Vorläufige GKV-Finanzergebnisse 2023

Spargesetz drosselt Arzneimittelausgaben

Berlin - 12.03.2024, 10:15 Uhr

Die vorläufigen Finanzergebnisse der Krankenkassen für das Jahr 2023 liegen vor. (Foto: imago images / Herrmann Agenturfotografie)

Die vorläufigen Finanzergebnisse der Krankenkassen für das Jahr 2023 liegen vor. (Foto: imago images / Herrmann Agenturfotografie)


Spargesetz sei Dank: Die gesetzlichen Krankenkassen haben das Jahr 2023 mit einem Ausgabenüberschuss von lediglich 1,9 Milliarden Euro abgeschlossen. Abgeflacht haben sich insbesondere die Arzneimittelausgaben – seit 2018 lagen sie das erste Mal wieder deutlich unter dem durchschnittlichen GKV-Ausgabenanstieg.

Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat am Montag die vorläufigen Finanzergebnisse der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) für 2023 vorgestellt. Demnach verzeichneten die Krankenkassen im vergangenen Jahr einen Ausgabenüberschuss von rund 1,9 Milliarden Euro. Das ist insofern beachtlich, als man 2022 von einem Minus von 17 Milliarden Euro ausgegangen war. Diese Annahme war auch der Grund, warum Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) schon frühzeitig ein Spargesetz angekündigt hatte. Nun lässt sich sagen: Das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz, das nicht zuletzt den Arzneimittelherstellern, aber auch Apotheken und anderen Leistungserbringern einiges abverlangt hat, wirkt. Für spürbare Entlastung sorgte überdies, dass die Krankenkassen ihre Finanzpolster abschmelzen mussten.


„Die vorläufigen Jahresrechnungsergebnisse der Krankenkassen für 2023 machen deutlich, dass es uns mit dem Finanzstabilisierungsgesetz gelungen ist, die Finanzlage der GKV zu stabilisieren. Das verbleibende Defizit der Krankenkassen in 2023 ist aufgrund der Abführung von Kassenvermögen an den Gesundheitsfonds erwartet worden. Die Krankenkassen haben damit einen wichtigen Beitrag zur Konsolidierung der GKV-Finanzen geleistet. Gleichwohl bleibt die Stabilisierung der GKV-Finanzen eine dauerhafte Aufgabe.“

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach


Konkret standen laut Mitteilung des BMG den Einnahmen der Krankenkassen in Höhe von 304,4 Milliarden Euro Ausgaben in Höhe von 306,2 Milliarden Euro gegenüber. Die Ausgaben für Leistungen und Verwaltungskosten verzeichneten bei einem Anstieg der Versichertenzahlen von 0,9 Prozent einen Zuwachs von 5,0 Prozent (Leistungsausgaben +5,2 Prozent, Verwaltungskosten +1,6 Prozent). Im Vorjahr lag dieses Plus noch bei 4,2 Prozent. Dass sich hier die Dynamik allen Kostendämpfungsmaßnahmen zum Trotz beschleunigte, liegt laut BMG insbesondere an inflationsbedingt höheren Ausgaben für Personal- und Sachkosten sowie Vergütungen der Leistungserbringer. In absoluten Zahlen stiegen die Ausgaben der Krankenkassen um 14,4 Milliarden Euro; hiervon entfielen rund 0,2 Milliarden Euro auf den Anstieg der Verwaltungskosten.

Teure Krankenhausbehandlungen

Besonders zu Buche schlugen die Zuwächse im größten GKV-Kostenblock: den Krankenhausbehandlungen. Hier wuchsen die Ausgaben um rund 6,1 Milliarden Euro beziehungsweise +7,0 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Vor allem die Aufwendungen für stationäre psychiatrische Behandlungen (+13,5 Prozent bzw. +1,1 Milliarden Euro) sowie die gebuchten Aufwendungen für die seit 2020 aus den DRG-Fallpauschalen ausgegliederten Pflegepersonalkosten (+9,8 Prozent bzw. +1,8 Milliarden Euro) entwickelten sich dynamisch.

Eine Reihe kleiner und mittlerer Leistungsbereiche verzeichnete ebenfalls ein deutliches Ausgabenplus. Deutlich überproportional nach oben ging es etwa bei den Schutzimpfungen (+13,6 Prozent) sowie im Bereich der Behandlungspflege und der häuslichen Krankenpflege (+12,2 Prozent). Die Ausgaben für Heilmittel stiegen um 9,1 Prozent – dies ist laut BMG vorrangig auf Vergütungsverbesserungen für die Heilmittelerbringer zurückzuführen. Auch die Ausgaben für Hilfsmittel entwickelten sich mit +7,3 Prozent überdurchschnittlich.

Arzneimittelausgaben wachsen moderat

Klar unter dem durchschnittlichen Zuwachs bewegten sich hingegen die Arzneimittelausgaben mit +2,9 Prozent. In diesem Bereich wirkten mehrere Sparmaßnahmen zusammen. Während der um 5 Prozentpunkte erhöhte Herstellerabschlag nur für ein Jahr galt, müssen die Apotheken ein weiteres Jahr den auf 2 Euro erhöhten Kassenabschlag leisten. Wie hoch die Einsparungen durch Rabattverträge im vergangenen Jahr waren, ist der Mitteilung des BMG nicht zu entnehmen. Auch die KV45-Statistik fürs Gesamtjahr 2023 ist noch nicht veröffentlicht. In den ersten drei Quartalen beliefen sich diese vertraglichen Rabatte bereits auf über 4,2 Milliarden Euro.

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Die Ausgaben für ambulant-ärztliche Behandlungen sind nach den vorläufigen Rechnungsergebnissen für 2023 um 1,7 Prozent gestiegen und bleiben damit auch klar unter dem Schnitt. Dämpfend auf die Ausgabenrate habe insbesondere der deutliche Rückgang von Corona-spezifischen Abrechnungsziffern (z.B. Testungen) gewirkt, so das BMG.

Grundsätzlich ist bei der Interpretation der vorläufigen Rechnungsergebnisse aber zu berücksichtigen, dass die Ausgaben in vielen Leistungsbereichen, insbesondere bei Ärzten und Zahnärzten, von Schätzungen geprägt sind. Denn die Abrechnungsdaten für den betrachteten Zeitraum liegen häufig noch nicht oder nur teilweise vor. Die endgültigen Finanzergebnisse der Krankenkassen für das Gesamtjahr 2023 werden laut BMG Mitte Juni 2024 vorliegen.

Lauterbach: Bemühungen werden nicht nachlassen

Bundesgesundheitsminister Lauterbach sieht sich bei der Stabilisierung der Kassenfinanzen noch nicht am Ende seiner Bemühungen. Die große Krankenhausreform, die 2025 kommen soll und die bereits verabschiedeten Digitalgesetze seien „wichtige Bausteine, um durch Strukturreformen einerseits die Qualität der medizinischen Versorgung zu verbessern und andererseits die Finanzierbarkeit langfristig zu sichern“.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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2 Kommentare

einfach nur unverschämt

von Karl Friedrich Müller am 12.03.2024 um 11:51 Uhr

" müssen die Apotheken ein weiteres Jahr den auf 2 Euro erhöhten Kassenabschlag leisten."
das ist schon deswegen nicht hinnehmbar, weil die GKV schon wieder über das erwartende Defizit Panik geschürt und gelogen hat. (17 MRD !!) Es gibt keinen Grund (mehr), auf dem höheren Abschlag zu beharren.
Es gibt schon gar keinen Grund, warum Apotheken die EINZIGEN sind, die zur Kasse gebeteten werden. Die Apotheken, die seit 20 Jahren keine Anpassung bekommen haben, alle anderen dafür viel, besonders Kassenmitarbeiter unf BOSSE! sollen also ausgerechnet die Finanzen der Kassen retten?
Das ist nur noch gaga.

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Das Spargesetz wird sehr teuer

von Dr. House am 12.03.2024 um 11:27 Uhr

Beim Amnog konnte sich Lauterbach damals auch auf die Schulter klopfen. Mehrere Mrd Euro jährlich legten das Fundament dafür, dass Lauterbach als „Macher“ und Experte für Gesundheitseinsparungen heute aus der Regierung soviel Rückhalt erhält. Auch Umfragemäßig ist Lauterbach zumindest NOCH keiner der Sargnägel der SPD - wohl auch, weil die Bevölkerung die zunehmend schlechtere Versorgungssituation noch gar nicht mit dem Talkshowminister assoziiert. Die Heilberufler sehen hingegen das fatale böse Ende schon auf das System zurollen. Selbstverständlich fordern die Ärzte an den Kliniken 12.5% Inflationsausgleich. Sie werden das auch bekommen, denn Lauterbach weiß, dass ein weiterer Ärzteschwund sich direkter auf die SPD Umfragewerte auswirken würde, als weitere tausend Apothekenschließungen, Lieferengpässe oder „ruckelnde“ Erezepte. Ich bin überzeugt, dass das dicke Ende noch kommt. Genau wie bei der Situation der Abwanderung der Wirkstoffproduzenten, wird Lauterbach in einigen Jahren eingestehen müssen, man habe den Bogen hinsichtlich der Klinik- und Apothekenvergraulungen überspannt. Dann wird für das 3-4 fache an Geld zerstörte Infrastruktur wieder aufgebaut. Die Apothekeninfrastruktur wird bis dato aber nicht mehr inhabergeführt sein, sondern konzerngeführt. Die können dann die Preise diktieren und werden sich zusätzlich zu hohen Gewinnmargen auch die jahzehntelangen Verluste im Prozess des „Marktaufbrechens“ direkt vom Steuer- und Beitragszahler holen. Erst dann wird man merken, wie effizient die Apotheken gearbeitet haben.

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