Die Shop Apotheke interessiert das aber offenbar herzlich wenig. Sie bietet bereits seit einiger Zeit Boni im Zusammenhang mit der Einlösung von Rezepten an. Je nach Abgabepreis locken bei Kassenrezepten 2,50 oder 5 Euro, bei Privatrezepten noch mehr. Der Bonus wird laut Flyer bei Einsendung eines Rezepts gewährt und wird mit dem Preis nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel verrechnet oder dem Kundenkonto gutgeschrieben. Seit Kurzem wird er auch im Kontext mit dem E-Rezept beworben.
Kammer sieht Verstöße gegen HWG und SGB V
Der Apothekerkammer Nordrhein, die bekanntermaßen gerichtliche Auseinandersetzungen mit niederländischen Versendern nicht scheut, ist das ein Dorn im Auge. Die Auslobung des Rezeptbonus gegenüber gesetzlich und privat krankenversicherten Patienten in Deutschland verstößt in den Augen der Kammer gegen das Zugabeverbot des § 7 HWG. Die im HWG vorgesehenen Ausnahmetatbestände greifen nach Ansicht der AKNR nicht. Darüber hinaus verstößt die Werbung mit dem Rezeptbonus gegenüber gesetzlich krankenversicherten Patienten zusätzlich noch gegen § 129 Abs. 3 S. 3 SGB V.
Die Kammer hat bereits im vergangenen Jahr juristische Schritte gegen Shop Apotheke eingeleitet. Rechtsanwältin Anne Bongers-Gehlert hat den Versender vor knapp einem Jahr im Namen der AKNR aufgefordert, eine Unterlassungserklärung abzugeben.
Erst soll der EuGH ran
Doch dieses Verfahren wird nun auf Antrag beider Parteien vorerst ausgesetzt (LG Köln, 31 O 152/22). Und zwar bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits der Apotheker Nordrhein mit dem anderen großen Versender DocMorris, der aktuell beim Europäischen Gerichtshof liegt. „Die im Rechtsstreit des Bundesgerichtshofs (Az. I ZR 182/22) dem Europäischen Gerichtshof vorgelegten Auslegungsfragen dürften für den hiesigen Rechtsstreit von unmittelbarer Relevanz sein,“ heißt es in dem Beschluss über die Aussetzung.
In diesem Rechtsstreit hatte ausnahmsweise mal nicht die Kammer DocMorris verklagt, sondern umgekehrt. Die Niederländer klagten gegen die AKNR, weil aus ihrer Sicht rückblickend alle dem EuGH-Urteil aus dem Jahr 2016 vorangegangenen Verfügungen und Vollstreckungen unzulässig waren. Damals befand der EuGH, dass die deutsche Rx-Preisbindung für EU-ausländische Versandapotheken europarechtswidrig sei.
DocMorris will 18 Millionen Schadenersatz von der AKNR
In erster Instanz wies das Landgericht Düsseldorf, die Klage ab. Das Oberlandesgericht Düsseldorf sah es jedoch anders. Im März 2022 bejahte es das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs dem Grunde nach – zur Höhe gab es allerdings keine Entscheidung. Und die Forderungen von DocMorris sind mittlerweile in schwindelerregende Höhen gestiegen – mehr als 18 Millionen Euro will der Versender von der Kammer.
Die AKNR zog schließlich vor den Bundesgerichtshof. Dieser hat das Verfahren allerdings vergangenen Sommer ausgesetzt. Vor seiner Entscheidung will er erst noch einige Fragen vom EuGH bezüglich der Geltung des Zugabeverbotes und dessen Vereinbarkeit mit dem europäischen Recht, namentlich dem Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel geklärt wissen.
Werbung war bei Boni-Entscheidung 2016 kein Thema
Diesen Aspekt hatte der EuGH 2016 in seiner Entscheidung gar nicht berücksichtigt. Denn selbst wenn der EuGH die Geltung der Arzneimittelpreisbindung für ausländische Versandapotheken damals infrage gestellt haben mag: Arzneimittel sind noch immer eine ganz besondere Ware und für die Werbung gelten sehr enge Grenzen, in Europa wie auch national. Dies zeigen auch die jüngsten Entscheidungen des EuGH, in denen er sich mit der Werbung für Arzneimittel beschäftigt hat.
Daher soll nun in dem aktuellen Verfahren unter anderem geklärt werden, ob das heilmittelwerberechtliche Verbot von Gutscheinen über einen Geldbetrag oder prozentualen Rabatten für den späteren Erwerb von Produkten im Einklang mit dem europäischen Recht steht und ob Werbung für rezeptpflichtige Arzneimittel mit Gutscheinen, die unmittelbar den Preis des Arzneimittels reduzieren, nach dem europäischen Recht sogar zwingend zu verbieten sind.
Und diese Frage zur Reichweite und der Vereinbarkeit des Zugabeverbotes des HWG mit dem europäischen Recht ist eben auch für das Verfahren der Kammer Nordrhein gegen die Shop Apotheke interessant. „Es dürfte entscheidend darauf ankommen, ob die Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 1 S. 1 Halbsatz 2 Nr. 1 lit. a) HWG auch Geldbeträge erfasst, welche in Gestalt von Gutscheinen über einen Geldbetrag oder einen prozentualen Rabatt für den nachfolgenden Erwerb weiterer Produkte beworben bzw. angeboten werden,“ heißt es in dem Beschluss des LG Köln zur Aussetzung des Verfahrens. Ein eigentlich für März anberaumter Verhandlungstermin wurde abgesagt.
Entscheidung zu Rx-Boni muss warten
So heißt es also erst einmal warten auf den EuGH. Danach kann es dann auch eine Entscheidung im Streit um die Rx-Boni der Shop Apotheke geben. Insbesondere vor dem Hintergrund des geplanten CardLink-Verfahrens, mit dem sich E-Rezepte ohne Mehraufwand in die Niederlande schicken lassen, wäre es umso wichtiger, dem Anreiz in Form von Boni ein Ende zu bereiten.
6 Kommentare
Geld hilft
von ratatosk am 19.02.2024 um 18:12 Uhr
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Ganz einfache Lösung ...
von Reinhard Herzog am 14.02.2024 um 11:28 Uhr
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Höherer Abschlag?
von Stefan Haydn am 14.02.2024 um 8:34 Uhr
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AW: Höherer Abschlag
von Anita Peter am 14.02.2024 um 8:55 Uhr
AW: Warum überhaupt Geld?
von Stefan Haydn am 14.02.2024 um 14:38 Uhr
Von der Länderliste streichen
von Rainer W. am 14.02.2024 um 8:12 Uhr
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