Apotheke wirtschaftlich stärken

Erfolgreiche Profilierung durch Eigenmarken

Stuttgart - 07.03.2024, 07:00 Uhr

Eigenmarken gewinnen an Bedeutung: Die Bahnhof-Apotheke Kempten entwickelt seit 35 Jahren erfolgreich eigene Produkte. (Foto: Bahnhof-Apotheke Kempten)

Eigenmarken gewinnen an Bedeutung: Die Bahnhof-Apotheke Kempten entwickelt seit 35 Jahren erfolgreich eigene Produkte. (Foto: Bahnhof-Apotheke Kempten)


Der Begriff „Eigenmarke einer Apotheke“ kann in der Praxis vielfältige Ausprägungen annehmen. Ebenso sind die Ziele, die Apotheker mit ihren Eigenmarken verfolgen, mitunter recht unterschiedlich. Gerade in der Planungsphase, vor der Einführung der eigenen Produkte, ist es nicht immer einfach zu entscheiden, welchen Weg man einschlagen möchte.

Nicht jede Apotheke bietet sie an. Manch Apothekeninhaber spielt mit dem Gedanken sie einzuführen, und bei anderen hat sie sich bereits über Jahre bewährt und gehört längst zu den etablierten Produkten im Sortiment: Die Rede ist von Eigenmarken. Aus dem Einzelhandel sind Eigenmarken mittlerweile gut bekannt und gewinnen stetig an Bedeutung. Doch wie verhält es sich mit dem Thema „Eigenmarke“ in der Apotheke.

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Vor der Entscheidung

Bevor ein Apotheker zur Tat schreitet und seine eigene Marke auf den Weg bringt, gilt es sich im Vorfeld einiger Punkte im Klaren zu sein und sich eine passende Strategie zu überlegen. Es lohnt sich, sich die folgenden Fragen zu stellen: In welchem Bereich soll die Eigenmarke entstehen? Wie passt sie bestmöglich zu meiner Positionierung? Wie kann die Eigenmarke mein Sortiment erfolgreich ergänzen? Gibt es überhaupt eine Nachfrage, wo genau liegt der Bedarf der Kundschaft und wie hoch ist dieser? Ebenso ist die Frage, ob das notwendige Personal und die erforderlichen Räumlichkeiten vorhanden sind, vor der Einführung bestimmter Arten von Eigenmarken essenziell.

Die Entscheidung für eine bestimmte Sorte der Eigenmarke bringt verschiedene Regulatorien mit unterschiedlichem Aufwand mit sich. Es gelten teils unterschiedliche Gesetze oder Verordnungen bei der Herstellung und dem Vertrieb bestimmter Produkte. So gibt es etwa bei Kosmetik-Eigenmarken spezielle rechtliche Auflagen. Es gilt, sich mit den geltenden Bestimmungen für den jeweiligen Sektor im Vorfeld auseinanderzusetzen, zu prüfen, ob es bestimmte Anforderungen an Personal, Räumlichkeiten oder Sicherheitsauflagen gibt. 

Vorbereitung kann zeitaufwändig sein

Sich mit geltenden Gesetzen und Bestimmungen vertraut zu machen, bewusst zu wählen und sich über die regulatorischen Sachverhalte im Klaren zu sein, spielt eine große Rolle, um hinterher nicht von einem übermäßigen Organisationsaufwand überrascht zu werden. Diese Vorbereitung kann sehr zeitaufwändig sein und vielleicht in der Entscheidung münden, nicht selbst herzustellen und eine Eigenmarke auf externem Wege zu beziehen.

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Welche Arten von Eigenmarken gibt es?

Für Apotheken sind mehrere Arten von Eigenmarken denkbar, die sich in ihrer Herstellung oder ihrer Bezugsquelle unterscheiden können und das Sortiment beispielsweise im OTC- oder Freiwahlbereich ergänzen können. Sie reichen von Kosmetika, über Vitamine und Nahrungsergänzungsmittel bis hin zu Teemischungen.

Teils gibt es Apotheken, die eine eigene Marke entwickeln, produzieren und anbieten, die ausschließlich in der eigenen Apotheke oder im eigenen Verbund verkauft wird. Wenn eine Marke über die Regionalgrenzen hinaus bekannt wird, passieren es mitunter auch, dass sie ebenso von anderen Apotheken deutschlandweit bezogen und verkauft wird. Ein recht bekanntes Beispiel dafür ist die Bahnhof-Apotheke Kempten mit ihrer Eigenmarke, den Original Stadelmann®-Aromamischungen (siehe Infokasten).

Eigenmarke Bahnhof-Apotheke Kempten

Die Bahnhof-Apotheke Kempten, heute unter der Leitung der beiden Apotheker Dietmar Wolz und seinem Sohn Alexander Wolz, begann im Jahr 1988 mit der Herstellung der Eigenmarke „Original Stadelmann®-Aromamischungen“. Aus innerer Überzeugung heraus, wollte Dietmar Wolz in Zusammenarbeit mit der Hebamme Ingeborg Stadelmann mit den natürlichen, pflanzlichen Inhaltsstoffen, einen wertvollen Beitrag leisten, um werdende Mütter während der Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit zu unterstützen.

Im Laufe der Zeit entwickelte sich die Marke immer weiter und heute gibt es zahlreiche Produkte, auf unterschiedliche Lebensbereiche- und abschnitte abgestimmt. So steht nicht nur die schwangere und stillende Frau im Fokus, sondern Kindern und der Pflege bzw. dem Palliativbereich wird ebenfalls große Aufmerksamkeit gewidmet.

Hinzu kommen 90 verschiedene Teemischungen sowie 350 Einzelteesorten, wobei zwischen Tee als Genussmittel und Tee als Rezeptursubstanz unterschieden wird. Auch homöopathische Arzneimittel zählen zur hauseigenen Herstellung der Bahnhof Apotheke. Sie besitzt die Herstellungserlaubnis gemäß § 13 Abs. 1 Arzneimittelgesetz und ist somit Arzneimittelhersteller und liefert homöopathische Globuli und Triturationen als Standardregistrierung an Apotheken.

Apotheker Wolz berichtet, die Entwicklung seiner Marke, die gerade ihren 35. Geburtstag feiert, sei ein kontinuierliches Hineinwachsen gewesen – eine Entwicklung über viele Jahre hinweg. Er rät jedem Inhaber, der mit dem Gedanken an eine selbst entwickelte Marke spielt, sich langsam an das Thema heranzutasten, sich mit regulatorischen Anforderungen vertraut zu machen und stetig abzuwägen, was für die eigene Apotheke gut passen könnte. Soll es ein Kosmetikum werden oder passt ein Produkt mit apothekenpflichtigen Inhaltsstoffen besser?

Ohne das richtige Herzblut geht es aber, laut Wolz, nicht. Die eigenen Ideen zu verwirklichen findet er wunderbar, trotzdem kann es passieren, dass gewisse Widerstände auftreten. Durchhaltevermögen ist das A und O auf dem Weg zur erfolgreichen eigenen Apothekenmarke.

Private Labelling

Das sogenannte „Private Labelling“ ist für „Eigenmarken-Einsteiger“ vermutlich mit dem geringsten Aufwand verbunden. Hierbei ist es Skeptikern möglich, sich die Sache mit der Eigenmarke einmal anzuschauen und sich langsam an die Thematik heranzutasten. Man kann ausprobieren und herauszufinden, ob eine Eigenmarke in der Praxis auch wirklich für die eigenen Apotheke geeignet ist und ob man in der Zukunft möglicherweise andere Wege gehen möchte, sich vielleicht selbst in der Herstellung der eigenen Produkte betätigen will.

Private Labelling: Was ist das?

Beim Private Labelling, auch Private Brand oder Store Brand, wird eine eigene Haus-, oder Eigenmarke geschaffen, indem Produkte und Waren externer Firmen und Hersteller mit dem Etikett und Logo der Apotheke versehen werden. Somit präsentieren sie sich als Eigentümer dieser bestimmten Marke. Firmen im Pharmabereich bieten eine große Auswahl an verschiedenen Produkten an. Mit individuellen Verpackungen und Designs lässt sich die Eigenmarke passend zum CI der Apotheke gestalten. Private Labelling gibt es in zahlreichen Branchen, beispielsweise in der Kosmetik-, Kleidungs- und Lebensmittelbranche. 

Nachteilig hierbei ist jedoch, dass es in diesem Fall natürlich passieren kann, dass Apotheken in der näheren Umgebung ebenfalls Kunde desselben Anbieters sind und (zwar mit jeweils auf die Apotheke gemünzte Etiketten) dieselben Produkte als Eigenmarke anbieten.

Standardzulassungen

Eine weitere regulatorisch einfache Möglichkeit eigene Produkte anzubieten, sind die Standardzulassungen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte. Dabei sind seit 1976 bestimme Fertigarzneimittel oder Arzneimittelgruppen gemäß § 36 AMG von der Zulassungspflicht freigestellt. Die Voraussetzung ist, dass eine Gefährdung der Gesundheit von Menschen und Tieren nicht zu befürchten ist und die erforderliche Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit erwiesen ist. Die Standardzulassungen umfassen eine große Bandbreite von arzneilich wirksamen Bestandteilen, wie etwa chemisch definierte Substanzen, wie beispielsweise Paracetamol oder Arzneitees. Sie bieten den Vorteil, Fertigarzneimittel im Rahmen einer Defektur, ohne aufwändiges Zulassungsverfahren, herzustellen.

Die Standardzulassungen beruhen dabei auf Monographien, die vom Bundesministerium für Gesundheit festgelegt wurden. Möchte eine Apotheke eine Standardzulassung nutzen, so muss das beim BfArM angezeigt werden. Dies gilt ebenfalls, wenn eine Änderung geplant ist oder wieder auf die Nutzung der Standardzulassung verzichtet wird. Seit 2012 kann diesen Meldeverpflichtungen elektronisch und somit papierlos, auf PharmNet.Bund.de nachgekommen werden.

Standardregistrierung

Bei homöopathischen Arzneimitteln gibt es ein ähnliches Verfahren – die sogenannte Standardregistrierung. Dabei können homöopathische Arzneimittel von der Einzelregistrierungspflicht freigestellt werden, wenn sie im „Homöopathischen Arzneibuch“ monographisch beschrieben und in der Anlage aufgeführt sind sowie für sie keine Zulassung erteilt ist. Zudem müssen sie den Anforderungen des „Homöopathischen Arzneibuches“ und der Anlage entsprechen. Momentan handelt es sich um 336 homöopathische Arzneimittel, die von der Pflicht zur Einzelregistrierung freigestellt sind.

Vorteile von Eigenmarken

Je nachdem welche Produkte als Eigenmarken in Frage kommen, können sie Lücken im Sortiment füllen und mögliche Abhängigkeiten von Herstellern und Großhändlern abfedern Bei der heutigen Fülle an Marken und Produkten scheint dieser Punkt zwar auf den ersten Blick nicht mehr allzu relevant, allerdings gewinnt er hinsichtlich der derzeitigen Lieferproblematik wieder an Bedeutung.

Verfolgt ein Apotheker zudem eine konkrete, vielleicht etwas speziellere Positionierung, kann es durchaus vorkommen, dass die ein oder andere Lücke auftaucht, die es zu füllen gilt. Manche Produkte, die gut in das Sortiment einer bestimmten Apotheke und zu ihrer Positionierung auf dem Markt passen, finden sich teils nicht in der Produktpalette von Herstellern in der jeweils benötigten Form. Ist das der Fall bietet sich die Entwicklung einer Eigenmarke an.

Positiv hervorzuheben ist ebenfalls, dass sich die Produktqualität und 
-gestaltung sowie die Preisgestaltung selbst kontrollieren und gestalten lassen. Eigenmarken stärken die gesamte „Marke“ der eigenen Apotheke und die Corporate Identity, wenn sie durchdacht in das Gesamtbild passen. Apotheken heben sich dadurch, dass sie einzigartige Produkte anbieten, von der Konkurrenz und den Mitbewerbern und auch von kommerziellen Produkten ab. Das alles kann zu einem Wettbewerbsvorteil führen. Teils eröffnen sich in vielen Fällen ganz neue Wege für die Apotheke.

Sind die Kunden mit den Produkten zufrieden oder sehen sie sie gar als unverzichtbar an, kehren sie eher wieder in die Apotheke zurück. So kommt es zur Stärkung der Kundenbindung an die Apotheke.

Nachteile von Eigenmarken

Eine eigene Marke in der Apotheke zu führen, bringt aber nicht nur Vorteile mit sich. Zuallererst ist diese Marke nämlich unbekannt und muss sich erst noch etablieren. Fraglich ist hierbei, ob sich Kosten und Aufwand lohnen, im Einzugsgebiet der Apotheke Werbung zu machen. Wie lassen sich diese Produkte also an den Mann bringen?

Dieser (anfänglichen) Schwierigkeit lässt sich bezüglich Eigenmarken im OTC- und Freiwahlbereich mit einem motivierten und von den eigenen Produkten überzeugten Team begegnen, das die Eigenmarke aktiv in seine Beratungsgespräche einbindet und empfiehlt. Ist dies erst einmal geschehen, und weitere oder gar neue Kunden erfahren durch Mundpropaganda von den Vorteilen der Produkte, wird die Eigenmarke im besten Fall ein Selbstläufer, dessen Verkauf keiner zusätzlichen Marketinginstrumente benötig. Geschieht das nicht, gestaltet sich der zeitliche und damit verbunden der finanzielle Aufwand gegebenenfalls etwas größer, was in eine mögliche Kalkulation über Nutzen und Gewinn durch die eigene Marke mit einfließen muss.

Eigenmarken in Apothekenkooperationen

Apotheken, die einer Kooperation angehören, können in diesem Punkt oftmals profitieren. In vielen Fällen läuft die Entwicklung, Produktion und Organisation aller Fragen rund um Herstellung, Design, etc. der Eigenmarke zentral, so, dass sich der zeitliche Aufwand für die einzelne Apotheke auf ein Minimum reduziert. Dazu kommt die Möglichkeit größere Mengen produzieren zu lassen oder einzukaufen, so dass sich der Einzelpreis verringert und die Marge erhöht.

Stichwort Marge: Ob Apotheker nun mit ihren Eigenmarken höhere Margen erzielen, als durch den Verkauf ähnlicher Produkte aus dem OTC oder Freiwahlbereich ist wohl eine individuelle Frage. Im Einzelhandel mag das durchaus zutreffen, da unter Umständen Kosten für Markenlizenzen oder Zwischenhändler entfallen. Eigenmarken von Supermärkten sind beispielsweise im Normalfall bei vergleichbarer Qualität günstiger als Marken der üblichen Hersteller. Ob ein Apothekeninhaber das Preisniveau vergleichbarer Produkte unterbieten kann und möchte, liegt neben seiner persönlichen Einstellung auch daran, um welche Art von Produkt es sich letztlich handelt, wie es hergestellt oder bezogen wird und welche Ziele mit seinem Verkauf verfolgt werden. Bietet die Eigenmarke den Kunden, unabhängig vom Preis, einen derartigen Mehrwert, dass der Kunde immer wieder gerne „seine“ Apotheke aufsucht und dabei auch andere Einkäufe tätigt, Rezepte einlöst, etc. hat sich die Einführung der Eigenmarke möglicherweise schon gelohnt.


Michaela Theresia Schwarz, Apothekerin, PTA, DAZ-Autorin
redaktion@daz.online


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