Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

10.03.2024, 07:30 Uhr

Es will nicht wirklich gut funktionieren, das E-Rezept – wann wird endlich nachgebessert? (Foto: Alex Schelbert)

Es will nicht wirklich gut funktionieren, das E-Rezept – wann wird endlich nachgebessert? (Foto: Alex Schelbert)


Düstere Woche. Beim E-Rezept klemmt es noch hinten und vorne, eine Gruppe von Apothekers hat sogar schon den Notstand ausgerufen und eine Art Hilferuf an Lauterbach und Gematik geschickt. Mit der  Apothekenreform von Lauterbach fühlen sich Apothekers an der Nase herumgeführt, auch Juristen warnen davor: In der Version des Eckpunktepapiers darf die Reform nicht kommen! Das Cannabisgesetz verstößt gegen Völkerrecht, sagt der Drogenkontrollrat, aber die Ampel will nicht davon ablassen. Und der Krieg ist näher als wir denken: Lauterbach will das Gesundheitswesen „fit machen für den Krieg“ mit einem Sicherstellungsgesetz. Er stellt fest: Die Bevorratungsvorschriften reichen nicht – was kommt da auf die Apotheken zu? 

4. März 2024

Nein, mein liebes Tagebuch, ganz ehrlich, so haben wir uns das E-Rezept nicht vorgestellt: Jetzt, da mittlerweile die meisten Rezepte wohl elektronisch ausgestellt werden, stellt man fest, dass es ständig hakt, es zu Problemen kommt. Mitunter ist die Telematikinfrastruktur gestört oder die Apothekensoftware macht Probleme oder der Arzt, die Ärztin hat das Rezept falsch ausgestellt, z.B. die Berufsbezeichnung falsch eingetragen. Laut einer Umfrage der ABDA ist das Hauptproblem: Der Patient, die Patientin kommt von der Arztpraxis in die Apotheke, um das E-Rezept einzulösen – und das E-Rezept kann noch nicht abgerufen werden. Vermutlich verwendet die Praxis noch die Stapelsignatur und noch keine Komfortsignatur, so dass die E-Rezepte erst mit Verzögerung auf den Fachserver hochgeladen werden und abrufbereit sind. Mega ärgerlich für die Kundschaft, die Patientin, der Patient müssen warten oder wiederkommen – wenn sie den wiederkommen. Manche gehen unverrichteter Dinge weiter und lösen ihr E-Rezept dann zu einem späteren Zeitpunkt in einer anderen Apotheke, schlimmstenfalls bei einem EU-Versender ein. Mein liebes Tagebuch, E-Rezepte müssen unmittelbar nach der Ausstellung in der Praxis abrufbar sein! Hier muss nachgebessert werden, wie auch immer.

 

Unter der Überschrift „Notstand bei elektronischen Rezepten in der Apotheke – nach über zwei Monaten sind fast tägliche Ausfälle Normalität?“ hat sich die „Gruppe Karlsruher Apotheker“ und ihr Vorsitzender Felix Maertin mit einem Brief an den Gematik-Geschäftsführer Florian Hartge, Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sowie Baden-Württembergs Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) gewandt. Sie stellen dar, wie oft es zu Störungen kommt. Und sie machen deutlich, welche Tragweite es für die Patientinnen und Patienten hat, wenn sie durch Störungen beim E-Rezept ihre Arzneimittel nicht bekommen können, selbst in dringenden Fällen nicht. Die Gruppe Karlsruher Apotheker hat auch Lösungsvorschläge parat. Sie fordert z. B. eine vollständig redundante TI-Struktur und eine Ausfallgebühr für alle betroffenen Gesundheitsdienstleister. Mein liebes Tagebuch, vollkommen richtig, man muss sich wehren und es der Politik und den Verantwortlichen vor Augen führen, dass der derzeitige Zustand unzumutbar ist. Jede Minute Ausfall führe zu einer erheblichen Mehrbelastung in einer sowieso existenzbedrohenden Gesundheitspolitik, so die Karlsruher Apotheker. Und, mein liebes Tagebuch, da sollte auch von der ABDA mehr Druck in Richtung Politik gemacht werden. Schließlich verlangt die Politik auch von uns, dass wir funktionieren – und dies, obwohl wir unterfinanziert sind.

 

5. März 2024

CardLink, das neue Zauberwort, um schon bald mit der elektronischen Versichertenkarte und einem modernen Smartphone das E-Rezept abrufen und einlösen zu können, ruft beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) Bedenken hervor: Das Verfahren, wie es derzeit geplant sei (Verifizierung per SMS-Code) entspreche nicht dem Stand der Technik. Das BSI hält das Verfahren erst für sicher, wenn die Versicherten von ihren Krankenkassen eine Gesundheits-ID erhalten haben, mit der sie sich identifizieren können. Bis es soweit ist, sollte man E-Rezepte mit der Gematik-App nutzen, heißt es, also mit Karte und PIN. Mein liebes Tagebuch, CardLink wird zwar kommen, aber es muss sicher sein, sonst sollte dieses Verfahren nicht freigegeben werden.

 

Die Zeitenwende ist nun auch im Gesundheitswesen angekommen, so jedenfalls sieht es unser Bundesgesundheitsminister vor dem Hintergrund eines möglichen Krieges. Und daher will er das Gesundheitswesen mit einem neuen „Sicherstellungsgesetz“, das in diesem Sommer auf den Weg gebracht werden soll, fit für den Krieg machen. Wie sich das anhört, mein liebes Tagebuch, sehr bedrohlich – und wie ernst ist die Lage tatsächlich? Dies wird man natürlich kaum verlässlich beantworten können. Lauterbach geht konkret von einem möglichen Szenario eines NATO-Bündnisfalls aus. Da Deutschland in diesem Fall als „Drehscheibe der Verletzten fungieren werde, müssten zahlreiche Regelungen angepasst werden. Jeder Arzt, jedes Krankenhaus, jedes Gesundheitsamt müsse dann wissen, was zu tun sei: Meldewege, Verteilung von Verletzten auf die Krankenhäuser, Einsatz von medizinischem Personal. Welche Rolle Apotheken spielen werden und sollen, hat Lauterbach bisher noch nicht ausgeführt. Lauterbach hat in diesem Zusammenhang nur festgestellt, dass die aktuellen Bevorratungsvorschriften für den militärischen Ernstfall nicht ausreichend seien und erweitert werden müssten. Wie wahr, mein liebes Tagebuch, die Bevorratung reicht wegen der Lieferengpassprobleme schon in Friedenszeiten nicht aus. Was Lauterbach hier für den Ernstfall vorsieht, dazu ist noch nichts Konkretes zu vernehmen, Pläne für die Arzneimittelbevorratung sowie die Lieferkettenproblematik im Kriegsfall haben Lauterbach und das Bundesgesundheitsministerium noch nicht vorgelegt. Vom Apothekerseite, aus dem Bereich der Katastrophen-Pharmazie, kommen schon mal zustimmende Signale zu Lauterbachs Initiative. Die beiden Apotheker Thomas Wellenhofer und Ralf Schabik, Führungskräfte des Katastrophenschutzes, bemängeln allerdings, dass Lauterbach noch nicht auf die Bedeutung der Vor-Ort-Apotheken eingegangen sei. Keine Sorge, mein liebes Tagebuch, ich bin überzeugt, dass Lauterbach schon bald mit seinen Vorstellungen dazu um die Ecke kommt – vielleicht packt er noch einiges dazu in seine „Apothekenreform“.

 

Genau mit dieser Apothekenreform, die derzeit als Eckpunktepapier des Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach vorliegt, beschäftigte sich eine Diskussionsrunde auf dem ApothekenRechtTag der Interpharm. Unter der Moderation von Dr. Christian Rotta (Gastgeber ApothekenRechtTag) nahmen die Juristen Prof. Dr. Elmar J. Mand und Dr. Timo Kieser und Ina Hofferberth, Geschäftsführerin des Landesapothekerverbands Baden-Württemberg, das Lauterbach-Papier auseinander. Mit einem vordergründig apothekenfreundlichen Tenor soll die Honorierung der Apotheken umgestellt werden. Kommentare aus der Runde dazu: Es gibt merkwürdige Formulierungen wie „finanzielles Fördervolumen“ für die erbrachten Leistungen der Apotheker, man fühlt sich an der Nase herumgeführt, es sind nicht angemessene Maßnahmen, eine Unverschämtheit. Erheblichen Widerspruch rief auch der von Lauterbach geplante Aspekt der Telepharmazie in Zusammenhang mit einer „Apotheke light“, also einer von einer PTA geführten Apotheke, hervor. Solche Apotheken seien auch als Abgabestelle auf dem Lande nicht sinnvoll, denn es werde sehr schnell deutlich, dass solche „Zwergapotheken“ innerhalb kürzester Zeit bestehende Vollapotheken verdrängen und dadurch die Arzneimittelversorgung nicht verbessern, sondern verschlechtern würden, so die Diskussionsrunde. Hofferberth sieht in diesem vermeintlich kleinen Eingriff eine „systemzerstörende Wirkung“. Wenn es dazu komme und künftig beispielsweise bundesweit an Bahnhöfen Abgabeautomaten aufgestellt würden, dann gebe es „kein Halten mehr“. Dann werde es den Beruf des Apothekers so nicht mehr geben. Mein liebes Tagebuch, dieses Szenario wäre durchaus realistisch, wenn die Apothekenreform à la Lauterbach so umgesetzt würde. Rotta ergänzte, dass selbst der Begriff „Entbürokratisierung“ ein „gefährlicher Begriff“ sei, denn in Wirklichkeit gehe es dabei um Liberalisierung und Deregulierung in einem Berufsstand, der aus gutem Grund reguliert sei. Und nun, was kann man gegen diese Reform tun? Hofferberth will „aus allen Rohren“ dagegen schießen. Noch gebe es keinen Referentenentwurf, vielleicht ist ja auf dem Verhandlungsweg bis dahin noch etwas machbar. Mein liebes Tagebuch, ein kleiner Hoffnungsschimmer. Aber sollte der Referentenentwurf toxische Elemente für unser Apothekensystem enthalten, dann muss die ABDA weiter eskalieren, aber richtig.

 

6. März 2024

Lauterbachs Lieferengpassgesetz ist nicht wirklich der Bringer. Selbst die Bundesländer fordern weitere Anstrengungen im Kampf gegen Arzneimittellieferengpässe ein. Bayern und Baden-Württemberg sind über den Bundesrat aktiv geworden: Sie haben eine Antrag mit dem Titel „Verbesserung der Arzneimittelversorgung“ auf den Weg gebracht. Mit dem Antrag weisen sie daraufhin, dass die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung nicht ausreichen. Sie schlagen daher vor, dass in bestimmten Fällen erleichterte Importregelungen für in Deutschland nicht zugelassene oder registrierte Arzneimittel möglich sein müssen. Außerdem müssten die Behörden von einigen Verordnungen abweichen dürfen. Erleichtert werden müssten auch die Regelungen für Einzelimporte und ihre Bevorratung. Außerdem fordern Bayern und Baden-Württemberg mehr Spielraum bei den Austauschregelungen von Arzneimitteln. Der dafür notwendige Sachverstand sei in den Apotheken vorhanden, merken sie an. Der Antrag beinhaltet darüber hinaus weitere Vorschläge, die sich positiv auf eine Verringerung von Lieferengpässen auswirken könnte. Mein liebes Tagebuch, alles schön und gut, alles sinnvoll. Das Betrübliche dabei: Selbst wenn aus diesem Antrag ein Entschließungsantrag werden sollte, kann ihn die Bundesregierung als Anregung mitnehmen – zu mehr ist sie nicht verpflichtet.

 

7. März 2024


Unsere Bundesregierung ampelt sich auf die Cannabis-Legalisierung zu. Am 23. Februar hatte bereits der Bundestag die Legalisierung von Anbau, Besitz und Konsum beschlossen. Und am 22. März befasst sich der Bundesrat abschließend mit dem Cannabisgesetz. Die Länder müssen dem Gesetz nicht zustimmen, sie können allerdings den Vermittlungsausschuss anrufen – ob sie es tun, ist noch offen. Derweil kommt Kritik von vielen Seiten, z. B. auch vom Drogenkontrollrat der Vereinten Nationen (INCB). Das Vorhaben der Ampelkoalition verstoße gegen geltendes Völkerrecht, heißt es da. In einem UN-Abkommen habe sich die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet, Cannabis nur für medizinische und Forschungszwecke freizugeben. Hat dies die Ampel vergessen? Kritik und Vorbehalte zum Cannabisgesetz kommen auch von Rechtsexperten, Polizeivertretern und von Vertretern der Heilberufe. CDU und CSU laufen auf Bundes- und Landesebene Sturm gegen die Legalisierung. Selbst Abgeordnete von SPD und den Grünen lehnen das Gesetzesvorhaben ab. Mein liebes Tagebuch, angeblich soll das Cannabis-Gesetz laut Bundesregierung u. a. zu einem verbesserten Gesundheitsschutz beitragen, die organisierte Drogenkriminalität eindämmen und den Kinder- und Jugendschutz stärken. Es wird nichts davon erreicht werden – wie blauäugig kann man nur sein!

 

8. März 2024


Frauentag! Internationaler Frauentag – ein gesetzlicher Feiertag in Berlin (seit 2019) und in Mecklenburg-Vorpommern (seit 2023)! Für uns Apothekers ist der Frauentag auch ein besonderer Tag, denn: Die Pharmazie ist weiblich. Rund 90 Prozent aller Mitarbeitenden einer Apotheke sind Frauen, so die Statistik. Mein liebes Tagebuch, die DAZ erschien zum 8. März erstmals als „Deutsche Apothekerinnen Zeitung“ im Titel. Wie schön! Und, meine Herren, wie fühlt sich das an, möchte man in die Runde fragen…  Oder wäre Deutsche Apotheken Zeitung besser? Übrigens, keine Sorge, Name ist Name, es bleibt bei Deutsche Apotheker Zeitung.


Wenn Sie sich mit dem Gedanken tragen, eine Apotheke zu kaufen (oder zu verkaufen), dann könnte der Beitrag von Apotheker Lukas Frigger von der Akazien-Apotheke in Bad Arolsen dazu beitragen, die Augen zu öffnen und auf so manches Angebot kritischer drauf zuschauen. Vor allem auf eine der wichtigsten Fragen: Was kostet eine Apotheke? Apotheker Frigger hat für die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift AWA einen ehrlichen Abgleich zwischen dem gemacht, was potenziellen Apotheken-Kaufinteressenten von Beratern vorgerechnet wird und dem, wie es sich dann in der Praxis tatsächlich verhält. Mein liebes Tagebuch, nur mal so ein Tipp: Selbst wenn man glaubt, schon viel zu wissen oder zu meinen, der Steuerberater regelt das schon: Es ist nicht verkehrt, sich diesen Beitrag mal durchzulesen. Prädikat „wertvoll“ –  sowohl für potenzielle Käufer als auch Verkäufer. Ein schönes Wochenende!


Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


Diesen Artikel teilen:


1 Kommentar

Polis

von T Kerlag am 10.03.2024 um 13:49 Uhr

Die eine hat alles 16 Jahre verpennt und die anderen brechen alles ängstlich agitiert übers Knie

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.