Auch wenn sich die Arzneimittelausgaben in der Gesetzlichen Krankenversicherung im Moment noch eher unauffällig entwickeln und extrem günstige Generika bislang teure patentgeschützte Arzneimittel kompensieren konnten – ewig wird dies sicherlich nicht funktionieren. Nach den Lieferengpässen der vergangenen Jahre ist klar, dass auch für Generika wieder mehr Geld in die Hand genommen werden muss. Es ist also absehbar, dass die Kosten auch für neue Arzneimittel wieder zum Thema werden.
Hoffnungsträger oder Systemsprenger?
Grund genug für die Techniker Krankenkasse (TK), die Entwicklungen im Markt der Gentherapeutika in die Öffentlichkeit zu bringen. Am heutigen Mittwoch präsentierte die Kasse ihren aktuellen mit dem aQua-Institut erstellten Report „Arzneimittel-Fokus: Gentherapeutika - Hoffnungsträger oder Systemsprenger?“. Dieser zeigt nicht nur auf, wie diese sehr speziellen neuartigen Arzneimittel, bei denen defekte Gene „repariert“ bzw. ersetzt werden, wirken und wie sie sich im Markt etablieren. Er schätzt auch die künftigen Kosten ab. Und weil diese erheblich sein werden, wirft er auch einen Blick in andere Länder: Wie geht man in den USA, Frankreich und Japan mit hochpreisigen neuen Arzneimitteln um? Und was lässt sich daraus für Deutschland mitnehmen?
Kosten von bis zu 35 Milliarden Euro?
TK-Chef Jens Baas will keinesfalls Pharma-Bashing betreiben. Ihm ist bewusst, dass die neuen Therapien teilweise sehr vielversprechend sind – und er hat auch gar nichts dagegen, dass die Unternehmen gute Gewinne machen. Doch am Ende müssen die Preise auch angemessen sein, erklärte Baas bei der Vorstellung des Reports. Nach Recherchen und Berechnungen der TK werden bei Zulassung aller 49 Gentherapeutika aus der Pipeline diese zu Ausgaben zwischen 26,7 und 35,6 Milliarden Euro führen – und das wird durchaus Beitragssatz-relevant, wie der TK-Chef betonte. Er will lieber jetzt schon darüber nachdenken, wie man mit dieser Situation umgeht. Dass das Thema noch in dieser Legislaturperiode angegangen wird, hält er für unwahrscheinlich. Derzeit beherrschen die Lieferengpässe die politische Diskussion. Niemand legt derzeit einen Fokus auf zu hohe Preise. „Aber wir müssen sensibilisieren“, sagt Baas, damit in der nächsten Legislaturperiode etwas getan wird.
Reale Kosten müssen maßgeblich sein
Aber welche neuen Wege in der Preisbildung könnten ermöglichen, dass auch künftig alle Patientinnen und Patienten von den neuen Therapiemöglichkeiten profitieren können? „Wir brauchen Preise, die sich an den tatsächlichen Forschungs- und Herstellungskosten orientieren“, sagt Baas. „Aktuell schaukeln sich die Preise immer weiter hoch, vor allem weil bei Arzneimitteln einer völlig neuen Wirkstoffklasse wie Gentherapeutika keine Vergleiche möglich sind.“ Die Hersteller können die Preise hier noch immer erst einmal selbst bestimmen. Deshalb brauche es eine sinnvolle Regulierung – und da setzt die TK nicht zuletzt auf Transparenz.
Vorbild Japan?
Mit besonderem Interesse blickt die Kasse nach Japan. Das Land hat mit einem kriterienbasierten Prämiensystem für neue Arzneimittel ohne Vergleichstherapie die Ausgaben gesenkt. Kern des Systems sind Dossiers der pharmazeutischen Unternehmen, in denen Herstellungs-, Vertriebs- und Vermarktungskosten transparent dargestellt werden. Anschließend werden nach Kriterien wie Innovationsgrad oder der Absatzfähigkeit unterschiedlich hohe Prämien aufgeschlagen. Eins zu eins lasse sich das japanische Modell sicher nicht für Deutschland übernehmen. Für diskussionswürdig hält es der TK-Chef aber durchaus.
Eine klare Absage erteilt die TK übrigens den sogenannten Pay-for-Performance-Modellen. Auch in diesen werde der festgesetzte Preis nicht infrage gestellt – er wird nur in Raten bezahlt. Und überdies sei es äußerst schwierig, sich auf konkrete Performance-Elemente zu einigen – wann ist wirklich ein wesentlicher Schritt erreicht? Baas weist zudem darauf hin, dass mit der hinter diesem Modell stehenden Logik auch Penicillin Tausende Euro kosten müsste, weil es schlimme Erkrankungen vermeidet.
Der Aufschlag ist gemacht. Früher oder später wird auch die Politik in die Diskussion über die Preise neuer Arzneimittel einsteigen müssen.
3 Kommentare
Kosten Gentherapeutika
von Roland Mückschel am 06.03.2024 um 18:22 Uhr
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AW: Kosten Gentherapeutika
von Tim Olol am 07.03.2024 um 10:43 Uhr
AW: Herr Olol
von Roland Mückschel am 07.03.2024 um 16:04 Uhr
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