Kioske ein Jahr später, keine Einschnitte bei Homöopathie

GKV und Virchowbund kritisieren GVSG-Entwurf

Berlin - 26.03.2024, 16:00 Uhr

Der erste Gesundheitskiosk in Thüringen: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hätte davon gerne 220 bundesweit – bis 2017. (Foto: imago images / ari)

Der erste Gesundheitskiosk in Thüringen: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hätte davon gerne 220 bundesweit – bis 2017. (Foto: imago images / ari)


Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat mittlerweile einen dritten Entwurf für sein Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz vorgelegt. Es soll unter anderem Gesundheitskiosken den Weg freimachen. Der GKV-Spitzenverband spricht von einem „Ausgabensteigerungsgesetz“ und der Virchowbund will wieder protestieren gehen.

Der GKV-Spitzenverband spricht von einem „Ausgabensteigerungsgesetz“, der Virchowbund droht bereits mit Protestaktionen im Wahlkampf: Kaum ist der jüngste Referentenentwurf für das lange geplante Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVGS) bekannt geworden, gibt es erneut scharfe Kritik.

Überraschend ist zunächst, dass „homöopathische und anthroposophische Arzneimittel“ nun doch Kassenleistungen bleiben sollen. Die Streichung der homöopathischen Mittel war im Januar noch damit begründet worden, dass „für die Wirksamkeit entsprechender Arzneimittel und Leistungen keine hinreichende wissenschaftliche Evidenz vorliegt“. Im jetzt vorliegenden Referentenentwurf findet die Homöopathie keine Erwähnung mehr.

Gesundheitskioske später

Eine weitere Änderung im neuen Entwurf ist, dass das Bundesgesundheitsministerium (BMG) offenbar damit rechnet, dass die Errichtung von Gesundheitskiosken langsamer vorwärtskommen wird als zunächst angedacht. Während man im letzten Referentenentwurf noch davon ausging, dass es bereits dieses Jahr 30 Gesundheitskioske geben wird, ist diese Anzahl nun für 2025 angepeilt. Die für das Jahr 2027 vorgesehenen 220 Kioske sollen nun 2028 erreicht werden.

Die restlichen Koordinaten bleiben: Geleitet werden die Kioske von Pflegekräften, finanziert werden sie von Kommunen (20 Prozent) und GKV (74,5 Prozent) unter Beteiligung der privaten Krankenversicherung (5,5 Prozent). 400.000 Euro soll ein Gesundheitskiosk im Jahr kosten.

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Insgesamt sind nun insbesondere bei Hausärztinnen und Hausärzten weitere Erleichterungen vorgesehen. Die bereits Mitte Januar im letzten Entwurf enthaltene Entbudgetierung der Hausarzt-Honorare bleibt bestehen. Eine jährliche Versorgungspauschale für die Behandlung chronisch Erkrankter – statt einer quartalsbezogenen – soll darüber hinaus dafür sorgen, dass Praxisbesuche zum Abholen für Folgerezepte vermieden werden. Vorgesehen sind zudem Vorhaltepauschalen, also eine „Vergütung zur Vorhaltung der zur Erfüllung von Aufgaben der hausärztlichen Grundversorgung notwendigen Strukturen“.

Weniger Wirtschaftlichkeitsprüfungen

Freuen dürften sich Ärztinnen und Ärzte vor allem darüber, dass es weniger Wirtschaftlichkeitsprüfungen geben soll. Bis zu einem Betrag von 300 Euro „je Betriebsstättennummer, Krankenkasse und Quartal“ sollen keine beantragt werden. Den GKV würden dadurch drei Millionen Euro Zusatzkosten entstehen, demgegenüber stünden aber „Einsparungen beim Erfüllungsaufwand, der sich aus einer Reduktion der Ausgaben für die Prüfverfahren ergibt“.

Der Entwurf sieht angesichts des ärztlichen Nachwuchsmangels auch eine Förderung für mehr Medizinstudienplätze vor – und zwar finanziert von der GKV.

Keine Regulierung von iMVZ

Auch wenn Bestimmungen zu einer erleichterten Gründung von Medizinischen Versorgungszentren durch Kommunen vorgesehen sind, fand eine strengere Regulierung der von versorgungsfremden Investoren betriebenen Medizinischen Versorgungszentren (iMVZ) nicht ihren Weg in den Referentenentwurf. Dies hatte die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung im Januar gefordert. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte es seinerseits bereits Ende Dezember 2022 in Aussicht gestellt.

GKV: Wenig Licht – viel Kosten

Der GKV-Spitzenverband kann dem Entwurf jedenfalls nicht viel abgewinnen. „Es gibt nur wenig Licht bei viel Schatten“, hieß es am Dienstag in einer Pressemitteilung. Der Gesetzentwurf sei „vor allem ein Ausgabensteigerungsgesetz zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung“.

Kritisiert wird dabei, dass die GKV für die zusätzlichen Medizinstudienplätze und die Gesundheitskioske aufkommen soll. Dies sei Aufgabe des Staates beziehungsweise der Kommunen.

Mit Blick auf die Entbudgetierung der Hausärztinnen und Hausärzte schreibt der Verband, dass sich aus den Honorarsteigerungen nicht „notwendige Versorgungsverbesserungen“ ergeben würden. Das „Gebot der Stunde“ sei die „gerechtere Verteilung der Honorare zwischen den einzelnen Arztgruppen und nicht die zusätzliche Erhöhung“.

Virchowbund: Entbudgetierung für Fachärzte

Der Virchowbund hingegen sieht bei dem Entwurf „die dringenden Fragen unbeantwortet“. Die zentrale Herausforderung sei, so der Bundesvorsitzende Dirk Heinrich, wie niedergelassene Ärztinnen und Ärzte in der Versorgung bleiben und wie die Praxen wirtschaftlich am Laufen gehalten werden.

Die Entbudgetierung der Hausärzte sei „ein erster und überfälliger Schritt“, reiche aber nicht aus, „weil schlichtweg die Hausärzte fehlen werden“. Versorgung wird heute schon von Haus- und Fachärzten gemeinsam gestemmt. Deshalb müssten zumindest die grundversorgenden Fachärzte ebenfalls entbudgetiert werden. Für den Fall, dass dies nicht noch in das Gesetz eingearbeitet wird, kündigte Heinrich an, dass die Ärzte ihre Protestaktionen wieder aufnehmen und diese während der anstehenden Wahlkämpfe ausführen würden.


Matthias Köhler, DAZ-Redakteur
redaktion@daz.online


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