Interpharm Filialapothekentag

Synergieeffekte vom Botendienst bis zur Buchhaltung

Stuttgart - 14.03.2024, 07:00 Uhr

Die Ulmer Apothekerin Alexandra Ried hat in ihrem Interpharm-Vortrag die Vorteile einer Zentralisierung im Apothekenverbund erläutert. (Foto: DAZ / Moritz Hahn)

Die Ulmer Apothekerin Alexandra Ried hat in ihrem Interpharm-Vortrag die Vorteile einer Zentralisierung im Apothekenverbund erläutert. (Foto: DAZ / Moritz Hahn)


Was bringt Zentralisierung in einem Verbund von Apotheken? Wo macht dies Sinn, wo nicht? Diese Fragen standen im Mittelpunkt des Interpharm-Fachvortrages von Apothekerin Alexandra Ried aus Ulm.

Die personellen Kapazitäten vieler Apotheken sind knapp, zahlreiche Pharmazeuten suchen händeringend Fachkräfte. Um die vorhandene Expertise von Apothekerinnen, Apothekern und PTAs möglichst optimal für ihre Kernaktivitäten - die fachliche Beratung von Kunden - zu nutzen, empfiehlt es sich, bestimmte vor- und nachgelagerte Tätigkeiten auszulagern beziehungsweise zu bündeln. Was dabei Sinn macht – und was nicht, damit setzte sich die Ulmer Apothekerin Alexandra Ried bei der Interpharm auseinander.  

Einheitliche Unternehmenssprache beim Marketing

Gute Möglichkeiten einer Zentralisierung beziehungsweise Auslagerung sieht Ried, die gemeinsam mit ihren Eltern in Ulm die Engel-Apotheke als Stammapotheke und fünf weitere Standorte im Familienverbund führt, beispielsweise im Marketing. Damit sei eine einheitliche Unternehmenssprache und Storyline möglich, Flyer könnten ohne größeren Aufwand in großer Stückzahl hergestellt werden, Social-Media-Kampagnen liefen gesteuert ab. Das Personal müsse sich „nur“ noch darum kümmern, dass es die aktuellen Angebote kennt.

Botendienste: Größere Gebiete durch Zentralisierung

Prädestiniert für eine Zentralisierung sind laut Ried auch Botendienste. Die entsprechende Planungssoftware vorausgesetzt könne damit die bestehende Fahrzeugflotte durch bessere Routenplanung effektiver genutzt werden. Zudem sei es möglich, auf diese Weise ein größeres Gebiet abzudecken.   
Auch in der Buchhaltung müssen es nicht immer der Inhaber oder die Filialleiterin sein, bei denen diese Tätigkeiten vielfach „irgendwo“ mitlaufen, verspätet erledigt werden oder gegebenenfalls ganz untergehen. Von Wareneingang über Kundenrechnungen bis hin zur Übermittlung der relevanten Informationen an den Steuerberater biete die digital gesteuerte zentrale Bearbeitung dieser  
Aktivitäten sehr gute Möglichkeiten, das Personal zu entlasten.  

Zentraler Einkauf in einer Hand 

Der zentrale Einkauf ist nach Ansicht Rieds ebenfalls dafür prädestiniert, in eine Hand gelegt zu werden. Die Vorteile seien klar: Konditionen sind für den gesamten Filialverbund verhandelbar, größere Einkaufsvolumina ermöglichen eine größere Verhandlungsmacht, Großhändler können besser miteinander verglichen werden und nicht zuletzt spart ein koordiniertes Vorgehen Zeit, da nicht jeder Einkauf in jeder Filiale durchdacht werden muss.

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Unterstützung bei Bewerbungsprozessen 

Auf den ersten Blick weniger offensichtlich erscheint eine Zentralisierung im Bereich Personal. Zwar sieht Ried die Anwesenheit von Inhabern beziehungsweise Filialleitungen vor Ort als unerlässlich an, diese könnten aber beispielsweise bei Bewerbungsprozessen entlastet werden. Gleiches gelte bei Schulungen für die Apothekenteams, so beim Thema E-Rezept.  
Weitere Möglichkeiten bieten sich bei der zentralen Rezeptur, wobei Ried hier insbesondere an die Verlagerung der Kompetenz in eine Filiale denkt, die für derartige Tätigkeiten besonders gut ausgestattet ist. Chancen sieht sie auch im gesamthaften Category Management, also in der Vorgabe, wie die Sicht- und Freiwahl bestückt werden soll.  

In all diesen Fällen bietet die Zentralisierung nach den Erfahrungen der  
Ulmer Apothekerin klare Vorteile: Strukturen und Prozesse werden  
einheitlicher, ebenso die Gestaltung der Apothekenauftritte. Nicht zuletzt könnten Ressourcen außerhalb der Apotheken genutzt werden und Filialleiter unliebsame Tätigkeiten verlagern, sofern diese rechtssicher umgesetzt werden.  

Nicht alles ist delegierbar

Im Gegensatz zu den genannten Aspekten definierte Ried aber auch Bereiche, in denen eine Zentralisierung ihrer Meinung nach keinen Sinn macht. Das gelte vor allem für den direkten Kundenkontakt, in der Telepharmazie sowie in der Teamführung vor Ort. „Man kann nicht alles delegieren“, so die Apothekerin.  
Und: Wo Licht ist, ist auch Schatten. So besteht nach den Worten Rieds bei einer übermäßigen Zentralisierung die Gefahr von aufgeblähten, übergreifenden Strukturen. Zudem könnte es zu einem Freiheits- und Individualitätsverlust kommen, was in der Praxis aber eher für große Kooperationen und Franchise-Apotheken denn für kleine Filialverbünde gelten dürfte.


Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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