Bei hypertropher obstruktiver Kardiomyopathie

Mavacamten verbessert die Lebensqualität

Stuttgart - 07.02.2024, 10:45 Uhr

Hinter Mavacamten verbirgt sich ein innovativer Wirkmechanismus. (Foto: Oporty786 / AdobeStock)

Hinter Mavacamten verbirgt sich ein innovativer Wirkmechanismus. (Foto: Oporty786 / AdobeStock)


Mavacamten ist der erste spezifische Wirkstoff zur Behandlung von Menschen mit hypertropher obstruktiver Kardiomyopathie. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) bescheinigt dem Wirkstoff nun einen Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen und betont dabei vor allem den positiven Einfluss auf die Lebensqualität. 

Die hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie (HOCM) ist eine vorwiegend genetische Erkrankung, die durch eine fortschreitende Zunahme des Zellvolumens im Bereich der linken Herzkammer gekennzeichnet ist. Die Folge ist eine Herzinsuffizienz, die sich in Schwindel, Kurzatmigkeit, Brustschmerzen und Synkopen äußert. Im weiteren Verlauf ist das Risiko für Vorhofflimmern, ventrikuläre Arrhythmien, Schlaganfälle und plötzlichen Herztod erhöht. Bei etwa der Hälfte der Betroffenen beruht die Erkrankung auf Mutationen der sarkomeren Herzmuskelproteine (Formen des Myosins und Aktins).

Zur Behandlung wird Patienten und Patientinnen geraten, körperliche Belastungen zu vermeiden. Außerdem wird mit Calciumantagonisten, β-Adrenozeptorblockern oder Disopyramid therapiert. Bei schweren symptomatischen Verläufen kann die Obstruktion auch operativ beseitigt werden, was jedoch nur kurze Zeit die Symptome lindert [1]. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat für die Nutzenbewertung von Mavacamten als zweckmäßige Vergleichstherapie eine „Therapie nach ärztlicher Maßgabe unter Berücksichtigung von nicht vasodilatierenden Betablockern, Verapamil und Diltiazem bestimmt“. Laut Leitlinien kommen Calciumkanalblocker nur zum Einsatz, wenn Betablocker nicht ausreichend wirken oder nicht vertragen werden [4].

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Mit Mavacamten kausal therapieren

Das Arzneimittel Camzyos® mit dem Wirkstoff Mavacamten ist das erste spezifische Arzneimittel gegen hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie. Es ist für Erwachsene mit leichteren Formen und Betroffene mit geringer bis mittlerer Symptomatik indiziert [2].

Der Wirkstoff Mavacamten ist ein allosterischer, reversibler und selektiver Inhibitor von Myosin-7, das überwiegend am Herzen exprimiert wird. Als Folge dieser Hemmung wird die Bildung von Aktin-Myosin-Querbrücken im Herzmuskel vermindert und die Verengung der linken Herzkammer dadurch reduziert. Durch Mavacamten ist die Zahl an Aktin-Myosin-Querbrücken auf den Normalzustand im Sarkomer zurückgesetzt. Der Wirkstoff entspannt den Herzmuskel. Das Herz soll dadurch weniger stark schlagen und die Kammer besser gefüllt und entleert werden, wie das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) in einer Pressemitteilung zur Nutzenbewertung des Wirkstoffs schreibt [1, 2].

Anhaltspunkt für beträchtlichen Zusatznutzen von Mavacamten

Das IQWiG hatte 2023 in einer Dossierbewertung keinen Zusatznutzen von Mavacamten festgestellt, und zwar aufgrund fehlender oder unklarer Angaben. Insbesondere fehlten Angaben dazu, ob die in der Studie eingesetzte Therapie nach ärztlicher Maßgabe sachgerecht war. Doch der Hersteller von Camzyos®, Bristol Myers Squibb, reichte nun Daten nach.

In der Kategorie Morbidität sieht das IQWiG bei zwei Endpunkten einen Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen, für einen weiteren Endpunkt einen Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen von Mavacamten plus Therapie (nicht gefäßerweiternder Betablocker oder Calciumkanalblocker) nach ärztlicher Maßgabe gegenüber Placebo plus Therapie nach ärztlicher Maßgabe. In der Kategorie gesundheitsbezogene Lebensqualität wurde ein Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen gefunden. Bei Mortalität und Nebenwirkungen gibt es keinen Zusatznutzen für Mavacamten. Insgesamt sieht das IQWiG einen „einen Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen von Mavacamten bei hypertropher obstruktiver Kardiomyopathie“.

Bei der Nutzenbewertung können – je nach vorhandener Qualität und Aussagekraft der Daten des pharmazeutischen Herstellers – drei Kategorien für die Wahrscheinlichkeit des Zusatznutzens vergeben werden:

  • „Beleg: zwei und mehr gute Studien oder eine sehr große, hochwertige Studie liegen vor
  • Hinweis: eine gute, größere Studie liegt vor
  • Anhaltspunkt: eine kleine Studie, Studie mit relevanten Unsicherheiten, indirekte Vergleiche, historische Kontrollen etc. liegt vor“ [3]

Wenn das IQWiG den Zusatznutzen als „beträchtlich“ beschreibt, bedeutet das eine „bisher nicht erreichte deutliche Verbesserung des therapierelevanten Nutzens“. Darüber gibt es nur noch eine mögliche bessere Kategorie – den „erheblichen“ Zusatznutzen, der eine „nachhaltige und bisher nicht erreichte große Verbesserung des therapierelevanten Nutzens“ beschreibt [3].

Abschließend wird der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) einen Beschluss über das Ausmaß des Zusatznutzens fassen [1].

Literatur 

[1] Neubeck M. Mit Mavacamten kausal therapieren. DAZ 30/2023, www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2023/daz-30-2023/mit-mavacamten-kausal-therapieren

[2] Beträchtlicher Zusatznutzen von Mavacamten bei hypertropher obstruktiver Kardiomyopathie. IQWIG 01. Februar 2024, www.iqwig.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilungen-detailseite_110464.html 

[3] Internetseite des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Ergebnisse der Nutzenbewertung – Kategorien des Zusatznutzens. Stand 22.01.2024, www.g-ba.de/themen/arzneimittel/arzneimittel-richtlinie-anlagen/nutzenbewertung-35a/zusatznutzen/ 

[4] Addendum: Mavacamten (hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie), Dossierbewertung Stand 11.01.2024, www.iqwig.de/projekte/a23-132.html


Juliane Russ, M.Sc., Volontärin


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