Homocystinurie, Propionazidämie und Methylmalonazidurie betreffen jeweils nur etwa 1 von 100.000 bis 500.000 Neugeborenen, wie das IQWiG informiert. Der mütterlich bedingte Vitamin-B12-Mangel ist dagegen mit einer Inzidenz von weniger als 1 von 5000 Kindern häufiger. Schwere Fälle sind jedoch sehr selten. Eine vegane oder streng vegetarische Ernährung während der Schwangerschaft gelten als Risikofaktoren für einen Mangel, da Cobalamin nur in tierischen Produkten vorkommt.
Trotz mangelhafter Datenlage: Vorteile überwiegen
Das IQWiG hat drei Studien, die ein Screening mit keinem Screening verglichen, sowie 13 Studien, die eine früh beginnende Behandlung im Vergleich zu einer spät beginnenden Behandlung bei betroffenen Kindern untersuchten, analysiert.
Die drei Studien, die die Effekte des Screenings untersuchten, lieferten kaum aussagekräftige Daten, wie das IQWiG schreibt. Nur sehr wenige Kinder waren von einer der drei Zielerkrankungen betroffen (nur knapp 20 Kinder von mehreren Hunderttausend).
Auch die 13 Studien, in denen eine frühe mit einer späten Behandlung verglichen wurde, wiesen erhebliche Mängel auf. Die früh und die spät behandelten Kinder unterschieden sich stark in relevanten Merkmalen wie Alter, Nachbeobachtungsdauer, Patientenauswahl und der Erkrankungsschwere.
Trotz der mangelhaften Studienlage sieht das IQWiG für den erworbenen Vitamin-B12-Mangel, nicht aber für die Zielerkrankungen, einen Anhaltspunkt für einen Nutzen der Früherkennung. Mit berücksichtigt hat das IQWiG bei der Bewertung Ergebnisse aus einem großen Pilotprojekt in Heidelberg sowie einer deutschlandweiten Erfassung seltener Erkrankungen („Erhebungseinheit für Seltene Pädiatrische Erkrankungen in Deutschland“, ESPED). Letztlich sei auch ohne Studienlage klar, dass eine früh- und rechtzeitige Gabe von Vitamin B12 mögliche irreversible Schäden eines erworbenen Vitamin-B12-Mangels bei Neugeborenen verhindern kann. Ein früher Therapiebeginn sei vorteilhaft, da die Säuglinge zum Screeningzeitpunkt meistens noch symptomfrei seien.
Nachteile: Psychischer Stress und Überdosierung
Als negative Aspekte des Screenings werden drei Punkte genannt: die Sorge der Eltern bis zur finalen Diagnose (auch bei Fehlalarm) und eine mögliche kurzzeitige Übertherapie durch die Supplementation mit Vitamin B12. Für ein relevantes Schadenspotenzial einer Überdosierung gibt es jedoch keine Anhaltspunkte, schreibt das IQWiG. Drittens kann es in sehr seltenen Fällen passieren, dass sehr milde Krankheitsvarianten detektiert werden, die auch ohne Therapie symptomfrei geblieben wären.
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.