Nomenklatur der Grippeviren
Erklärt am Beispiel:
A/Victoria/4897/2022 (H1N1)
- A = Gattung
- Victoria = Ort der ersten Isolation
- 4897 = Stamm
- 2022 = Jahr der ersten Isolation
- H1N1 = Subtyp (bei Influenza A, Linie bei Influenza B)
Während die Grippe-Welle in Deutschland weiter anhält, hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereits ihre Empfehlung für die Grippe-Impfstoffzusammensetzung der nächsten Influenza-Saison 2024/2025 bekannt gegeben. Recht unauffällig verkündet die WHO darin eine kleine Revolution des Influenzaimpfstoff-Markts: den Ausschluss des B/Yamagata-Antigens und damit die Rückkehr zu trivalenten Grippe-Impfstoffen.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat am 23. Februar 2024 ihre Empfehlungen für die Zusammensetzung der Influenza-Impfstoffe der Saison 2024/2025 auf der Nordhalbkugel veröffentlicht. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt in Deutschland allen Personen ab 60 Jahren (als Standardimpfung) sowie bestimmten Personengruppen (als Indikationsimpfung), sich jährlich im Herbst gegen Influenza impfen zu lassen – und zwar mit einem quadrivalenten Impfstoff mit aktueller von der WHO empfohlenen Antigenkombination:
Influenza-Impfstoffarten | Alte Zusammensetzung Nordhalbkugel (2023/2024) | Neue Zusammensetzung Nordhalbkugel (2024/2025) |
---|---|---|
Trivalente Impfstoffe aus der Hühnereikultur | A/Victoria/4897/2022 (H1N1)pdm09-like virus; A/Darwin/9/2021 (H3N2)-like virus; B/Austria/1359417/2021 (B/Victoria lineage)-like virus. | A/Victoria/4897/2022 (H1N1)pdm09-like virus; A/Thailand/8/2022 (H3N2)-like virus; B/Austria/1359417/2021 (B/Victoria lineage)-like virus. |
Trivalente rekombinante Impfstoffe oder aus Zellkultur | A/Wisconsin/67/2022 (H1N1)pdm09-like virus; A/Darwin/6/2021 (H3N2)-like virus; B/Austria/1359417/2021 (B/Victoria lineage)-like virus | A/Wisconsin/67/2022 (H1N1)pdm09-like virus; A/Massachusetts/18/2022 (H3N2)-like virus; B/Austria/1359417/2021 (B/Victoria lineage)-like virus |
Quadrivalente Impfstoffe | B/Phuket/3073/2013 (B/Yamagata lineage)-like virus | Die B/Yamagata-Stammeskomponente des Impfstoffs sollte ausgeschlossen werden. Wenn quadrivalente Impfstoffe weiterhin verwendet werden: B/Phuket/3073/2013 (B/Yamagata lineage)-like virus |
Während für die meisten Patient:innen weniger relevant sein dürfte, gegen welche Influenza-Viren sie genau geimpft werden, gibt es für die Influenza-Saison 2024/2025 nun doch eine recht praxisrelevante Änderung der WHO-Empfehlung: Die B/Yamagata-Stammeskomponente soll künftig aus den Influenza-Impfstoffen ausgeschlossen werden, da sie nicht mehr gerechtfertigt ist, heißt es.
Nach März 2020 seien (aufgrund der COVID-19-Pandemie) keine natürlich auftretenden Viren der B/Yamagata-Linie mehr nachgewiesen worden. Würde die Komponente weiterhin in Lebendimpfstoffe mitaufgenommen, bestehe das theoretische Risiko, die B/Yamagata-Linie wieder in die Bevölkerung einzuschleppen. Es sollten deshalb alle Anstrengungen unternommen werden, das B/Yamagata-Antigen aus den Influenza-Impfstoffen auszuschließen.
Das schrieb die WHO bereits in im September 2023 in ihren Empfehlungen für die Zusammensetzung der Influenza-Impfstoffe für die Grippe-Saison auf der Südhalbkugel in diesem Jahr und wiederholt diese Empfehlung nun auch für die nächste Saison auf der Nordhalbkugel.
Erklärt am Beispiel:
A/Victoria/4897/2022 (H1N1)
Die Nachrichtenseite „Stat-News“ berichtete im September 2023 bereits über die neue Empfehlung der WHO und erklärte, dass diese für viele Länder keine großen Auswirkungen haben werde, weil dort meist noch trivalente Influenza-Impfstoffe zum Einsatz kommen. Länder wie Deutschland oder die USA, die mit quadrivalenten Influenza-Impfstoffen impfen, dürfte die neue Empfehlung hingegen mehr beschäftigen. Der Wechsel zurück zu trivalenten Impfstoffen dürfte nämlich einige Zeit für die Zulassung und Herstellung in Anspruch nehmen.
In der wissenschaftlichen Gemeinschaft werde auf Forschungsebene zudem schon länger darüber diskutiert, die B/Yamagata-Komponente künftig durch einen anderen Grippe-Virustypen oder etwa Vogel- oder Schweinegrippeviren (mit Pandemie-Gefahr) zu ersetzen, doch die Rückkehr zu trivalenten Influenza-Impfstoffen erscheint für die Praxis derzeit wahrscheinlicher. Und auch diese Rückkehr dürfte noch einige Zeit in Anspruch nehmen.
Im Januar dieses Jahres meldete „Stat-News“, dass es laut der „International Federation of Pharmaceutical Manufacturers and Associations“ (IFPMA) bis zur Grippe-Saison 2025/2026 auf der Nordhalbkugel und 2026 auf der Südhalbkugel dauern werde, bis die Änderung der WHO-Empfehlung Eingang in die Impfstoffherstellung finden kann. Die Umstellung würde laut IFPMA schätzungsweise 170 Arzneimittelbehörden betreffen.
Um Lieferengpässen vorzubeugen, plädiert die IFPMA für eine global synchronisierte Umstellung zu trivalenten Influenza-Impfstoffen. Währenddessen diskutiert die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA bereits, ob in den USA nicht doch ein früherer Wechsel zurück zu trivalenten Impfstoffen möglich wäre.
Man darf also gespannt sein, wann und in welchem Umfang sich die neuen WHO-Empfehlungen auch in Deutschland in der Praxis niederschlagen werden.
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