Sächsischer Apothekertag

Ministerpräsident Kretschmer fordert Dialog zwischen Politik und Leistungserbringern

Berlin - 15.04.2024, 15:00 Uhr

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer im Gespräch mit der stellvertretenden SAV-Vorsitzenden Susanne Donner. (Foto: SAV)

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer im Gespräch mit der stellvertretenden SAV-Vorsitzenden Susanne Donner. (Foto: SAV)


Ministerpräsident Michael Kretschmer und Staatsministerin Petra Köpping im Wahlkampfmodus sowie eine hochkarätige Expertenrunde zur Zukunft der Arzneimittelversorgung: Der Sächsische Apothekertag hatte in diesem Jahr einiges zu bieten.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat darauf verwiesen, dass nur Gespräche mit den Leistungserbringern in der gegenwärtigen Situation im Gesundheitssystem Lösungen bringen können. In seiner Begrüßungsrede auf dem Sächsischen Apothekertag (SAT) in Dresden erklärte er am Freitag vergangener Woche, man müsse sich „unterhaken“, um die vorhandene Struktur der Daseinsvorsorge zu stärken.

Gleichzeitig betonte er, dass die ostdeutschen Länder mit Blick auf den demografischen Wandel in einer besonderen Situation sind. Laut Prognosen könnte Sachsen bis 2030 das Bundesland mit der ältesten Bevölkerungsdichte werden. Er rief dazu auf, dass die Akteure im Gesundheitswesen mit der Politik im Austausch bleiben müssten, auch wenn er wüsste, dass Gespräche mit Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD)  kaum möglich sind.

Überhaupt war an der Rede des sächsischen Regierungschefs und in der sich anschließenden kurzen Fragerunde gut erkennbar, dass in dem Bundesland derzeit Wahlkampf ist. Kretschmer teilte wiederholt gegen die Ampel-Koalition in Berlin, aber insbesondere auch gegen die AfD aus. Eher allgemein betonte er wiederholt auf unterschiedliche Fragen – beispielsweise danach, was Sachsen unabhängig von Berlin tun kann, um die Versorgung in dem Bundesland zu stärken –, dass Freiheit und Eigenverantwortung in der Gesellschaft gestärkt werden müssten.

Zuvor hatte die stellvertretende Vorsitzende des Sächsischen Apothekerverbands (SAV), Susanne Donner, aus Dokumenten des ersten SAT 2003 zitiert und deutlich gemacht, dass damals wie heute „Unruhe und Unsicherheit“ in der Apothekerschaft herrsche. Man sei mit „Sparzwang“ konfrontiert und „Reformstau“. Sie forderte dazu auf, Räume zu schaffen, „in denen Dialog möglich ist“.

Staatsministerin Köpping berichtet über Erfolge

Die Staatsministerin für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt, Petra Köpping (SPD), wurde in ihrer Rede etwas konkreter als Kretschmer. Sie sprach davon, dass bereits mehr Stellen für die Ausbildung von Apothekerinnen und Apothekern in dem Land beantragt seien und berichtete über Erfolge verschiedener Pilotprojekte, die Akteure im Gesundheitswesen verzahnen sollen. Auch sie betonte die Bedeutung der Landtagswahl im September und äußerte die Sorge, dass keine „demokratische Regierung“ gestellt werden könnte.

Gesprächsrunde: „Level des Vertrauens in die Politik“

In der anschließenden Diskussionsrunde sollte es laut Moderator Friedemann Schmidt, ehemals ABDA-Präsident, jetzt Präsident des Bundesverbands der Freien Berufe, darum gehen, wie das „Level des Vertrauens in die Politik“ ist. Der stellvertretende SAV- Vorsitzende, Reinhard Groß sprach in seinem Impulsreferat über die Herausforderungen der Arzneimittelversorgung durch öffentliche Apotheken und stellte die alarmierenden Zahlen über den Rückgang der Apothekenzahlen und die schlechte wirtschaftliche Situation vor. Sein Fazit: Es fehle an einer Vision von Gesundheitsversorgung.

„Life Science Center“ und „Gesundheitscoaches“

Einen zweiten Impulsvortrag hielt Reinhard Herzog, Hochschullehrer und Herausgeber des AWA. Er fragte, ob Apotheker der Beruf der verpassten Chancen sei, skizzierte die Entwicklung der Profession und gab einen Ausblick auf zukünftige Veränderungen etwa durch Künstliche Intelligenz, Automatisierung oder verstärkte Präventionsarbeit und Datenmanagement. In 20 Jahren könnten Apotheken „Life Science Center“ sein und Apothekerinnen und Apotheker „Gesundheitscoaches“. Für Pessimismus bestehe kein Grund, es müssten nur die Weichen rechtzeitig gestellt werden, sonst würden es andere tun.

Das waren Worte, die Kristine Lütke, Obfrau für die FDP-Fraktion im Gesundheitsausschuss und auch für Apotheken zuständig, und Paula Piechotta, Berichterstatterin der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, dankbar aufgriffen. Lütke erklärte, sie schätze den Austausch mit Apothekerinnen und Apothekern, wünsche sich aber als Mitglied der FDP auch den Blick in die Zukunft und die Wahrnehmung von Chancen. 

Innovation aus dem Osten

Piechotta betonte, dass sie in Gesprächen mit jungen Apothekerinnen und Apothekern eine größere Begeisterung für neue Ideen erkenne. Sie geht davon aus, dass es wegen des demografischen Wandels die Bundesländer in der ostdeutschen Grenzregion sein werden, die in den kommenden Jahren mit Blick auf die Versorgung die innovativsten Lösungen haben werden.

Der Vorstandsvorsitzende der AOK Plus, Rainer Striebel, der von Kassenseite maßgeblich für das ARMIN-Projekt zuständig war, sagte, ihm fehle im Perspektivpapier „Apotheke 2032“ der ABDA die Vernetzung aller Akteure im Gesundheitswesen. Außerdem dürfe die Frage nach einer auskömmlichen Finanzierung nicht dazu führen, dass nicht (mehr) funktionierende Strukturen verfestigt werden.

Kammerpräsident Göran Donner griff das in seinem Abschlussstatement auf und forderte eine „grundlegende Reparatur“ des Systems. Gleichzeitig müsse es jedoch Soforthilfen für die Apotheken geben


Matthias Köhler, DAZ-Redakteur
redaktion@daz.online


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