„Nicht genügend Beweise für Wirksamkeit“

Großbritannien stoppt Behandlung mit Pubertätsblockern

13.03.2024, 12:15 Uhr

Die Geschlechtsidentität kann im Jugendalter zum Problem werden. (Foto: Pixel-Shot/AdobeStock)

Die Geschlechtsidentität kann im Jugendalter zum Problem werden. (Foto: Pixel-Shot/AdobeStock)


Aufgrund fehlender Evidenz ist die Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit pubertätsunterdrückenden Hormonen in Großbritannien nicht mehr erlaubt. Aktuell nehmen dort weniger als hundert junge Patient*innen diese Mittel ein. 

Pubertätsunterdrückende Hormone (PB) sind in Großbritannien nicht mehr als Behandlungsoption für Kinder und Jugendliche mit Geschlechtsinkongruenz zugelassen. Das gab der britische Nationale Gesundheitsdienst (NHS) am Dienstag bekannt. Bisher standen PB als Off-label-Behandlungsoption für Betroffene zur Verfügung.

„Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass es nicht genügend Beweise für die Sicherheit oder klinische Wirksamkeit von pubertätsunterdrückenden Hormonen gibt, um die Behandlung zum jetzigen Zeitpunkt routinemäßig verfügbar zu machen“, so der NHS.

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Nicht eindeutig männlich oder weiblich

Pubertätsblocker sind häufig synthetische Analoga des Gonadotropin-Releasing-Hormons (GnRH). Die zyklische Freisetzung von GnRH ist Voraussetzung für eine normale männliche und weibliche Sexualfunktion. In Großbritannien wurde im Jahr 2020 das National Institute for Health and Care Excellence (NICE) beauftragt, die Wirksamkeit von GnRH-Analoga zu überprüfen: „Insgesamt wurde kein statistisch signifikanter Unterschied in Bezug auf Geschlechtsdysphorie, psychische Gesundheit, Körperbild und psychosoziales Funktionieren bei Kindern und Jugendlichen festgestellt, die mit GnRH-Analoga behandelt wurden“, hieß es vom NHS.

Fehlende Evidenz

Nach Aussage des NHS sei bisher nicht vollständig geklärt, aus welchen Gründen Kinder und Jugendliche eine Geschlechtsinkongruenz entwickeln, vermutet werden multiple Faktoren. Darüber hinaus sei geschlechtsuntypisches Verhalten keineswegs per se behandlungsbedürftig: „Geschlechtsuntypisches Verhalten ist bei Kleinkindern häufig und kann Teil der normalen Entwicklung sein.“ 

Verschiedene Studien legen erhöhte Neigungen zu Depression, Selbstverletzung und Suizid bei jungen Menschen mit Geschlechtsinkongruenz nahe. Aus diesem Grund kann eine Behandlung mit PB für die Betroffenen und ihre Angehörigen eine Option sein. In England war bisher vor allem Triptorelin als Pubertätsblocker im Off-label-Use bei Kindern und Jugendlichen eingesetzt worden.

In Großbritannien nehmen aktuell weniger als hundert junge Menschen PB, wie die Deutsche Presseagentur heute mit Verweis auf die britische Nachrichtenagentur PA berichtete. Nicht zuletzt deshalb hatten Experten einen Mangel an Evidenz kritisiert. Die konservative Gesundheitsministerin Maria Caulfield begrüßte die Entscheidung des NHS: „Wir haben immer klargemacht, dass Sicherheit und Wohlergehen von Kindern oberste Priorität haben, deshalb begrüßen wir diese wegweisende Entscheidung.“


mz / dpa


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