Aktionsbündnis Patientenversorgung

E-Rezept-Protest: „Fangen gerade erst an“

Berlin - 19.03.2024, 16:45 Uhr

Wenn das E-Rezept nicht abgerufen werden kann, herrscht Frust in der Apotheke. (Foto: DAZ / Schelbert)

Wenn das E-Rezept nicht abgerufen werden kann, herrscht Frust in der Apotheke. (Foto: DAZ / Schelbert)


Die Probleme bei Medisign sind anscheinend behoben. Zumindest gab es am Dienstagmorgen keine diesbezügliche Störungsmeldung. Das Aktionsbündnis Patientenversorgung will trotzdem an seiner Aktion festhalten, E-Rezepte erst ab zehn Uhr auszustellen. Aber was sagt das Bundesgesundheitsministerium dazu? Die DAZ fragte nach.

Dienstagmorgen, ein Blick ins E-Mail-Postfach. Überraschung: keine Nachricht der Gematik über „technische Beeinträchtigungen“ des OCSP-Responders von Medisign. Der Trust-Service-Anbieter hatte am Montag verkündet, die Ursache für das Problem gefunden zu haben, das in den vergangenen Wochen in Arztpraxen und Apotheken morgens für viel Frust sorgte – und versprochen, dass die Situation sich verbessern werde.

Dem Aktionsbündnis Patientenversorgung reicht das allerdings bei weitem nicht. Die Gruppe, bestehend aus dem Apothekerverband Nordrhein (AVNR), dem Hausärzteverband Nordrhein, dem Verband medizinischer Fachberufe und dem Freien Verband Deutscher Zahnärzte, hatte an diesem Montag angekündigt, ab sofort bis zehn Uhr morgens nur noch Papierrezepte ausstellen. 

Versorgung muss gesichert sein

Nur weil es an einem Morgen keine Störungsmeldung der Gematik gebe, werde man die Aktion nicht beenden, im Gegenteil: „Wir fangen ja gerade erst an“, sagte eine Sprecherin des Hausärzteverbands Nordrhein gegenüber der DAZ am Dienstag. Es müsse gesichert sein, dass das E-Rezept jeden Tag stabil und sicher läuft. Das sehe man allerdings noch nicht.

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Ein Sprecher des Apothekerverbands Nordrhein bestätigt das auf DAZ-Nachfrage. Es gelte weiterhin, was im letzten Absatz der Pressemitteilung vom Montag steht. Dort heißt es, dass Ärzte und Apotheker „weitere Eskalationsschritte bis zur kompletten Umstellung auf das Papierrezept schließen Ärzte und Apotheker nicht aus, um die Versorgungssicherheit für die Patienten wiederherzustellen, wenn das unstabile und unfertige E-Rezept-Projekt des Bundesministeriums für Gesundheit nicht zeitnah stabil und sicher läuft“.

BMG: Boykott kritisiert die Falschen

Aber welche Konsequenzen könnte das für die betroffenen Ärztinnen und Ärzte oder Apothekerinnen und Apotheker haben? Dazu wollte sich das Bundesgesundheitsministerium (BMG) gegenüber der DAZ nicht äußern. Eine Sprecherin betonte lediglich, dass die Ärzte- und Apothekerverbände „mit ihrem Boykott die Falschen“ kritisierten. 

„Keine Fehler der Gematik“

„Die technischen Beeinträchtigungen der vergangenen Tage beim E-Rezept sind nicht auf Fehler der gematik oder des E-Rezepts zurückzuführen, sondern auf eine Störung bei dem Hersteller von elektronischen Heilberufeausweisen medisign“, heißt es. 

Es handele sich „nicht um einen flächendeckenden Fehler, sondern um ein zeitweiliges und ausschließlich medisign und dessen Vertragspartner betreffendes Problem“. Angesichts von inzwischen knapp zwei Millionen täglich eingelösten E-Rezepten, „gibt es keinen Grund dafür, das E-Rezept in Frage zu stellen“, so das BMG.

Preis: „Das jetzige System muss abgeschaltet werden“

Der Vorsitzende des AVNR, Thomas Preis, sieht das offensichtlich anders. Im Gespräch mit der Wirtschaftswoche erklärte er, dass man die Initiative ergriffen habe, weil es nicht mehr so weitergehen könne. „Das jetzige System muss abgeschaltet werden. Es kostet Arztpraxen und Apotheken nur Zeit und läuft völlig instabil zum Nachteil der Patienten“, heißt es von ihm in dem an diesem Dienstag online veröffentlichten Interview.

Zu den Gründen „für das Desaster“ gefragt, sagte er, die IT sei „schlichtweg schlecht konzipiert“. Dafür trage die Gematik die Verantwortung. „Die haben ein völlig unfertiges Produkt entwickelt. Die Fehler im System traten bereits während der Testphase auf, wurden aber geflissentlich ignoriert.“ Apotheken und Arztpraxen müssten das nun „ausbaden“.

„Das grenzt an Zweiklassenmedizin“

Laut Preis haben die E-Rezept-Probleme aber auch Konsequenzen für die Patientinnen und Patienten. Zumindest für gesetzliche Versicherten gelte, dass die Versorgung sich verzögere und gefährdet sei. Insbesondere ältere Patienten würden ihm Sorge bereiten. Sie bekämen „in der Arztpraxis oft gar nicht mehr mit, dass ihnen etwas verordnet wurde, weil sie eben kein Papierrezept mehr in den Händen halten. Die holen sich dann auch keine Medikamente ab, die Therapie läuft ins Leere. Das grenzt an Zweiklassenmedizin“.

Umfrage zum E-Rezept

Welche Probleme mit dem E-Rezept gibt es bei Ihnen in der Apotheke? Nehmen Sie an einer kurzen Umfrage des Deutschen Apotheker Verlags teil! Mehr Infos gibt es hier.


Matthias Köhler, DAZ-Redakteur
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Arztpraxis verweigert E-Rezept!

von Detlef Kühn am 10.04.2024 um 13:40 Uhr

Als Patient ist das E-Rezept für mich eine wirkliche Erleichterung. Ich spare ggf. kilometerlange Anreise zum 8km entfernten Hausarzt.
Beispiel: heute beim Arzt aufgeschlagen, weil ich wg chronischer Erkrankung ein Rezept über 4 Medikamente brauchte. Konnte heute nicht ausgestellt werden, weil kein Arzt zur Unterschrift anwesend war. Soll morgen wieder kommen. Auf Nachfrage nach einem E-Rezept hieß es, das es nur noch Papierrezepte gäbe. Im ersten Quartal hatte ich aber vom selben Arzt bereit mehrfach erfolgreich e-Rezepte...
Patienten- bzw. Kundenfreundlichkeit geht anders!
Klärt eure Probleme nicht auf dem Rücken der Patienten!

Mfg
Detlef Kühn

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Anderes Land

von Stefan Haydn am 20.03.2024 um 9:28 Uhr

Komisch, wenn ich das so lese scheine ich in einem anderen Land zu wohnen. Bei mir läuft das relativ gut. Störungen bisher 3 mal für grob 30 Minuten, trotz medisign.
Der Pferdefuß bzgl. Versorgungssicherheit ist im Moment eher die nicht zeitnahe Bereitstellung der Rezepte von Arztseite und die überproportionale Nutzung der Freitext-Verordnung.
Da kann ja weder Gematik noch medisign etwas ändern.
Mich nervt eher, daß die Patienten von Seiten der Krankenkassen nicht aufgeklärt werden. Drum installiert keiner die Gematik-App, obwohl der bequemste und sicherste Weg wieder mehr Kontrolle über die Rezepte zu erlangen.
Da sieht der Patient gleich, ob der Fehler beim Arzt oder in der Apotheke liegt. Wenn kein Rezept gemeldet wird,............

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