Organe wurden bis auf eine Ausnahme durch die SARS-CoV-2-Infektion stärker geschädigt als durch Influenza. Der auffallende Unterschied betraf die Lunge, die sowohl in der akuten als auch in der späteren Krankheitsphase durch Grippeviren stärker geschädigt wurde. Insgesamt betrachtet führten beide Infektionen in der späteren Phase der Erkrankung zu stärkeren Gesundheitseinbußen als in der akuten Phase.

Neue Erkenntnisse

Diese Studie wurde auch von Mitarbeitern der „Washington University School of Medicine“ kommentiert. Sie heben unter anderem das erhöhte pulmonale Risiko nach einer Grippe hervor und kommen zu dem Schluss, dass das Grippevirus für die Atemwege gefährlicher ist als in den letzten 100 Jahren angenommen wurde. Eine weitere wichtige Erkenntnis betrifft die Gesundheitsrisiken, die ab dem 30. Tag nach der akuten Infektion auftreten. Die Annahme, nach der akuten Phase einer SARS-CoV-2-Infektion oder Influenza sei die Erkrankung überstanden, trifft nicht immer zu, da beide Viren zu langfristigen Gesundheitseinbußen führen können. Die Studienautoren sehen in Long-COVID ein größeres Gesundheitsproblem als in COVID und in Long-Flu ein größeres Gesundheitsproblem als in einer Grippe.

Quelle

Xie Y et al. Long-term outcomes following hospital admission for COVID-19 versus seasonal influenza: a cohort study. Lancet Infect Dis. 2023 Dec 14:S1473-3099(23)00684-9. doi: 10.1016/S1473-3099(23)00684-9. Epub ahead of print. PMID: 38104583, medicine.wustl.edu/news/long-flu-has-emerged-as-a-consequence-similar-to-long-covid-19/.


Dr. Petra Jungmayr, Apothekerin
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.