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Berufsrechtliche Konsequenzen möglich
Thüringen setzt ein Zeichen gegen Hass und Hetze gegenüber Standesvertretern
Beleidigende und diffamierende Äußerungen gegenüber Personen, die in der Öffentlichkeit stehen, sind im Internet leider an der Tagesordnung. Auch standespolitisch aktive Apotheker*innen werden immer wieder beleidigt und sogar bedroht. Die Landesapothekerkammer Thüringen will dies nicht weiter hinnehmen und hat nun ein deutliches Zeichen gesetzt. Wer seine Berufskolleg*innen beleidigt oder bedroht, dem drohen künftig berufsrechtliche Konsequenzen.
Der Apothekerberuf geht mit einer besonderen Verantwortung einher. Deswegen drohen Angehörigen des Berufsstandes bei bestimmten Vergehen nicht nur straf- oder zivilrechtliche, sondern auch berufsrechtliche Konsequenzen. Das kann beispielsweise bei Trunkenheit am Steuer oder Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz der Fall sein.
Diese berufsrechtlichen Verfahren anzustoßen, die im schlimmsten Fall im Entzug der Approbation enden können, obliegt der zuständigen Landesapothekerkammer auf Basis der jeweiligen Berufsordnung. Die regelt nämlich salopp gesagt, wie Apotheker*innen sich zu benehmen haben, und zwar nicht nur, wenn sie in der Apotheke stehen, sondern grundsätzlich.
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An diesem Punkt hat die Landesapothekerkammer Thüringen angesetzt, um ein deutliches Zeichen gegen Hass und Hetze gegenüber den Kolleg*innen zu setzen. In Thüringen kann dies nämlich jetzt berufsrechtlich geahndet werden. Die notwendige Änderung der Berufsordnung hat die Kammerversammlung vergangenen Herbst beschlossen – einstimmig, wie Geschäftsführer Danny Neidel gegenüber der DAZ berichtet. Und darauf ist er stolz.
Änderung der Berufsordnung
In „§ 2 – Kollegialität“ hieß es bisher lediglich: „Der Apotheker ist verpflichtet, sich gegenüber den Angehörigen seines Berufes kollegial zu verhalten. Der Apotheker hat das Ansehen des Berufsstandes und des Betriebes zu wahren, in dem er tätig ist.“
Dieser Paragraf wurde nun wie folgt ergänzt:
„ [...] Dazu zählt auch, dass Behauptungen und Meinungsäußerungen gegenüber oder in Richtung von Berufskollegen angemessen sachlich und frei von herabsetzendem, beleidigendem oder diffamierendem Sprachgebrauch geäußert werden, insbesondere wenn dies im öffentlichen Raum erfolgt.“
Anlass für diese Klarstellung in der Berufsordnung sah man in Thüringen Neidel zufolge aufgrund der sich häufenden beleidigenden und diffamierenden Äußerungen in den sozialen Medien und in Internetkommentaren gegenüber Berufskolleg*innen, oft unter dem Deckmantel der Anonymität. Exemplarisch nennt er einen Kommentar anlässlich eines Interviews mit dem Vorsitzenden des Thüringer Apothekerverbandes zum Apothekenprotesttag am 14. Juni 2023: „Fink ...du bist ein A.....ch !!!!! Sorry für die Wortwahl. Hab noch was vergessen: ‚ganz grosses‘".
Natürlich sei der Kammer bewusst, dass die Betroffenen in erster Linie zivil- und strafrechtliche Maßnahmen ergreifen müssen, um wirksam dagegen vorzugehen, erläutert Neidel. Aber die Kammer Thüringen hielt es für erforderlich, mit der Änderung der Berufsordnung ein deutliches Signal an die Berufskolleg*innen zu senden, dass ihr Verhalten auch außerhalb der Offizin berufsrechtlich relevant sein kann.
Brief an die anderen Kammern
Doch für die Landesapothekerkammer Thüringen ist es damit nicht getan. Aus Neidels Sicht sollen auch andere Kammern eine wahrnehmbare Antwort geben. Den Anstoß, sich in einem Brief an die Geschäftsführer*innen der Apothekerkammern mit Bitte, sich dem Thema „Hass und Hetze im Netz“ im Zusammenhang mit dem Berufsrecht zu wenden, hatte letztendlich eine „widerliche Äußerung“ gegenüber der ABDA-Präsidentin gegeben. („V E R P . S S D I C H : A N D E I N . V E R F . C K T E S . BÜGELBRETT UND HALT DIE F...E“). Wenn eine (berufspolitisch aktive) Kollegin auf eine derart misogyne Weise beschimpft werde, könne man nicht mehr tatenlos zusehen, findet er.
Es sei der Thüringer Kammerversammlung mit einem einstimmigen Votum ein besonderes Anliegen gewesen, klarzustellen, dass insbesondere diejenigen, die sich für den Berufsstand einsetzen und sich in ihrer Funktion öffentlich äußern, auch den berufsrechtlichen Schutzbereich beanspruchen können, heißt es in dem Schreiben. Exemplarisch sind darin verschiedene Äußerungen von Berufskolleg*innen gegenüber Standesvertreter*innen angeführt – ähnlich der oben genannten oder wie folgende Äußerung: „Eigentlich möchte ich jedem von diesen Kammerfuzzis mal die Tastatur über die Birne ziehen.“
„Wie lange wollen die Kammern noch zusehen?“
Auch wenn nicht auf jede verbale Attacke eine Tat folge, stelle sich vor dem Hintergrund der erschreckenden Attentate auf Jo Cox und Walter Lübcke die Frage, wie lange die Kammern diese Entwicklung weiter beobachten wollten, heißt es weiter. Sei es jetzt nicht Zeit, diesen diffamierenden Äußerungen konsequent und aktiv entgegenzutreten? Im Netz fielen – auch im Umfeld des Heilberufs des Apothekers bzw. der Apothekerin – Hemmungen und Grenzen.
Was heute die Tastatur gegen die „Birne der Kammerfuzzis“ ist, könne morgen der Galgen mit einer Puppe der Kammermitarbeitenden bzw. Vorstandsmitgliedern und übermorgen der „Besuch“ im privaten Umfeld sein. Wer bei verbaler Gewalt abwinke oder bei Diffamierungen und Drohungen erkläre, man möge sich nicht so anstellen, wenn man davon betroffen sei – der verharmlose die kriminelle Energie und die Auswirkungen, die hinter solchen Aktionen stehe.
Hass verschärft das Nachwuchsproblem
Die Kammer Thüringen sieht in dem Hass gegen Berufspolitiker*innen schon heute eine Gefahr für die Demokratie. Wenn sich Präsidentinnen, Vorsitzende oder Mitarbeitende der Geschäftsstellen vor bestimmten Themen fürchten, dann gerieten Diskussionen und Entscheidungen in eine Schieflage. Zudem verschärfe sich das Nachwuchsproblem in der Berufspolitik, wenn sich engagierte Kolleginnen angesichts beleidigender Äußerungen gar nicht zur Wahl stellten.
Natürlich ist man sich in Thüringen auch bewusst, dass die Handlungsmöglichkeiten der Kammern begrenzt sind und dass auch harsche Kritik ausgehalten werden müsse, heißt es am Schluss des Briefs. „Wir sind aber der festen Überzeugung, dass das verfassungsrechtlich geschützte Recht auf freie Meinungsäußerung nicht dazu missbraucht werden darf, Berufskolleginnen und Kollegen zu beschimpfen und zu beleidigen, sondern die Würde des Menschen unantastbar bleiben muss.“
ABDA-Gremien wollen das Thema aufgreifen
Inwiefern die anderen Kammern der Aufforderung aus Thüringen folgen, bleibt abzuwarten. Bei der ABDA stößt die Initiative jedenfalls auf Zustimmung. So heißt es auf Nachfrage der DAZ: „Wir erleben, dass der Ton in den Social-Media-Foren und einigen Fachmedien zunehmend rauer wird. Die ABDA hat großes Verständnis für die Verzweiflung der Apothekerinnen und Apotheker: Während die Lieferengpass-Krise, das holprige E-Rezept und der Fachkräftemangel die Lage in den Apotheken immer weiter erschweren, weigert sich die Bundesregierung trotz unserer Proteste weiterhin, das auf dem Niveau von 2004 eingefrorene Apothekenhonorar anzupassen. Es ist klar, dass die gesamte Branche vor diesem Hintergrund verunsichert und verärgert ist. Wenn aber einzelne ehrenamtliche und/oder hauptamtliche ABDA-Vertreter/-innen persönlich beleidigt und beschimpft werden und teils auch Gewalt-Androhungen geäußert werden, ist jede Grenze überschritten. Wir begrüßen es sehr, dass die Landesapothekerkammer Thüringen nun die Initiative ergreift und solche Diffamierungen auf der Bundesebene anspricht. Wir werden den Hinweis aus Thüringen aufgreifen und das Hatespeech-Thema in unseren Gremien ansprechen.“
4 Kommentare
Netiquette
von Dorf-Apothekerin am 15.01.2024 um 13:46 Uhr
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.
von Anita Peter am 15.01.2024 um 10:59 Uhr
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Majestätsbeleidigung?
von Dr. Radman am 15.01.2024 um 8:40 Uhr
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Das ist rechts.
von Roland Mückschel am 15.01.2024 um 8:33 Uhr
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