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Delegiertenversammlung in Hessen
„Wir dürfen auf Lauterbachs Taktik nicht hereinfallen“
Die aktuelle Lage der Apotheken sowie die anstehende Reform waren Thema bei der Delegiertenversammlung der Landesapothekerkammer in Hessen an diesem Mittwoch. Kammerpräsidentin Ursula Funke rief den Berufstand zur Geschlossenheit auf, die sei unerlässlich. Sie warnte vor Karl Lauterbachs Taktik, die Heilberufler*innen gegeneinander auszuspielen. „Darauf dürfen wir nicht hereinfallen,“ so Funke.
An diesem Mittwoch trafen sich die Delegierten der Landesapothekerkammer Hessen zu ihrer Versammlung in Frankfurt. „Die derzeitige politische Situation ist nicht erfreulich – weder weltpolitisch noch berufspolitisch,“ sagte Kammerpräsidentin Ursula Funke in ihrem Bericht. Das habe mit dem Bundesgesundheitsminister zu tun, der das Gesundheitswesen nach seinen Vorstellungen umbauen wolle und dessen „Teflonbeschichtung“ so stark sei, dass alle Einwände, Problemschilderungen, aber auch konstruktive Vorschläge und Ideen der Leistungserbringer einfach nur an ihm abperlten.
Damit seien die Apotheker*innen nicht alleine, auch die anderen Leistungserbringer kämen nicht zu Wort, so Funke. An der ABDA-Spitze liegt es der Kammerpräsidentin zufolge nicht. Die sei gesprächsbereit und verschließe sich auch nicht neuen Wegen. „Wenn sie sie sinnvoll sind und die Versorgung verbessern.“ Statt den berechtigten und überfälligen Forderungen nach einem angepassten Honorar und einem dringend erforderlichem Inflationsausgleich nachzukommen, plane der Bundesgesundheitsminister eine Umverteilung im System. Es gebe aber keinen Cent mehr. Vielmehr bedeute die Absenkung des prozentualen Aufschlags und die Erhöhung des Fixums in Kombination mit steigenden Hochpreiseranteil eine weitere Abkopplung von der wirtschaftlichen Entwicklung.
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Auch davon, dass ab 2027 das Fixhonorar durch die Selbstverwaltung festgelegt werden soll, hält Funke wenig. „Erstens ist das zu spät, wir brauchen eine Soforthilfe,“ sagte sie, „wir können nicht 2027 etwas verhandeln, das dann 2028 oder 2029 in Kraft tritt.“
Zweitens hätten sich Kassen und Apothekerschaft zuletzt nie einvernehmlich geeinigt: Einzige Ausnahme seien die Hilfsmittel, bei denen künftig die Präqualifizierung wegfällt, gewesen. „Das ging ohne Schiedsstelle, das kostet die GKV aber auch kein Geld,“ so Funke.
Drittens werde bei der Anpassung des Fixums immer wirtschaftliche Betriebsführung zugrunde gelegt. Werden Lauterbachs Pläne umgesetzt, wären Apotheken, die sich mehrere Approbierte leisten, aber möglichweise nicht mehr wirtschaftlich geführt.
„Apotheke und Apotheker gehören untrennbar zusammen“
Das Perfide ist in Funkes Augen, dass Karl Lauterbach sein Modell der „Lauterbach-Filialen“, wie sie die Apotheken ohne Apotheker bezeichnet, der Politik und auch den Journalist*innen als Verbesserung und als Erleichterung für die Apotheken verkauft. Aber Apotheke und Apotheker gehörten untrennbar zusammen. „Das ist überall in der industrialisierten Welt so,“ erklärt die Kammerpräsidentin.
Wenn aber Abgabe und Beratung getrennt werden und das E-Rezept funktioniert, könne die Beratung von überall auf der Welt per Video von irgendwem gemacht werden. „Apotheker in der Apotheke sind dann überflüssig,“ stellte Funke fest. „Wenn wir aber sehen, wie viele Probleme wir jeden Tag verhindern, es aber trotzdem noch so viele Krankenhauseinweisungen wegen Arzneimittel-bezogener Probleme gibt, hätten wir ohne Apotheker eine Kostenexplosion im stationären Bereich.“
Wie unfertig Lauterbachs Pläne sind, zeige auch die Aussage, dass Apotheker in die Prävention eingebunden werden sollen. „Wer soll das denn machen, wenn er die Apotheker*innen grad wegrationalisiert?“ fragte die Kammerpräsidentin. Sie ist allerdings überzeugt, dass man mit Lauterbach selbst im Dialog keinen Millimeter weiterkomme. Eine Chance gegenzusteuern, hätte die Apothekerschaft nur im parlamentarischen Verfahren.
„Gegen die Amazons, Googles, Drogerieketten wird keiner von uns bestehen“
In Funkes Augen ist Geschlossenheit nun das Wichtigste. „Wir dürfen nicht aufs Lauterbachs Taktik – divide et impera! – hereinfallen,“ so Funkes Appell. Das könne er nämlich perfekt: Heilberufler gegeneinander, Apotheker*innen gegeneinander: Klein gegen Groß, Land gegen Stadt. „Wer von den Kolleg*innen aber glaubt, er könne von den Strukturveränderungen profitieren, wird scheitern,“ davon ist sie überzeugt.
Apotheken ohne Apotheker und möglicherweise Preiswettbewerb bei Rx führten unweigerlich zum Ruf nach Fremdbesitz. Die großen Versender und die großen Logistiker stehen bereit, so Funke. „Gegen die Amazons, Googles, Drogerieketten wird keiner von uns – und sei er noch so groß – bestehen können.“
Nur von schwierigen, beratungsintensiven Fällen mit BTM- und T-Rezepten, der ein oder anderen Rezeptur könne keiner leben. „Jeder von uns braucht das Alltagsgeschäft. Apothekerliche Beratung und Abgabe des Arzneimittels machen die Versorgung aus – sie gehören untrennbar zusammen.“ Die Aufgabe des ordnungspolitischen Rahmens führe in ein anderes System der Arzneimittelversorgung. Beispiele gibt es Funke zufolge in Europa genug. „Wir müssen in Deutschland nicht die gleichen Fehler machen!“
„Durchschnittseinkommen verzerrt das Bild“
Funke kritisierte zudem, dass die grassierenden Zahlen zum Durchschnittseinkommen das Bild verzerrten – 166.000 Euro vor Steuern. Durchschnittszahlen seien nicht aussagekräftig. Das BMG nutze diese Zahl, um eine Neiddebatte zu führen. „Ja, es gibt wenige sehr, sehr große Apotheken, die überwiegende Mehrheit erreicht diesen Durchschnittsbetrag auch nicht nur annähernd. Viele Betriebe werfen für den Apothekenleiter weniger Einkommen ab als das Jahrestarifgehalt.“ Für Investitionen bleibe dann aber nichts übrig.
Funke machte deutlich, dass sie sich für alle Apotheken einsetze. Denn nur mit allen Betriebsstätten könnten die Menschen versorgt werden, die „ganz Großen“ können das auch nicht flächendeckend leisten.
Funke appellierte an die Kolleg*innen, gemeinsam Lauterbachs Pläne zu „enttarnen“. „Jeder Bürgermeister, jeder Landrat, jeder Landtags- und Bundestagsabgeordneter, jeder Redakteur der Lokal- und Regionalzeitung muss verstehen, was passiert, wenn Apotheke vor Ort nicht mehr da ist,“ so Funke. „Sobald der Referentenentwurf für die Apothekenreform da ist, müssen wir alle aktiv werden.“
7 Kommentare
Prof. Lauterbach enttarnen
von Dorf-Apothekerin am 23.03.2024 um 13:38 Uhr
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Das war Antwort auf Kommentar von Herrn D.
von Armin Spychalski am 23.03.2024 um 9:36 Uhr
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Danke Frau Kollegin Funke für diese klare Analyse.
von Uwe Hansmann am 22.03.2024 um 16:23 Uhr
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Fakten bekannt - aber wo ist ein Ansatz zur Sicherung der Zukunft ?
von Martin D. am 22.03.2024 um 12:21 Uhr
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AW: Fakten bekannt - aber wo ist ein Ansatz
von T. Trautmann am 22.03.2024 um 12:51 Uhr
AW: Wo ist die Apotheke von Herrn Ortner?
von Armin Spychalski am 23.03.2024 um 9:34 Uhr
AW: Das war meine Antwort auf den Kommentar von Herrn D.
von Armin Spychalski am 23.03.2024 um 9:52 Uhr
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