Verteidigung der Demokratie

Ärzte und Pfleger solidarisieren sich mit Demos gegen rechts

Berlin - 24.01.2024, 13:45 Uhr

Hunderttausende demonstrierten am vergangenen Wochenende gegen rechts. (Foto: imago-images /Middle East Images)

Hunderttausende demonstrierten am vergangenen Wochenende gegen rechts. (Foto: imago-images /Middle East Images)


Die rechtsextremen Pläne zur „Remigration“ sorgen auch bei den Vertreter:innen der Ärzteschaft und der Pflegeberufe für Empörung. Sie solidarisieren sich deshalb mit den bundesweiten Protesten gegen rechts. Sie sorgen sich um die Demokratie und betonen: Menschen mit Migrationshintergrund sind für die gesundheitliche Versorgung in Deutschland unersetzbar.

Mehrere Hunderttausend Menschen haben am vergangenen Wochenende gegen Rassismus und für die Verteidigung demokratischer Werte demonstriert. Ärzt:innen, Beschäftigte der Krankenhäuser und Pfleger:innen unterstützen die Proteste. Bereits am vergangenen Donnerstag hatte der Präsident der Berliner Ärztekammer Peter Bobbert in einer Pressemitteilung seine Sorge über die gegenwärtigen „demokratiefeindlichen Tendenzen“ geäußert. Insbesondere im Gesundheitswesen spielten Menschen mit Migrationshintergrund eine zentrale Rolle. Allein in Berlin arbeiten über 3.000 Mediziner:innen mit ausländischen Wurzeln, so Matthias Blöchle, Vizepräsident der Berliner Ärztekammer in derselben Pressemitteilung: „Ohne die Ärztinnen und Ärzte, die aus dem Ausland nach Deutschland gekommen sind und hier arbeiten, würde unser Gesundheitswesen zusammenbrechen.“

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Bei einem Treffen in Potsdam zwischen Rechtsextremen und Konservativen im vergangenen November hatte der österreichische Rechtsextremist Martin Sellner das Konzept der „Remigration“ vorgestellt. Es sieht vor, Menschen mit Migrationshintergrund im großen Stil aus Deutschland zu vertreiben – auch Menschen, die den deutschen Pass besitzen. Aktuell leben etwa 24 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund in der Bundesrepublik.

KBV

Der Vorstand der Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) äußerte sich an diesem Dienstag zu den Vertreibungsplänen in einer Presseerklärung. Es sei ermutigend, dass tausende Menschen gegen diese Vorhaben auf die Straße gehen – alle Bürger:innen seien dazu aufgerufen, unsere Demokratie zu verteidigen:

„Wir sprechen an dieser Stelle für alle niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, in dem wir uns klar gegen menschenverachtende Gedanken und Pläne positionieren, getreu dem Motto ,Wehret den Anfängen‘! Letztlich geht es auch um den Fortbestand unserer demokratischen Zivilgesellschaft!“

Krankenhäuser

Am vergangenen Freitag hatte Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), zum Bekanntwerden der rechtsextremen Pläne Stellung bezogen:

„Gerade das Gesundheitswesen könnte ohne die Menschen, die die Rechtsextremen aus der Potsdamer Villa deportieren möchten, nicht existieren. Wer in den vergangenen Jahren auch nur einmal in einem Krankenhaus behandelt werden musste, kann sich leicht ausrechnen, was passiert, wenn sich die rechten Hirngespinste von ethnischer Reinheit und Deportationen durchsetzen: Die medizinische und pflegerische Versorgung würde ohne Ärztinnen, Ärzte und Pflegekräfte mit Migrationsgeschichte kollabieren.“

Es sei an der Zeit, politisch Stellung zu beziehen – deshalb unterstützt die DKG die Protestaktionen gegen die rechtsextremen Pläne zur „Remigration“. Deutschland müsse als weltoffenes und tolerantes Land bewahrt werden.

Universitätsklinika

Der Verband der Universitätsklinika Deutschlands (VUD) veröffentliche ebenfalls am vergangenen Freitag eine Stellungnahme, in der zur Verteidigung von Offenheit, Vielfalt und Demokratie gegen rechtsextreme Kräfte aufgerufen wurde. Jens Scholz, Vorsitzender des VUD, stellte klar, vor allem die medizinische Forschung ist auf internationalen Austausch und Migration angewiesen:

„In der Universitätsmedizin leisten Menschen aus mehr als 100 Nationen einen wichtigen Beitrag in Forschung, Lehre und Krankenversorgung – sie sind uns willkommen. Für eine offene Gesellschaft, in der sich Talente zum Wohle der Allgemeinheit entfalten können, stellen wir uns jeder Form von Hass, Ausgrenzung und Extremismus entgegen.“

Kinderärzte

Auch der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzt*innen (BVKJ) brachte seine Haltung zum Ausdruck. Präsident Michael Hubmann äußerte an diesem Montag große Sorge über die rechtsextremen Umtriebe und appellierte an die Patient:innen sich der Fremdenfeindlichkeit entgegenzustellen und die freiheitlich demokratische Grundordnung zu verteidigen:

„In unseren Praxen arbeiten Ärzt*innen und Medizinische Fachangestellte mit Migrationshintergrund. Sie ermöglichen allen Kindern und Jugendlichen, ganz gleich welcher Herkunft, ein gesundes Aufwachsen. Unser Verband wird sich mit aller Kraft dafür einzusetzen, dass wir friedlich miteinander leben und arbeiten. Deshalb rufen wir alle Wähler*innen dazu auf, politischen Parteien, die unsere offene Gesellschaft bekämpfen, eine Absage zu erteilen.“

Pflege

Die Vertreter der Pflegeberufe schlossen sich am vergangenen Montag den Bekundungen der Ärzt:innen und Krankenhäusern an. Auch Bernd Meurer, Präsident des Bundesverbandes privater Anbietersozialer Dienste (BPA) stellte klar, Migration ist hierzulande eine zentrale Säule des Gesundheitssystems:

„Pflege lebt von Vielfalt. Menschen mit Migrationshintergrund und zugewanderte Kräfte sind wichtige Teammitglieder in den Pflegeeinrichtungen und sorgen mit dafür, dass Pflegebedürftige versorgt und pflegende Angehörige unterstützt werden.“

Der BPA stelle sich deshalb klar gegen jeden Versuch, Menschen mit Migrationshintergrund auszuweisen. Zudem zeigte sich Meurer besorgt darüber, welche Eindrücke aufgrund des Bekanntwerdens der „Remigrations“-Pläne im Ausland erweckt werden. Dringend benötigte Fachkräfte könnten dadurch abgeschreckt werden.


Michael Zantke, Redakteur, DAZ
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Demo gegen rechts

von Dr. Radman am 24.01.2024 um 14:44 Uhr

Warum ruft die ABDA nicht zu Demos gegen rechts?

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