- DAZ.online
- News
- Politik
- „Lasst uns Apotheke ...
Den Apotheken geht es wirtschaftlich derzeit nicht gut. Um sie zukunftsfähig zu machen, braucht es tragfähige Konzepte, mit denen sich Geld verdienen lässt. Das machten Stefan Hartmann und Vanessa Conin-Ohnsorge bei der Eröffnung des Kooperationsgipfels des Bundesverbandes deutscher Apothekenkooperationen (BVDAK) deutlich, der Mittwoch und Donnerstag in München stattfand. Diese Konzepte müsste allerdings die Branche selbst entwickeln und dafür sorgen, dass sie in Berlin auch gesehen werden.
Es war mal wieder so weit: Der Bundesverband deutscher Apothekenkooperationen (BVDAK) hat zum Kooperationsgipfel geladen. Zwei Tage lang war in München Netzwerken angesagt. Probleme anderer Veranstalter, die Teilnehmerzahlen vor Corona zu erreichen, hat der BVDAK offenbar nicht. Laut dem Vorsitzenden Stefan Hartmann war sein „Familientreffen“ überbucht.
In seinem Einstiegsvortrag, den er gemeinsam mit Vanessa Conin-Ohnsorge von der Denkfabrik Apotheke hielt, verbreitete Hartmann allerdings zunächst weniger positive Stimmung. Man müsse aufpassen, dass man in diesen Zeiten das Positive nicht aus den Augen verliere, sagte er. Er werde es aber versuchen, auch wenn es nicht leicht fällt. Aus seiner Sicht geht es derzeit darum, ein System zu erhalten, das ein Auslaufmodell ist. Die Beitragsfinanzierung komme in Zeiten des demographischen Wandels ans Ende. Hartmann vermisst die notwendige Weichenstellung durch die Politik.
Der BVDAK-Vorsitzende hält es für einen großen Fehler, dass 2004 die Kassen vom „Payer zum Player“ wurden. Die Leistungserbringer seien in deren Augen nur lästige Kostenverursacher, jeder, der das System verlasse, zum Beispiel wegen Insolvenz, entlaste es. „Auf der anderen Seite leisten wir uns Gehälter für 95 Kassenvorstände“, so Hartmann. Von diesem Geld könnte man viele PTA bezahlen. „Es ist grauenhaft, wie Politik in Deutschland gemacht wird“, konstatierte er. „Wenn die Parteien so weitermachen, werden sie zur Gefahr für die Demokratie.“
Mehr zum Thema
Stimmen zum BGH-Urteil
„Eine historische-wirtschaftliche Katastrophe“
Sofortiger Rücktritt gefordert
BVDAK: Lauterbach muss weg!
Am Ende zählt die Geschlossenheit
BVDAK für bundesweiten Streiktag im November
Hartmanns Co-Moderatorin Vanessa Conin-Ohnsorge bemühte sich um eine positivere Botschaft. Sie sehe immer noch, dass es ein gutes System sei. „Das können wir aber nur erhalten, indem wir es aktiv mitgestalten“, sagte sie. Die Konzepte müssten aber auch umsetzbar sein, und nicht nur auf Ideen basieren, die gesponnen werden.
Drei Gedanken habe sie dazu. Erstens die Vernetzung und Kommunikation der Stakeholder untereinander. Die Stakeholder sprächen nämlich nicht miteinander. Apotheke werde meist nicht mitgedacht. Es brauche aber gemeinsame Lösungen. Zweitens müsse man die Prävention stärken. „Wir müssen mehr über Gesundheit reden“, so die Medizinerin. Drittens hält sie eine Kostenreduktion für dringend erforderlich. Zum einen in der Verwaltung, aber es müssten auch unnötige Interventionen und Doppel- und Dreifachversorgung vermieden werden.
Conin-Ohnsorge verwies auf Zahlen der Treuhand, wonach zwei Drittel der Apotheken Betriebsergebnisse bei null oder im negativen Bereich hätten. „Apotheken müssen sich die Frage stellen, mit welchen Konzepten sie künftig Geld verdienen wollen“, findet sie, „wenn uns das Versorgungsnetz am Herzen liegt, sind alle gefragt. Lasst uns Apotheke neu denken.“
„pDL erweitern, aber nur wenn sie wirtschaftlich sind“
Entscheidend sind dabei in ihren Augen eine klare Positionierung und klare Konzepte, mit denen Apotheken wie Wirtschaftsbetriebe agieren können. In Berlin müsse stärker wahrgenommen werden, was Apotheken mit ihren Leistungen beitragen können. Bislang passiere das nur punktuell. Es bedürfe einer starken Lobby.
Zudem brauche es sektorenübergreifende Zusammenarbeit. So könnte beispielsweise die niedrigschwellige Versorgung im Kiez eine großartige Rolle für die Apotheke vor Ort sein. Dem Personalmangel muss Conin-Ohnsorge zufolge mit sinnvoller Prozessautomatisierung begegnet werden. Außerdem brauche es eine Erweiterung der pDL, aber nur wenn sie wirtschaftlich sind. Viele Apotheken handelten nicht wirtschaftlich. „Ich tue etwas Gutes, steht bei vielen immer noch im Vordergrund.“ Zuletzt müssen Apotheken die Beratung intensivieren und die Menschen in den Mittelpunkt stellen.
„Wir sollten uns nicht gestalten lassen.“
Hartmann pflichtete ihr bei: „Es wurde lange gepredigt, die Zukunft werde pharmazeutisch entschieden. Richtig ist aber: Die Zukunft wird politisch und betriebswirtschaftlich entschieden. Nur wenn wir gut aufgestellt sind, können wir in die pharmazeutische Qualität investieren“, so der Apotheker und BVDAK-Chef.
Für die Zukunft sieht er beispielsweise Potenzial in Point-of-Care-Tests (PoC). Dazu gelte es aber Standesbrücken einzureißen zwischen Ärzten und Apothekern. Die zukünftigen Möglichkeiten müsse aber die Apothekerschaft selbst erarbeiten und präsentieren. In der Politik gebe es keine Fachleute dafür. „Wir sollten uns nicht gestalten lassen, sondern unser Konzept vorstellen.“ Zudem fordert Hartmann eine Rückbesinnung auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Auch wenn das negativ besetzt sei, halte er das für wichtig.
Vanessa Conin-Ohnsorge schloss den Eingangsvortrag: Hier säßen kluge Köpfe. Es brauche aber Mut und Energie und vor allem müssten Silos aufgebrochen werden.
6 Kommentare
Geschlossenheit
von Doc Hartmann am 25.02.2024 um 9:13 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
PDL? Meilenweit von einer "Kostendeckung" entfernt!
von Andreas Grünebaum am 23.02.2024 um 20:55 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Neu denken
von Roland Mückschel am 23.02.2024 um 17:14 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
.
von Anita Peter am 23.02.2024 um 12:36 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten
AW: Genau...
von Mathias Mallach am 23.02.2024 um 13:12 Uhr
AW: .Honoraranpassung und Folgen
von Björn Kersting am 24.02.2024 um 7:38 Uhr
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.