Aufmerksamkeit für Apothekenberufe

Nachwuchs dringend gesucht – ABDA präsentiert umstrittene Kampagne

Berlin - 29.02.2024, 10:45 Uhr

Über die Nachwuchssorgen der Apotheken sprachen ABDA-Abteilungsleiterin Berit Winter, ABDA-Präsidentin Gabriele Overwiening, die BVpta-Vorsitzende Anja Zierath und Olcay Kaya von der Jugendberufsagentur Berlin. (Foto: ABDA / Wagenzik)

Über die Nachwuchssorgen der Apotheken sprachen ABDA-Abteilungsleiterin Berit Winter, ABDA-Präsidentin Gabriele Overwiening, die BVpta-Vorsitzende Anja Zierath und Olcay Kaya von der Jugendberufsagentur Berlin. (Foto: ABDA / Wagenzik)


„How to sell drugs offline (fast)“: Die aktuelle Nachwuchskampagne der ABDA stößt innerhalb der Apothekerschaft auf Kritik. Am vergangenen Dienstagabend präsentierte die Bundesvereinigung bei einem Kinoabend in Berlin eine Mini-Serie, mit der sie das Interesse der 15- bis 20-Jährigen wecken will, und verteidigte das Konzept.

Wie kann es gelingen, junge Menschen für die Arbeit in einer öffentlichen Apotheke zu begeistern? Mit dieser Frage hat sich die ABDA in Zusammenarbeit mit der Kommunikationsagentur Cyrano beschäftigt. Das Ergebnis ist eine jetzt anlaufende Kampagne mit dem Titel „How to sell drugs offline (fast)“. Angelehnt ist der Name an eine mehrfach ausgezeichnete Netflix-Serie, die unter Jugendlichen großen Anklang findet.

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„How to sell drugs offline (fast)“

Wenig Begeisterung löst das Konzept hingegen unter den bereits approbierten Kolleginnen und Kollegen aus. Slogans wie „Bock zu ticken?“ und „Deine Oma kauft ihren Stoff bei mir!“ könnten falsche Signale senden, glauben manche Apothekerinnen und Apotheker. Erklärungsversuche lieferten ABDA und Cyrano am vergangenen Dienstagabend in Berlin. Dort bekamen die Gäste im Kino Babylon die zehnteilige Mini-Serie „Die Apotheke“ erstmals in voller Länge zu sehen. Die sogenannte Mockumentary im Stil von „Stromberg“ und „Die Discounter“ soll unter den 15- bis 20-Jährigen Aufmerksamkeit für die Apothekenberufe erregen und ist ebenfalls Teil der aktuellen Nachwuchskampagne.

Der Wurm muss dem Fisch schmecken

ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening und ihr Kommunikationschef Benjamin Rohrer unterstrichen – wie zuletzt auch im Facebook-Livetalk –, dass die Kolleginnen und Kollegen, die bereits im Berufsleben stehen, nicht zur Zielgruppe der Kampagne zählten. Man wolle insbesondere diejenigen erreichen, die kurz vor dem Schulabschluss stehen und sich alsbald für eine Ausbildung oder ein Studium entscheiden müssen. Und in dieser Gruppe finde das Konzept durchaus Zustimmung. „Der Wurm muss halt dem Fisch schmecken und nicht dem Angler“, sagte Overwiening.

Unterstützung bekam sie von Matthias Cieslak von der Agentur Cyrano, mit der die ABDA seit vielen Jahren zusammenarbeitet. Cieslak betonte, dass es in der Vergangenheit nachweislich nicht gelungen sei, Schulabgänger in ausreichendem Maße zu erreichen – das soll sich nun ändern. Die Kampagne setze sich grob aus zwei Bausteinen zusammen: der Aufmerksamkeits- und der Informationsebene. Zunächst gehe es darum, das Interesse der Zielgruppe zu wecken, erst dann könne man ihnen die Fakten näherbringen. Und diesem Zweck diene auch die Mockumentary, die im Anschluss gezeigt wurde. „Aber das ist eben nur ein kleiner Teil des Konzepts“, sagte Cieslak und lud die anwesenden Gäste ein, sich auch mit der Informationsebene der Kampagne zu befassen. Auf der Website apotheken-karriere.de kann man seit 8. Februar jeden Donnerstag eine neue Folge der Mini-Serie „Die Apotheke“ streamen. Dort findet sich auch weiteres Kampagnenmaterial. 

Arbeitsplatz Apotheke: Für jeden ist etwas dabei

Was für die Arbeit in einer öffentlichen Apotheke spricht, erläuterte Berit Winter, Leiterin der Abteilung Berufe und Apothekenpraxis bei der ABDA, in einer eingeschobenen Diskussionsrunde zwischen Folge vier und fünf der Serie. Zum einen sei die Apothekenlandschaft sehr vielfältig, sodass jede und jeder einen passenden Arbeitsplatz finden könne – ob in einer großen oder kleinen Apotheke, auf dem Land oder in der Stadt, mit flachen oder klaren Hierarchien. Zum anderen sei das Teamgefüge in den Betrieben etwas ganz Besonderes, das viele junge Menschen zu schätzen wüssten. Overwiening hob zudem den sinnstiftenden Aspekt der Arbeit in der Offizin hervor, der ebenfalls sehr attraktiv sei.

Deutlich wurde aber auch, wo Verbesserungspotenzial liegt: Die Vorsitzende des Bundesverbands PTA (BVpta), Anja Zierath, forderte etwa neben der Schulgeldfreiheit auch eine Ausbildungsvergütung für angehende PTA. Olcay Kaya, Studien- und Berufsberaterin in der Jugendberufsagentur Berlin, stieß in ein ähnliches Horn – natürlich schauten Schülerinnen und Schüler bei der Berufswahl auch darauf, was sie im jeweiligen Job verdienen können. In diesem Feld können die Apothekenberufe offenbar im Vergleich nicht punkten. Ohne eine Anpassung des Gehaltstarifvertrags dürften es die Offizinen also weiterhin schwer haben, sich im Wettbewerb um den Nachwuchs gegen andere Branchen durchzusetzen.


Christina Grünberg (gbg), Apothekerin, Betriebswirtin (IWW), DAZ-Redakteurin
cgruenberg@daz.online


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2 Kommentare

Welchem Fisch soll das schmecken?

von Ulla Schulz am 29.02.2024 um 19:09 Uhr

Ich verfolge Ihre ABDA-Kampagne mit insgesamt 50 PTA-Schülern. Da wir uns im Fach Kommunikation gerade mit demselben Thema beschäftigen (Wie erreiche ich Schulabgänger und wecke ihr Interesse für unsere Schule?) diskutieren wir jede Folge sehr intensiv. Aber wirklich keinem meiner 50 Fische schmeckt der Wurm! Wie kann man in jeder Folge das Apothekenpersonal so klein machen und dermaßen desinteressiert und inkompetent erscheinen lassen? Die Erklärfilme zu den Videos sind gut, aber die Kopie der Netflixserie hätten Sie sich besser gespart. Ich kann mich jedenfalls jede Woche neu ärgern, bestenfalls belustigen in der Folge 3 und 5. Und meinen Schülern ergeht es genauso. Die möchten auch nicht, dass ihr zukünftiger Beruf derart freudlos und langweilig dargestellt wird.
Da ist der Wurm wohl vergiftet.
Wahrscheinlich hat die Kampagne viel Geld gekostet und deshalb wird um Akzeptanz geworben. Unsere bekommt sie nicht.
Allerdings gibt sie für den Deutschunterricht viel her! Die Schüler lernen, wie sie sich auf keinen Fall verhalten sollen!

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Einfach cringe oder gewollt schlecht?

von Dr. House am 29.02.2024 um 12:00 Uhr

Es gibt ein einziges mögliches Szenario, unter welchem die ABDA absolut verantwortungsethisch gehandelt hat. Das BMG, bzw Lauterbach hat die Karten auf den Tisch gelegt und zugegeben, dass die inhabergeführte Apotheke bewusst abgeschafft werden soll und das pharmazeutische Personal mittels Digitalisierung auf das absolute zur Versorgung nötige Minimum "eingedampft" werden muss. Gleichzeitig wurde Stillschweigen verabredet, denn NOCH sind die Apotheken so wie sie jetzt sind versorgungsrelevant und man muss die Frontschweine noch etwas bei Laune halten, bis DM, Rossmann oder der Postbote das Ruder übernimmt. Würden wir den Übergang nicht absichern, drohten chaotische Zustände, die der Hollandversand mal eben nicht abfangen kann. Ergo: Die Kampagnen dienen gar nicht dazu die Apotheke zu retten und Nachwuchs zu gewinnen. Stattdessen erzeugt man Ablenkung, Schönwetterpolitik ("man muss auch das Positive sehen") und Kröten, die zwar Kröten sind, aber mit (PDL) Zuckerguss überzogen, damit sie nicht ganz so eklig munden. Schon wie sehr man gerade feiert, dass ein selbstgeschaffenes Übel namens Präquali weg kommt, zeigt den Zustand unseres beruflichen Selbstwertgefühls auf dramatischste Weise. Es geht uns schon gar nicht mehr darum für anständige Arbeit anständig bezahlt zu werden. Wir geben uns schon damit zufrieden, wenn etwas weniger Leute staatlich legitimiert direkt GEGEN uns arbeiten dürfen, Zeit und Recourcen verschwenden und Machtspielchen spielen. Langsam, Tag für Tag, Apotheke für Apotheke verlieren wir unsere Geduld. Genau wie man einen Betablocker ausschleicht, wird dadurch die inhabergeführte Apotheke ausgeschlichen. Den Vertrauensbruch, die Enttäuschung, den Frust der Inhaber die durch dieses Planspiel aufgeben müssen oder gar in Insolvenz gehen wird man nicht verhindern. Doch was man noch verhindern könnte, wäre der ethische Skandal, dem Nachwuchs die ganze Sache auch noch schönzureden. Das hat die ABDA mit dieser Kampagne mit Bravur geschafft. Kein Jugendlicher, der diese Filme sieht, wird den Apothekerberuf für einen modernen, wichtigen Beruf halten. Ironischerweise hat die ABDA genau die Apotheke als Musterapotheke präsentiert, von der sie selbst doch abgeraten hat: DIE BUDE. Ich habe noch nie im Leben so eine gruselige Apotheke gesehen.
Bleiben wir beim Bild des Anglers. Der Wurm wurde (mit Absicht?) schlecht befestigt, sodass der Fisch den Haken deutlich aufblitzen sieht. Damit hat die ABDA Gutes getan. Sie hat verhindert, dass sich noch mehr junge Menschen in das Unglück Apotheke stürzen! Chapeau!

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