Einführung des Organspenderegisters

Chirurgen fordern Widerspruchslösung

Berlin - 15.03.2024, 16:45 Uhr

Am 18. März startet das Organspenderegister. (Foto: IMAGO / Steinach)

Am 18. März startet das Organspenderegister. (Foto: IMAGO / Steinach)


Zu wenige Menschen sind in Deutschland bisher bereit, sich für eine potenzielle Organspende zu registrieren. Das soll sich mit dem neuen Organspenderegister ändern. Die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie hat ihre Zweifel an dessen Erfolg. Sie spricht sich stattdessen für die Einführung einer Widerspruchslösung aus.

Am 18. März wird das neue Organspenderegister in Deutschland eingeführt. Für die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) ist dieser Schritt nicht ausreichend, um dem Mangel an möglichen Spender:innen zu begegnen. Das teilte der Verband diese Woche mit. Man erwarte durch die Einführung des Registers keine signifikante Steigerung der Spendenbereitschaft, sagte DGCH-Generalsekretär Thomas Schmitz-Rixen: „Nur, weil nun etwas in ein Register eingetragen werden kann, erklären sich nicht automatisch mehr Menschen zur Organspende bereit“.

Erweiterte Zustimmung oder Widerspruch?

Die erweiterte Zustimmungsregelung sei unzureichend. „Die Lücke zwischen Spendern und Empfängern ist weiterhin viel zu groß. Mit jedem Tag, der bis zur Transplantation vergeht, verschlechtert sich der Zustand der Betroffenen und damit auch ihre Chancen auf ein gutes Ergebnis.“ Schmitz-Rixen forderte eine Widerspruchslösung, wie sie bereits in den meisten Ländern der EU praktiziert wird (siehe Abbildung unten). Bereits 2018 habe sich die Ärzteschaft auf dem Deutschen Ärztetag für eine Widerspruchslösung ausgesprochen.

Zu wenige Spender trotz hoher Akzeptanz

Nach Aussage der Deutschen Stiftung für Organtransplantation (DCSO) warten etwa 8400 Menschen in Deutschland auf ein Spenderorgan – 6400 auf eine Niere, 900 auf eine Leber und knapp 700 auf ein neues Herz. Deutschlandweit wurden laut DCSO im vergangenen Jahr 2985 Organe eingepflanzt, sie stammten von 985 Spender:innen.

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Ist das Organspenderegister die Lösung?

Mit der Einführung des Organspenderegisters am 18. März hofft man auf eine Erhöhung der Spendenbereitschaft. Ab einem Mindestalter von 
16 Jahren können sich hier potenzielle Spender:innen registrieren, sofern sie über einen Personalausweis mit Onlinefunktion und PIN (eID) verfügen. 

Experten, wie der Transplantationschirurg Prof. Dr. Dirk Sippel vom Universitätsklinikum Köln zeigen sich jedoch skeptisch. Auch er wird in der Pressemitteilung der DGCH zitiert: „Ein Register macht aus meiner Sicht nur Sinn in Verbindung mit einer Widerspruchslösung. Mit einer Zustimmungslösung ist so ein Register eher ein bürokratisches Hindernis.“ 

 (Grafik: BZgA)

Europaweit wird in den meisten Ländern die Widerspruchslösung praktiziert. Die erweiterte Zustimmungslösung, bei der neben den Spender:innen auch deren nächste Angehörige nach dem Tod über eine Organspende entscheiden können, ist die Grundlage des deutschen Systems, das als sogenannte „Entscheidungslösung“ bezeichnet wird. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) definiert dieses System wie folgt: „Hier sollen die Bürgerinnen und Bürger regelmäßig mit neutralen und ergebnisoffenen Informationen versorgt werden, damit sie eine sichere Entscheidung für oder gegen die Organ- und Gewebespende treffen können.“

Aufklärung als Schlüssel

Gerade in puncto Information sieht die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie jedoch noch erheblichen Verbesserungsbedarf. DGCH-Generalsekretär Schmitz-Rixen verweist auf das seit März 2022 geltende Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft. Darin wurde sowohl die Einrichtung des Organspenderegisters festgelegt, aber auch das Aufklärungskonzept als tragende Säule formuliert.

Einwohnermeldeämter und Hausarztpraxen – aber auch Erste-Hilfe-Kurse zum Erwerb der Fahrerlaubnis – sind laut dem Gesetz für die Aufklärung der Bevölkerung beim Thema Organspende auserkoren. „Leider hat dies bisher nicht funktioniert“, meint Schmitz-Rixen. Die Hausarztpraxen seien mit anderen Problemen überlastet und die Einwohnermeldeämter nicht flächendeckend geschult. Schmitz-Rixen wünscht sich, dass noch in dieser Legislaturperiode ein neuer Antrag zur Widerspruchslösung im Bundestag eingebracht wird. „Wir brauchen eine Kultur der Organspende in Deutschland“, sagt er.


Michael Zantke, Redakteur, DAZ
redaktion@daz.online


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