Anhörung CDU/CSU-Antrag

Gesundheitsausschuss: Overwiening erklärt die Lage der Apotheken

Berlin - 21.02.2024, 17:50 Uhr

Die Eckpunktepläne zum Honorar laufen auf ein Nullsummenspiel hinaus, sagt ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening. (Foto ABDA)

Die Eckpunktepläne zum Honorar laufen auf ein Nullsummenspiel hinaus, sagt ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening. (Foto ABDA)


„Arzneimittelversorgung sicherstellen – Versorgungssicherheit gewährleisten“: In diesem Sinne haben die Unionsparteien bereits im vergangenen Jahr einen Antrag gestellt. Am heutigen Mittwoch wurde darüber im Gesundheitsausschuss diskutiert. ABDA-Präsidentin Overwiening zeigte den Abgeordneten auf, warum die Apotheken in einer so schwierigen Lage sind – und was dagegen hilft.

Die Lage bei der Verfügbarkeit von dringlich benötigten Arzneimitteln ist weiterhin sehr angespannt. Das stellt die oppositionelle CDU/CSU-Fraktion gleich zu Beginn ihres Antrags „Arzneimittelversorgung sicherstellen – Versorgungssicherheit gewährleisten“ fest. Apotheken werden als „tragende Säule in der Arzneimittelversorgung“ bezeichnet, ihre Situation aber drohe „in eine Schieflage zu geraten“, heißt es weiter.

Forderungen der ABDA übernommen

Einige Forderungen der ABDA wurden in den Antrag aufgenommen, beispielsweise, dass das Fixhonorar „um einen angemessenen Betrag“ angehoben und „vor dem Hintergrund der aktuellen Kostenentwicklung eine regelmäßige Berichtspflicht der Bundesregierung über die Entwicklung des Apothekenhonorars“ etabliert werden soll. Die Belange der Pharmaindustrie und des Großhandels finden ebenso ihren Platz in dem Dokument. Kritisiert wird allgemein, dass der Bundesgesetzgeber keinen fortlaufenden „vertrauensvollen Dialog“ mit den Beteiligten führe.

Mitte November wurde der Antrag im Bundestag diskutiert, an diesem Mittwoch war der Gesundheitsausschuss dran – und tatsächlich war das Interesse an den Apotheken groß. So zeigte sich Kathrin Vogler von der Bundestagsfraktion die Linke beeindruckt von den Forderungen, die die Unionsparteien von der ABDA übernommen und in ihrem Antrag aufgenommen haben. Vogler wollte von ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening in diesem Zusammenhang wissen, wie viele Forderungen die Standesvertretung bereits zur Zeit der letzten CDU-geführten Regierung aufgestellt hatte – und wie viele davon von den Unionsparteien nicht erfüllt wurden.

Overwiening diplomatisch

Overwiening zeigte sich diplomatisch, ging nicht weiter auf die Frage ein und betonte, welchen Beitrag die Apothekenteams zur Bewältigung der Pandemie geleistet hatten und wie hart es sie getroffen habe, dass die erste Reaktion dann die Kürzung ihres Honorars durch die Erhöhung des Kassenabschlags gewesen sei. Die Forderungen im Antrag seien nun wichtig, damit die Apotheken auch weiterhin so Außergewöhnliches leisten könnten.

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Auf die Frage nach der Priorisierung der Forderungen der Apothekerschaft sagte Overwiening, es würde erstens darum gehen, dass die Apotheke vor Ort nur mit Approbierten betrieben werden dürfe. Zudem brauche man eine angemessene Honorierung, derzeit sei man komplett von der wirtschaftlichen Entwicklung abgeschnitten. Die ABDA-Präsidentin machte außerdem darauf aufmerksam, dass die Apotheken unter zu viel Bürokratie litten und deshalb schon aus zeitlichen Gründen nicht die Expertise einbringen könnten, über die sie verfügen.

Wo hakt es bei den pDL?

Eine Vertreterin der SPD wollte wissen, warum es bei den pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) hakt. Overwiening erklärte, dass es wegen der großen Belastung der Apotheken unter anderem einen hohen Krankenstand und auch erheblichen Druck gebe. Zudem seien die Patientinnen und Patienten noch nicht ausreichend informiert. Sie verwies in diesem Zusammenhang auf die eben gestartete Kampagne der ABDA. Außerdem brauche man ein breiteres Spektrum an pDL und weniger Bürokratie.

Bezüglich der Pläne zum Honorar im Eckpunktepapier führte die ABDA-Präsidentin aus, dass diese mit der Umlegung des prozentualen auf den festen Anteil auf ein „Nullsummenspiel“ hinausliefen. Perspektivisch allerdings handele es sich sogar um eine Honorarkürzung, da die Apotheken noch weiter von der Preisentwicklung abgekoppelt werden.

Skonto-Urteil hat viele „aufgeschreckt“

Auch das Skonto-Urteil und seine Folgen waren Thema. Overwiening konstatierte, dass es die Apothekerschaft „erschüttert“ habe. Zudem habe es viele „aufgeschreckt“, dass die staatliche Honorierung nicht ausreiche und der Großteil der Apotheken an den Skonti hänge. Sie forderte, dass die Vergütung eine Höhe hat, die es den Apotheken ermöglicht, ihren Versorgungsauftrag zu erfüllen.

„Prekäre“ Situation der PTA-Schulen

Erschütternd war auch, was der Einzelsachverständige und PTA-Schulleiter Edgar Gräf zu berichten hatte. Die Situation sei „prekär“, PTA sei ein „Fachkräftemangelberuf“. Die Schülerzahlen sinken, auch das Bildungsniveau. Die Rate der Abbrecher habe 2021 bei 40 Prozent gelegen. PKA sei gar ein „aussterbender Beruf“. Schuld sei die Konkurrenz der Ausbildungsberufe in Gesundheitssystem – und dass es bei PTA immer noch keine Schulgeldfreiheit gebe. Er forderte eine „Nichtunterlegenheit“ der PTA-Ausbildung gegenüber anderen Gesundheitsberufen und eine angemessene Vergütung, dies werde seit langer Zeit versprochen. Gleichzeitig machte er mit Blick auf die wirtschaftliche Lage der Apotheken klar, dass die Schuld an der Misere sie nicht treffe.

Pro Generika: Es braucht auskömmliche Preise

Bork Bretthauer von Pro Generika zeigte sich optimistisch bezüglich der Auswirkungen des Lieferengpassgesetzes (ALBVVG). Allerdings brauche es eine auskömmliche Vergütung. Er wisse von keinem Unternehmen, das wegen des ALBVVG mehr Generika produziere. Zudem kritisierte er, dass die Vorschriften zur Bevorratung in Deutschland unsolidarisch gegenüber dem europäischen Ausland seien. Bei den Rabattverträgen sei immer noch das Problem, dass bei 99 Prozent der Preis das Zuschlagskriterium sei. Man brauche aber Ausschreibungen bei Generika, die sich nach Resilienz, auskömmlichen Preisen und Versorgungssicherheit richten.

BAH: Macht keinen Sinn auf Lager zu produzieren

Bezüglich der Maßnahmen des ALBVVG wurde auch der Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH) gefragt, wie die Vorschriften zur erweiterten Lagerhaltung und den Dokumentationspflichten zu bewerten seien. Hauptgeschäftsführer Hubertus Cranz erläuterte, dass dies mit einem „enormen Kostenaufwand“ verbunden sei. Zudem mache es in Zeiten der Knappheit keinen Sinn auf Lager zu produzieren. Wichtiger sei Bürokratieabbau in Zusammenhang mit der Produktion. Man habe da eine Reihe von Vorschlägen zu Maßnahmen, beispielweise zum erleichterten Austausch von Arzneimitteln mit Blick auf die Hersteller.

GKV: Steigende Ausgaben eine Herausforderung

GKV-Spitzenverband und AOK wurden mit den von verschiedenen Akteuren im Gesundheitssystem geäußerten Forderungen nach mehr Geld konfrontiert. Die GKV-Vertreterin erklärte, dass die steigenden Ausgaben ohnehin eine Herausforderung seien. Mit Blick auf das ALBVVG rechne man mit 500 Millionen Euro, beim geplanten Medizinforschungsgesetz mit zwei Milliarden Mehrausgaben. Gleichzeitig hege man Zweifel, ob dies für die Versorgung  einen Vorteil bringe.

Die Forderung der ABDA nach einer Erhöhung des Fixums auf 12 Euro hingegen werde konservativ gerechnet zu einer Mehrbelastung von 2,7 Milliarden Euro führen. Bei einem Beitragssatz von 16 Prozent hätte das – sollte es keine ausgleichenden Steuermittel geben – eine Beitragserhöhung von 0,17 Prozentpunkten zufolge.

AOK: Ohne Bundeszuschüsse geht es nicht

Auch die AOK-Vertreterin sagte, man habe keine Mittel zur Verfügung. Die von CDU/CSU in ihrem Antrag geforderten Honorarerhöhungen verbunden mit einer anderweitig gestellten Forderung nach einer 40-Prozent-Grenze bei den Sozialabgaben gehe ohne Bundeszuschüsse nicht. Ohnehin werde das bereits große Auseinanderklaffen von Ausgaben und Einnahmen der Kassen in Zukunft zunehmen.


Matthias Köhler, DAZ-Redakteur
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Es ist keine Erhöhung.

von Rainer W. am 22.02.2024 um 14:36 Uhr

Es ist keine Erhöhung. Wann wird das endlich kommuniziert. Es ist ein Inflationsausgleich. Wir hatten die höchste Inflation seit bestehen der Bundesrepublik. Die Inflation trifft alle, also muss auch der Inflationsausgleich alle treffen.

Es müssen ausserdem die Kürzungen durch den Gesundheitsminister, die anstehende Tarifrunde und das Boni-Urteil ausgeglichen werden.

Wenn die Kassen es nicht schaffen, mit ihren Rekordeinnahmen die Kosten des Gesundheitssystems zu decken, sollten sie dringend die Versicherungsfremden Leistungen kürzen.

Nach dem sich die Kassen wiederholt im zweistelligen Milliardenbereich verechnet haben und aus rechnerischem Defizit wurde plötzlich ein fettes Plus ist denen eh nicht mehr zu trauen.

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