Vorsicht bei Kobalt-Kontaktdermatitis

Kann man auf Vitamin B12 allergisch reagieren?

Stuttgart - 26.02.2024, 09:15 Uhr

Manchmal liegt die Ursache eines allergischen Ausschlags auf der Hand – manchmal aber auch nicht .... (Foto: HENADZY / AdobeStock)

Manchmal liegt die Ursache eines allergischen Ausschlags auf der Hand – manchmal aber auch nicht .... (Foto: HENADZY / AdobeStock)


Theoretisch kann der Mensch auf alles Mögliche allergisch reagieren, auch auf Arzneimittel. Doch ist das beispielsweise bei Präparaten aus der Apotheke wahrscheinlich, die zur Vitamin-B12-Supplementation eingesetzt werden? Zumindest bei einer bestehenden Kobalt-Allergie sollte eine Vitamin-B12-Supplementation bei Hautausschlag wohl hinterfragt werden. Darauf macht die britische Arzneimittelbehörde aufmerksam.

Wenn Patient:innen mit Hautausschlägen in die Apotheke kommen, gilt es beispielsweise auch an Kontaktallergien zu denken. Häufige Auslöser für Kontaktallergien sind Metalle wie Nickel und Kobalt, Latex, Klebstoffe beispielsweise in Pflastern, Duftstoffe und ätherische Öle, Reinigungs- und Lösungsmittel, aber auch Arzneimittel, die auf die Haut aufgetragen werden [1].

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Friseur:innen beispielsweise sind durch Metallwerkzeuge einem erhöhten Risiko für Nickel- und Kobalt-Allergien ausgesetzt. In einer Studie litten 11,4 Prozent von 70 befragten Friseur:innen an einer Nickel-Allergie und 2,9 Prozent zusätzlich an einer Kobalt-Allergie [2].

Während es also bei einem Hautausschlag zunächst gilt, der Ursache auf den Grund zu gehen, dürfte für Apotheker:innen zusätzlich interessant sein, dass eine bekannte Kobalt-Allergie auch bei der Abgabe von Arzneimitteln und Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) relevant sein kann.

Ausschlag unter Vitamin-B12-Supplementation

So wies die britische Arzneimittelbehörde MHRA (Medicines and Healthcare products Regulatory Agency) Ende letzten Jahres darauf hin, dass Präparate, die zur Behandlung eines Vitamin-B12-Mangels eingesetzt werden, genauso wie endogenes Vitamin B12 eine Kobalt-Komponente enthalten. Gemeint sind Präparate mit den Inhaltsstoffen Cyanocobalamin oder Hydroxocobalamin.

Ein bis drei Prozent der Allgemeinbevölkerung seien schätzungsweise von einer Kobalt-Allergie betroffen. Deshalb rät die MHRA, bei Entwicklung eines Hautausschlags oder Nesselsucht unter Vitamin-B12-Supplementation einen Arzt aufzusuchen. Die Überempfindlichkeitsreaktion könne sofort oder mit einer Verzögerung von zwölf bis 72 Stunden nach Exposition auftreten. 

Die Warnung der MHRA basiert auf drei Fallberichten sowie Hinweisen aus der Literatur [3].

Vitamin B12 (Sammelbegriff für Cobalamine [4]) gilt als eines der komplexesten kleinen Moleküle der Natur und vermittelt eine Fülle an komplizierten chemischen Vorgängen, die sich letztlich auf die Eigenschaften eines zentralen Kobaltions zurückführen lassen [5].

Tritt nur ein Hautausschlag auf, ist das angesichts der Wichtigkeit der Versorgung mit Vitamin B12 laut MHRA allerdings keine Kontraindikation für die Supplementation. Trat jedoch bei Menschen mit Kobalt-Allergie eine schwere allergische Reaktion in der Vergangenheit auf, gilt es Nutzen und Risiken einer Behandlung gut abzuwägen – wenn beispielsweise von einer ausreichenden Vitamin-B12-Versorgung über die Nahrung auszugehen ist. Außerdem kommen Hydroxcobalamin-Produkte auch bei Cyanid-Vergiftungen zum Einsatz, wobei eine Kobaltallergie offensichtlich auch keine Kontraindikation wäre.

Künftig sollen die Produktinformationen in Großbritannien darauf hinweisen, dass in Vitamin B12 Kobalt enthalten ist [3]. 

Indikationen für die Vitamin-B12-Supplementation

„Da Vitamin B12 ausschließlich in tierischen Lebensmitteln vorkommt, ist die adäquate Versorgung vegan lebender Personen besonders kritisch und ohne die Einnahme eines Supplements oder den Verzehr angereicherter Lebens­mittel nicht möglich. Auch Ovo-Lacto-Vegetarier sind häufig nicht ausreichend versorgt. 

Die Dosierung eines Supplements zur Prophylaxe eines Vitamin-B12-Mangels sollte sich bei fehlender alimentärer Aufnahme an den Zufuhrempfehlungen der DGE orientieren. Bei Senioren sind je nach Ausprägung einer zugrundeliegenden atrophischen Gastritis auch höhere orale Dosierungen nötig.

Bei bereits klinisch manifesten Mangelzuständen sind die notwendigen Dosierungen wesentlich höher. Ein schweres Vitamin-B12-Defizit mit manifesten neurologischen und/oder hämatologischen Symptomen wird ­zunächst vier Wochen lang mit intramuskulärer Gabe von 1000 µg Cyano- oder Hydroxocobalamin therapiert, anschließend erfolgt eine orale Gabe von 500 µg bis 1000 µg Vitamin B12 pro Tag.“ 

Quelle: Podlogar J, Smollich M. Vitamin-B₁₂ -Mangel oft unterschätzt. DAZ 2018, Nr. 26, S. 38 

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Literatur

[1] Webseite gesundheitsinformation.de des IQWiG. Eintrag zu Kontaktallergie. Stand 31. Januar 2024, www.gesundheitsinformation.de/kontaktallergie.html

[2] Pressemitteilung der Universität Osnabrück. Nickel- und Kobaltallergie im Friseurhandwerk – Neue Studie an der Universität Osnabrück. Stand 27.08.2021, nachrichten.idw-online.de/2021/08/27/nickel-und-kobaltallergie-im-friseurhandwerk-neue-studie-an-der-universitaet-osnabrueck

[3] Mitteilung der MHRA (Medicines and Healthcare products Regulatory Agency). Vitamin B12 (hydroxocobalamin, cyanocobalamin): advise patients with known cobalt allergy to be vigilant for sensitivity reactions. 18. Dezember 2023, www.gov.uk/drug-safety-update/vitamin-b12-hydroxocobalamin-cyanocobalamin-advise-patients-with-known-cobalt-allergy-to-be-vigilant-for-sensitivity-reactions

[4] Internetseite der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/vitamin-b12/

[5] Osman D, Cooke A, Young T et al. The requirement for cobalt in vitamin B12: A paradigm for protein metalation. Biochim Biophys Acta Mol Cell Res. 2021;1868(1): 118896, www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7689651/


Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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