Kammerversammlung

Schleswig-Holstein: Resolution an Wirtschaftsminister

Kiel - 22.02.2024, 17:50 Uhr

Ist enttäuscht von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck: Schleswig-Holsteins Kammerpräsident Kai Christiansen. (Foto: tmb / DAZ)

Ist enttäuscht von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck: Schleswig-Holsteins Kammerpräsident Kai Christiansen. (Foto: tmb / DAZ)


Die Reaktionen auf die Eckpunkte des Bundesgesundheitsministeriums waren das zentrale politische Thema bei der Versammlung der Apothekerkammer Schleswig-Holsteins. Kammerpräsident Christiansen bekräftigte, dass die ABDA zur 12-Euro-Forderung steht, und betonte die Bedeutung des Kassenabschlags. Die Versammlung verabschiedete eine Resolution, um Bundeswirtschaftsminister Habeck an die angekündigte Honorarerhöhung zu erinnern.

Bei der Kammerversammlung der Apotheker Schleswig-Holsteins in Kiel zeigte sich deren Präsident Kai Christiansen am Mittwoch enttäuscht von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis90/Die Grünen), der ihm im vorigen Jahr eine Erhöhung des Festzuschlags zugesagt hatte. Mit der Übergabe der Verantwortung an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) treibe Habeck die Apotheken in die Betriebsaufgabe und die Insolvenz.

Christiansen betonte, dass die Apothekerinhaber mit ihrem Privatvermögen haften, und folgerte: „Es wird Zeit, dass wir den Kontrahierungszwang und das Sachleistungsprinzip, denen wir in der Apotheke unterliegen, mehr als deutlich in Frage stellen.“ In der anschließenden Diskussion wurde dieser bemerkenswerte Gedanke allerdings nicht mehr aufgegriffen.

Elf E-Mails und 18 SMS: Habeck reagiert nicht mehr

Zum „großen Aufschrei“ nach dem Skonto-Urteil erklärte Christiansen, die Zahlen dazu hätten gezeigt, „dass wir am Tropf des Großhandels hängen“. Darauf hätte man eine Reaktion des Wirtschaftsministers erwarten können, und er habe ihm wieder eine E-Mail gesendet. Doch auf seine letzten elf E-Mails und 18 SMS an den Minister habe er keine Antwort mehr erhalten.

Christiansen sehe sich vor der Frage, was bleibt, wenn der zuständige Minister zunächst seinen Willen bekundet, das Packungshonorar zu erhöhen, dann aber alle Verantwortung von sich weist und auf einen Gesundheitsminister verweist, „der vor einigen Jahren kräftig dazu beigetragen hat, dass der Pharmastandort Deutschland kaputtgespart wurde, und nun das Gleiche mit Krankenhäusern, Arztpraxen und Apotheken macht“.

ABDA steht zur Zwölf-Euro-Forderung

Der Kammerpräsident berichtete auch über die jüngsten Sitzungen der ABDA und der Bundesapothekerkammer (BAK) zu möglichen Handlungsoptionen für Gespräche mit dem Bundesgesundheitsministerium (BMG). Er betonte, dies seien Gespräche und keine Verhandlungen, und erklärte: „Lauterbach verhandelt nicht mit uns. Wenn wir Glück haben, hört er uns zeitweise zu.“ 

Dabei sei Vertraulichkeit vereinbart worden. Doch Christiansen wandte sich gegen Gerüchte, nach denen die ABDA von ihrer Forderung nach zwölf Euro Packungszuschlag abgerückt wäre: „Das ist sie nicht.“

Kassenabschlag ist entscheidend für Finanzierung

Außerdem warnte Christiansen vor der Forderung, als Reaktion auf das Skonto-Urteil den Kassenabschlag abzuschaffen, und erklärte: „Der Abschlag hat ein Gutes.“ Der Kassenabschlag setzt voraus, dass die Rechnung der Apotheke innerhalb von zehn Tagen bezahlt wird. Ohne den Kassenabschlag könnten daraus mehrere Wochen werden, erklärte Christiansen und gab zu verstehen, dass die Apotheken die hohen Beträge so lange nicht finanzieren könnten. Er ließ aber durchblicken, dass bei der ABDA darüber nachgedacht werde, was eine Reduzierung des Kassenabschlags auch unter 1,77 Euro bringen könnte. 

Außerdem sei es bei der BAK um ordnungspolitische Aspekte gegangen. Demnach sollten die klar definierten Zweig-Apotheken nicht verändert werden. Eher könnte eine weitere Variante geschaffen werden, wenn dies nötig sei. 

Umverteilung des Honorars

In der ABDA sei auch über die in den Eckpunkten des BMG vorgesehene Umverteilung des Honorars gesprochen worden. Der prozentuale Honoraranteil sei der einzige Faktor, mit dem die Apotheken mit einem kleinen Prozentsatz an der Wirtschaftsentwicklung teilnehmen. Doch eine Umverteilung würde nur einmal geschehen. Schon im folgenden Jahr wäre das weggefallene Prozent mehr wert.

Dazu berichtete Christiansen über den Besuch der stellvertretenden Vorsitzenden des Bundestagsgesundheitsausschusses, Frau Dr. Kappert-Gonther (Grüne), beim Präsidenten der Apothekerkammer Bremen, Klaus Scholz. Sie habe sich dort sehr überrascht gezeigt, dass die Apotheken Hochpreiser im sechsstelligen Bereich für bis zu 40 Tage vorfinanzieren müssen.

Außerdem ging Christiansen auf den Plan ein, dass der Festzuschlag langfristig zwischen der GKV und Apothekern ausgehandelt werden soll. Dies sollte nicht mit den Verhandlungen der Ärzte über ein Gesamtbudget verwechselt werden. Es sei enorm wichtig, „dieses möglicherweise vergiftete Angebot von Lauterbach ausgiebig diskutieren zu können.“

Gesprächsklima – für welche Gespräche?

In der Diskussion wies der Delegierte Ulrich Ströh auf das gerade bei DAZ.online vorgestellte Diskussionspapier zu den Eckpunkten hin, an dem er beteiligt ist. Bei der ABDA habe er derzeit den Eindruck von Hilflosigkeit. Es gehe ihm darum, „neue Wege zu gehen“ und ein „ordentliches Gesprächsklima“ zu schaffen, um inhaltlich mehr zu erreichen. In der Diskussion wurde entgegnet, Minister Lauterbach spreche nur über seine Punkte und über nichts anderes. 

Christiansen verwies darauf, dass im Landtag in Schleswig-Holstein alle Parteien einig seien, dass die Apotheken nicht kaputtgespart werden dürfen. Sozialministerin Kerstin von der Decken (CDU), die derzeit den Vorsitz in der Gesundheitsministerkonferenz der Länder innehat, unterstütze die Apotheken. Doch Lauterbach lasse sich nichts sagen. Dies gelte auch für die Anliegen anderer Gruppen im Gesundheitswesen. „Es betrifft alle“, erklärte Christiansen und folgerte, dies sei kein Unvermögen der ABDA.

Resolution einstimmig verabschiedet

Diskutiert wurde auch über mögliche Reaktionen der Apotheken. Christiansen bekräftigte, dass die ABDA einen Maßnahmenplan hat, der auf die jeweilige Stufe im erwarteten parlamentarischen Verfahren eingeht. Maßnahmen, die Lauterbach träfen, würden aber den Apotheken noch mehr weh tun. 

Doch es ging auch um Minister Habeck. Christiansen erklärte, er hätte ihn bisher als offen und ehrlich erlebt und sehe zu ihm auch eine Verbindung als Abgeordneter seines Wahlkreises. Doch nun sei er sehr enttäuscht und erinnerte daran, dass der Wirtschaftsminister weiterhin für die Apothekenhonorierung zuständig ist. Daraufhin verabschiedete die Kammerversammlung einstimmig eine Resolution, die Habeck auffordert sein Versprechen umgehend einzulösen.

Resolution der Apothekerkammer Schleswig-Holstein vom 21. Februar 2024

2023 haben 497 Apotheken ihren Betrieb eingestellt und wurden geschlossen, sie stehen damit nicht mehr für die Sicherstellung der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung zur Verfügung. Das ist der größte jährliche Verlust an Apotheken in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.

Die Mitglieder der Kammerversammlung der Apothekerkammer Schleswig-Holstein fordern den Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck auf, sein im Juni 2023 gegebenes Versprechen, das Packungshonorar der Apotheken zu erhöhen, umgehend einzulösen.


Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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