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Alternativen zu ethanolhaltigen Präparaten für Kinder
Gibt’s da auch was ohne Alkohol?
Viele Eltern sind besorgt, wenn sie erfahren, dass in den Arzneimitteln für ihre Kinder Alkohol enthalten ist. Wie können diese Kunden in der Apotheke beraten werden? Und gibt es Alternativen für Eltern, die ihren Kindern aus Prinzip keine alkoholhaltigen Medikamente verabreichen möchten?
Das Lesen des Beipackzettels kann Eltern verunsichern. So enthält beispielsweise die Packungsbeilage des Präparats Umckaloabo® Saft für Kinder die Information, dass als Auszugsmittel Ethanol 11 % (m/m) verwendet wurde. Nicht allen Eltern ist klar, dass der Alkohol lediglich zur Herstellung des Extrakts aus Pelargonium-sidoides-Wurzeln eingesetzt wurde und im Arzneimittel nicht mehr enthalten ist. Hilfreicher sind daher Angaben wie beispielsweise im Hedelix® Hustensaft, in dem als Auszugsmittel 50 %-iger Ethanol genannt ist. Dort findet sich außerdem der Hinweis: „Im Endprodukt ist kein Ethanol enthalten.“ [1].
Zukünftig werden Packungsbeilagen einheitlicher und klarer gestaltet sein als aktuell. Grund ist eine neue europäische Richtlinie zur Deklaration von Hilfsstoffen auf den Behältnissen und in den Packungsbeilagen von Humanarzneimitteln [2]. Zuständig für die Umsetzung dieser Richtlinie ist das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) [3]. Angaben zum Ethanolgehalt eines Arzneimittels könnten dann beispielsweise wie folgt lauten: „Die Menge in einer Dosis (2,5 ml) dieses Arzneimittels entspricht weniger als 13 ml Bier oder 5 ml Wein. Die geringe Alkoholmenge in diesem Arzneimittel hat keine wahrnehmbaren Auswirkungen.“ [4] Viele Hersteller haben diese Richtlinie bereits umgesetzt.
Alkoholfreie Alternativen verfügbar
Einige Hersteller bieten zu ihren Produkten alkoholfreie Alternativen an (siehe Tabelle). Dies erleichtert auch die Verordnung von Arzneimitteln zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung. Denn die Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses trifft hierzu eine klare Aussage: „Vor einer Verordnung von Arzneimitteln ist zu prüfen, ob bei alkoholhaltigen Arzneimitteln zur oralen Anwendung insbesondere bei Kindern sowie bei Personen mit Lebererkrankungen, mit Alkoholkrankheit, mit Epilepsie, mit Hirnschädigung oder Schwangeren alkoholfreie Arzneimittel zur Verfügung stehen, die zur Behandlung geeignet sind.“ [5].
Tab.: Orale Präparate für Kinderindikationen, mit und ohne Alkohol | ||||
Indikation | Alkoholhaltige Präparate (Alkoholgehalt) | zugelassen ab | Alkoholfreie Präparate | zugelassen ab |
Erkältung, Immunstimulation | Echinacea-ratiopharm® Liquid (90 Vol.-%) | zwölf Jahren | Echinacea-ratiopharm® Liquid alkoholfrei | sechs Jahren |
Halsschmerzen, Heiserkeit | Wick Sulagil® Halsspray (20 Vol.-%) | sechs Jahren | Naturalis® Mund- und Rachenspray | zwei Jahren |
Neo-angin® junior Halsschmerzsaft | einem Jahr | |||
Husten | Pertussin Sirup®(4 Vol.-%) | einem Jahr | Prospan® Hustensaft | *0 Jahren (Bei Säuglingen unter einem Jahr mit dem Arzt Rücksprache halten) |
Bronchicum® Thymian Hustensaft (5,8 Vol.-%) | Säuglingsalter | Naturalis® Hustensirup (MP) | einem Jahr | |
Bronchicum® Elixir (4,9 Vol.-%) | sechs Monaten | |||
Monapax® Sirup (3,9 Vol.-%) | sechs Monaten | |||
Magen-Darm-Beschwerden | Iberogast® Classic(31 Vol.-%)1 | drei Jahren | Buscomint® Weichkapseln2 | zwölf Jahren |
Munddesinfektion | Chlorhexamed fluid 0,1% (7,2 Vol.-%) | sechs Jahren | Chlorhexamed forte alkoholfrei 0,2% | sechs Jahren |
Nasennebenhöhlen-Entzündung | Sinupret® Saft (8 Vol.-%) | zwei Jahren | Sinupret® Tabletten | sechs Jahren |
MP: Medizinprodukt; 1 indiziert bei Magenschmerzen, Völlegefühl, Blähungen, Magen-Darm-Krämpfen, Übelkeit und Sodbrennen; 2 indiziert bei Bauchschmerzen, leichten Krämpfen im Magen-Darm-Trakt und Flatulenz, besonders bei Patienten mit Reizdarmsyndrom. |
Alkoholgehalt in Lebensmitteln
Die Möglichkeiten, mit denen im Beratungsgespräch die Bedenken besorgter Eltern zerstreut werden könnten, sind begrenzt. Eine Option ist, darauf zu verweisen, dass auch sehr viele Lebensmittel Alkohol enthalten, insbesondere reifes Obst, Fruchtsäfte und Backwaren. Eine deutsche Arbeitsgruppe fand bei Analysen verschiedener Lebensmittel signifikante Mengen: in einem Liter Traubensaft durchschnittlich zwischen 0,29 und 0,86 g Alkohol, in Apfelsaft im Mittel 0,26 g/l und in Orangensaft zwischen 0,16 und 0,72 g/l. Bei Kefir und Joghurt lag der Gehalt jeweils bei 0,02 g/100 g. Das untersuchte Weizentoast wies einen Ethanolgehalt von 0,18 g/100 g auf, ähnlich wie Roggenbrot (0,17 bis 0,20 g/100 g). Bei süßen Milchbrötchen wurde ein Gehalt von 1,21 g/100 g gemessen [6].
Die in diesem Experiment modellhaft ermittelten Ethanol-Aufnahmemengen bewegten sich im Bereich zwischen 12,5 und 23,3 mg/kg Körpergewicht (KG). Sie lagen damit um das Zwei- bzw. Vierfache höher als der Wert von 6 mg/kg KG, den die europäische Arzneimittelagentur (EMA) als Grenzwert für Kinder im Alter zwischen zwei und sechs Jahren für die Aufnahme von Ethanol aus der Einzeldosis eines Arzneimittels empfohlen hat. Als potenziell tödliche Dosis gilt eine Alkoholaufnahme von 3 g/kg KG.
Mangel an Studien
Würde ein Kind zwischen zwei und sechs Jahren eine Ethanolmenge von 6 mg/kg KG aufnehmen, wäre der Grenzwert für die Blutalkoholkonzentration nach Aufnahme einer Einzeldosis eines ethanolhaltigen Arzneimittels erreicht, der bei 0,01 g/l (entspricht 0,01 ‰) liegt. Studien, in denen die Blutalkoholkonzentration nach Aufnahme von ethanolhaltigen Arzneimitteln untersucht wurde, gibt es jedoch kaum. Eine Untersuchung mit 16 Kindern im Alter zwischen einem und zwölf Jahren mit akuter Bronchitis hatte 45 Minuten nach Verabreichung einer Einzeldosis des Kombinationspräparats Bronchicum® Elixir, das 4,9 Vol.-% Ethanol enthält, einen Wert von 0,0029 ± 0,0057 ‰ ermittelt [8].
Die Gesellschaft für Phytotherapie hat verschiedene Untersuchungen mit pflanzlichen Arzneimitteln, die Alkohol enthalten ausgewertet und kommt zu dem Schluss, dass „pflanzliche Kinderarzneimittel, auch wenn sie Alkohol enthalten, in der vorgesehenen Dosierung auch für Kinder sicher sind“ [9]. Im Jahr 2017 hatte eine Arbeitsgruppe eine Analyse veröffentlicht, bei der Sicherheitsdaten von mehr als 50.000 Kindern aus nicht interventionellen Studien sowie aus der Routine-Pharmakovigilanz bei Arzneimitteln, die an mehreren Millionen Kindern angewendeten wurden, ausgewertet worden waren. Dazu zählten unter anderem Präparate wie Contramutan® Sirup, Monapax® Sirup, Phytohustil® Hustenreizstiller Sirup oder Bronchicum® Thymian Hustensaft. Es fanden sich keine Hinweise auf Nebenwirkungen, die durch den Alkoholgehalt bedingt sein konnten. Die Autoren schlussfolgerten daraus, dass diese pflanzlichen Arzneimittel in allen Altersgruppen, für welche sie zugelassen oder registriert sind, gefahrlos angewendet werden können [10].
Unterschätzt: Aufnahme über die Haut
Eine etwas ältere Publikation verweist darauf, dass auch topisch applizierter Alkohol, zum Beispiel in Hautdesinfektionsmitteln, unter bestimmten Umständen ein Risiko darstellen kann. Auf unverletzter Haut sind keine akuten oder systemischen Toxizitäten zu befürchten. Werden solche Mittel jedoch bei Kindern auf verletzter Haut angewendet, sind aufgrund der beeinträchtigten Hautbarriere negative Effekte möglich. Besonders gefährdet sind Frühgeborene wegen ihrer nur schwach verhornten Haut. In Studien wurden Hautnekrosen, stark erhöhte Blutalkoholspiegel und sogar Todesfälle als Folge einer Anwendung von Hautdesinfektionsmitteln in dieser Altersgruppe beschrieben [11].
*Dieser Artikel wurde online am 4.3.2024 korrigiert.
Literatur
[1] Fachinformationen der genannten Präparate
[2] Committee for Medicinal Products for Human Use (CHMP): Information for the package leaflet regarding ethanol used as an excipient in medicinal products for human use, 20 September 2018, EMA/CHMP/43486/2018 Corr. 1
[3] Gemeinsame Bekanntmachung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und des Paul-Ehrlich-Instituts, Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel (PEI) über Warnhinweise zu Bestandteilen von Arzneimitteln vom 31.05.2022
[4] Fachinformation Echinacea ratiopharm® Liquid, Stand Mai 2022
[5] Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinie/AM-RL) in der Fassung vom 18. Dezember 2008/22. Januar 2009; zuletzt geändert am 2. November 2023, veröffentlicht im Bundesanzeiger (BAnz AT 17.01.2024 B2), in Kraft getreten am 18. Januar 2024
[6] Gorgus E, Hittinger M, Schrenk D. Estimates of ethanol exposure in ehildren from food not labeled as alcohol-containing. J Analyt Toxicol 2016;40:537-542
[7] Committee for Human Medicinal Products (CHMP) Questions and Answers on Ethanol in the context of the 4 revision of the guideline on ‘Excipients in the label and 5 package leaflet of medicinal products for human use’ 6 (CPMP/463/00) EMA/CHMP/507988/2013 2, 23. Januar 2014
[8] Ludwig S, Stier H, Weikam S. Evaluation of blood alcohol concentrations after oral administration of a fixed combination of thyme herb and primrose root fluid extract to children with acute bronchitis. Drug Res (Stuttg) 2016;66(2):69-73
[9] Sind pflanzliche Arzneimittel, die Alkohol enthalten, auch bei Kindern unbedenklich? Informationen der Gesellschaft für Phytotherapie e. V, https://phytotherapie.de/de/kontakt/faqs-zur-phytotherapie/alkohol-in-phytopharmaka/#:~:text=Beispielsweise%20werden%20bei%20einem%20Hustensaft,in%2033%20ml%20Apfelsaft%20entspricht, Abruf am 24. Januar 2024
[10] Kelber O et al. Ethanol in herbal medicinal products for children. Data from pediatric studies and pharmacovigilance programs. Wien Med Wochenschr 2017;167:183-188
[11] Lachenmeier DW. Safety evaluation of topical applications of ethanol on the skin and inside the oral cavity Journal of Occupational Medicine and Toxicology 2008,3:26
2 Kommentare
Uzara Saft alkoholfrei A.H.
von Hans Olo am 19.02.2024 um 8:15 Uhr
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AW: Uzara Saft alkoholfrei A.H
von Marina Buchheit-Gusmão am 19.02.2024 um 9:54 Uhr
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